Kapitel 34

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Zeitsprung Mittwoch

Heute ist ein noch viel beschissenerer Tag, als die beiden zuvor. Gestern Abend habe ich eine E-Mail bekommen, dass ich die nächsten zwei Monate, während die anderen aus meinem Ausbildungssemester ihre Praktikumsstellen beenden, in die Außendiensten bei den umliegenden Krankenhäusern einspringen muss. Das heißt, die nächsten zwei Monate werde ich so gut wie jedes Krankenhaus in NRW besuchen und dort für ein oder zwei Tage arbeiten. Vielleicht auch mehr. Je nachdem wo jemand gebraucht wird. Aber was solls. Besser als in Stuttgart mit schlechtem Gewissen, einem Typen den ich nichtmehr ansehen möchte und einem anderen, dem ich am liebsten den Kopf abreißen möchte, zu sitzen. Hätte mir vor zwei Wochen jemand gesagt, dass das alles so endet, hätte ich laut gelacht. Ich kann meinem Freund nichtmal eine Woche treu bleiben. Eine verdammte Woche. Ich könnte immernoch heulen. Warum hab ich das gemacht? Marco fehlt mir. Auch nach zwei Tagen schon. Alleine das man nichts von ihm hört.  Ich hoffe nur einfach, dass er mir noch eine Chance gibt. Aber eigentlich ist das aussichtlos. Was ich ihm auch nicht verübeln kann. Ich seufzte. Ich hatte gerade Mittagspause. Heute und morgen bin ich, wie das Schicksal es so möchte, im Dortmunder Klinikum. Mein Handy hatte ich auch nicht wieder. Vielleicht sollte ich nachher bei Marco vorbei gehen und es abholen. Aber ich weiß ja garnicht ob er zuhause ist. Und wenn, macht er mir sicherlich nicht die Tür auf. Aber was solls. So komme ich auch nicht in die Versuchung ihm zu schreiben. Ich saß gerade in einem kleinen Café in der Innenstadt. Seit zwei Tagen hatte ich auch nichtmehr so richtig gegessen. Ich habe einfach kein Appetit. Liegt vermutlich auch an den medikamenten die ich holen musste. Meinem Fuß und meinem Kopf geht es auch wieder einigermaßen gut. Ich habe heute auch einen Arzttermin um die Fäden von der Platzwunde zu ziehen. Es drückt alles noch ein bisschen. Aber es ist auszuhalten. Ich bin so ein Trauerkloß. Ich kann mich auch zu nichts motivieren. Mein Zimmer in der WG sieht aus wie Sau, meine Uni Notizen finde ich zum größten Teil auch nichtmehr und meinen Putz Dienst habe ich diese Woche abgeschoben. Mit der Ausrede, dass der Arzt gesagt hat, ich dürfte nicht putzen. Wegen der Gehirnerschütterung und so. Aber was solls. Ich schüttelte den Kopf und nippte an meinem Kaffee. Das einzige was mich am überleben hält. Richtig schlafen kann ich nämlich auch nichtmehr. Nach fünf Stunden ist Schluss. Und so sehe ich auch aus. Ich habe garkeine Lust mich morgens fertig zu machen. Für was auch. Immer mehr Verschwörungstheorien breiten sich in meinem Kopf aus. Was macht man alles falsch, damit man so endet wie ich. Aber wer sagt mir, dass das, das Ende war. Ich seufzte wieder. Mein Blick ging durch das Fenster, raus in die Fußgänger Zone. Hier ein verliebtes Pärchen, da gute Freunde. Ach, ist doch alles zum kotzen. Ich guckte wieder in meinen Kaffee, als ein Stuhl neben mir rüber gezogen wurde und sich jemand neben mich setzte. Ich blickte auf und sah den Mann, der auch am Montag bei Marco reinstolziert ist mit Robin. "Hey Jana.", sagte er. "Hey.", sagte ich leiser. Er hatte einen