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~ Linn ~

"Ich schlafe heute Nacht auf dem Sofa", entschied ich genervt und drehte mich erschöpft um. "Und ich geh noch etwas hinaus. Keine Sorge! Ich bleibe in der Nähe", rief ich meinen Eltern dann wieder erschöpft zu und wank ihnen zu, obwohl sie mich wahrscheinlich nicht mehr sahen.
"Nimm dein Handy mit!", rief Papa.
"Stell es auf 'laut'!", ergänzte Mama.

Mit leichten Kopfschmerzen nahm ich mein Handy aus meiner Hosentasche und checkte sowohl meinen Akku als auch den Ton. Als alles passte, sprühte ich mir nochmal mein Parfüm auf und ging hinaus. Es war gerade einmal 19 Uhr, weshalb ich nicht vorhatte lange draußen zu bleiben. Planlos ging ich die Straße hinab, bis zur ersten Kurve, drehte aber dann um und ging zurück. Irgendetwas zog mich in die andere Richtung und ich ging wieder hinauf und bog dann da ab. Ich folgte der Straß in der Richtung, in der sich das Haus von Noah befand.

Nachdenklich striff ich am Haus vorbei und stellte mich etwas abseits der Stufen, die in die Stadt führten, beim Geländer hin. Von hier aus, konnte man in der Ferne das Stadtzentrum sehen. Die Bäume weiter unten wirkten so klein und putzig im Vergleich zu den Bäumen direkt vor mir. Ich atmete tief den Geruch des Waldes ein und die Erinnerungen an gestern Abend überfluteten mich.

Meine Hand zitterte leicht, als ich an sein Fell dachte. Alles zog mich wieder zu ihm hin und nur viel zu gerne würde ich in meiner Wolfsform die ganze Welt absuchen, nur um ihn zu finden. Meine zweite Hand stieg auch mit ins Zittern ein und ich stieß mich ängstlich vom Geländer ab.
Es fehlte mir nur noch, dass jetzt jemand kommt und mich so sieht. Mein Körper wollte sich wie von selbst in die Verwandlung zwingen, doch ich blieb hart und fing als Ablenkung an, die Stufen runterzugehen.
Nach ein paar davon blieb ich panisch stehen.

Bei der Verwandlung in einen Werwolf, begeben wir uns als Stütze in die Position eines Vierfüßlers. Danach kommt aus uns heraus unser Fell. Es ist bei der Verwandlung beinahe so, als ob das Fell einen Schutzfilm um uns legt und unsere Körper und unsere Kleidung beschützt. Zugegebenermaßen ist das nicht alles. Unsere Knochen und Muskeln deformieren sich auch, aber über den Prozess redet man nicht gerne, denn obwohl er keine großen Schmerzen bereitet, ist er dennoch komisch zum Überdenken.

Hektisch packte ich das Geländer auf den Stufen und atmete sturr tief ein und aus.

"Es tut wirklich nicht mehr weh!", rief auf einmal eine motzende Stimme und ich sah die Stufen hinab. In mein Sichtfeld kamen zwei Gestalten, eine davon ging nur sehr langsam die Stufen hinauf.
"Ich kann mir das nicht mehr antun!" Es war eine zweite, tiefere Stimme wahrzunehmen. Eine der Gestalten ging mehrere Stufen voraus und kniete sich dann auf einer hin.  Erwartungsvoll war ein Blick nach hinten gerichtet.
"Aber-", begann die zweite Gestalt zu reden, es war definitiv eine weibliche Person.
"Nichts aber. Komm jetzt! Ich will noch heute Zuhause ankommen", rief die tiefe, männliche Stimme genervt zurück.

Ich stand noch immer auf den Stufen und sah dem Schauspiel unten zu. Widerwillig kletterte die weibliche Gestalt auf den Rücken der männlichen.
Diese sprintete die Stufen hoch und ließ ab und zu eine Stufe aus. Als sie näher kamen, sah ich wer es war. Amy und Noah. Amy sah mich zuerst.

"Linn!", rief sie überrascht und winkte mir lächelnd so gut es ging zu, da sie sich an Noah klammern musste. "Hey Noah! Hab ich dir mein neues Parfüm gezeigt?" Sie holte einhändig etwas aus ihrer Tasche und besprühte sich nicht gerade sparsam mit dem Parfüm. Auch Noah war mitten im Sprühfeld. Der arme atmete das Parfüm ein und fing an zu husten. Erst das Licht der Lampe, dann das Parfüm. Heute war ein schlechter Tag für seine Sinne.
"Was machst du hier?", fragte er etwas außer Atem als sie immer näher kamen und er nicht mehr husten musste.
"Ich musste mal an die frische Luft", entgegnete ich schulterzuckend und dankte, dass mein Körper aufhörte zu zittern.
"Du solltest abends nicht alleine draußen sein", sagte Amy in einem angsteinflößende Ton und sah mich direkt an. Ihr Blick hatte etwas drohendes.
Ich drehte mich um und ging die paar Stufen wieder nach oben, damit Noah auch mit Amy nach oben kommen konnte.
"Ich wollte nicht lange draußen bleiben. Nur eine kleine Runde spazieren."
"Linn, du solltest wirklich aufpassen. Hier sind nicht alle Nachbarn so hilfsbereit wie in eurer alten Siedlung vielleicht. Außerdem laufen hier ab und zu Wölfe in den Wältern herum und Dealer und Jäger auch", warf mir Amy mit Nachdruck vor. Konnte mir etwas passieren? Ich hab schon einige Selbstverteidigungskurse hinter mir und eine super Ausdauer.

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