mitfühlenden Blick. Schlagartig schreckte ich hoch und suchte den Raum nach Marco ab. Aber er war alleine unterwegs. Ohne Marco zumindest. "Wie gehts dir?" - "Warum willst du das wissen? Und wer bist du überhaupt?", fragte ich. Ich bin einfach total verwirrt. Ich weiß ja nichtmal wie er heißt. Nur das er anscheinend ein guter Freund von Marco ist. "Ich bin Marcel. Ein guter Freund von Marco. Wir haben uns doch am Montag gesehen." - "Ach du bist Marcel." - "Ja genau.", grinste er. "Warum fragst du mich wie es mir geht? Du müsstest mich hassen. Ich bin Marco's Ex Freundin." Er schüttelte seinen Kopf. "Ich glaube noch nicht, dass das mit euch durch ist." - "Wie meinst du das?" Er seufzte. "Jeder macht mal Fehler. Außerdem hast du Marco schon gezeigt, dass es dir leid tat. Es war echt ein scheiss Augenblick, so direkt nachdem ihr miteinander geschlafen habt. Aber ihm liegt was an dir. Er muss das jetzt einfach mal verkraften." Er macht mir gerade wirklich Hoffnung, dass Marco mir wieder verzeiht. "Meinst du wirklich?" - "Ich kann es dir nicht sagen, tut mir leid. Das ist Marco's Entscheidung. Er wird es zumindest nicht so offen stehen lassen und sich bei dir melden." Ich nickte. Da bin ich doch mal gespannt. "Hey, jetzt sitz' hier doch nicht wie so ein Trauerkloß." - "Soll ich darüber lachen oder was?" - "Nee, aber zumindest nicht den Kopf hängen lassen." Pff. Das sagt sich so leicht. "Warum bist du überhaupt hier? Du wohnst doch in Düsseldorf." - "Mhh.. ich musste ja das Praktikum abbrechen, wegen der Gehirnerschütterung und so. Total dumm. Aufjedenfall muss ich dann jetzt die zwei Monate Aushilfsjobmäßig in umliegenden Krankenhäusern arbeiten. Und wie der Zufall es wollte, bin ich hier gelandet." Er lachte. "In welchem Krankenhaus bist du denn?" - "Im Klinikum." - "Achso okay. Und wann ist die Mittagspause vorbei?" Ich guckte auf meine Armbanduhr. "In 20 Minuten." - "Oh schade." - "Warum?" Er lachte. "Hätte dich gerne aufgeheitert." - "Quatsch. Da bist du wirklich die letzte Person, die das versuchen sollte." - "Du solltest als erstes lernen, nicht so schlecht von dir selbst zu reden. Du hast dir deinen Fehler eingesehen. Jetzt lass' andere Leute an dich ran, damit es dir wieder besser geht. Marco war auch voll mies drauf, auch weil er dich so angeschrien hat. Das wollte er nicht." Ich nickte. "Wie wärs, ich komme dich nachher abholen und wir fahren zu mir und kochen zusammen, machen uns einfach ein gemütlichen Abend und plaudern ein bisschen." - "Marcel, dass ist wirklich total nett von dir, aber ich kenne dich kein Stück und du bist ein wirklich guter Freund von Marco." - "Ja eben, ich möchte ja als sein Freund, dass er glücklich ist. Und mit dir ist er das nunmal." - "Woher willst du das wissen?" - "Er hat doch schon am ersten Tag von dir geschwärmt. Und das ihr beim feiern dann rumgemacht hat, hat er auch ganz lang und breit erzählt. Ich wusste schon alles von dir, da hast du nichtmal im Traum daran gedacht, dass es mich gibt." Ich lachte. "Also. Ich hole dich später ab und wir heitern dich ein bisschen auf, okay?" Ich nickte. Kann mitsicherheit nicht schaden. "Wann soll ich da sein?" - "Um 16:30 hab ich Feierabend." - "Gut, dann bin ich dann da."

Can it be real?Where stories live. Discover now