Kapitel 19 - Betäubte Gefühle

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"Life should not be a journey to the grave with the intention of arriving safely in a pretty and well preserved body, but rather to skid in broadside in a cloud of smoke, thoroughly used up, totally worn out, and loudly proclaiming "Wow! What a Ride!" ― Hunter S. Thompson

Violet grinste. „Let's get the Party started."
Schließlich konnte Violet das nicht auf sich sitzen lassen. Sie musste Brooklyn jetzt vergessen und das war wohl die einfachste Art und Weise ihren Liebeskummer runterzuspülen.

Zur gleichen Zeit, fast mitten in der Nacht, stand Brooklyn vor ihrem Spiegel. Sie sang ein bisschen vor sich her, während sie ihr Kleid glatt strich. Sienna und Jenna hatten sie solange mit der Party von Luke genervt, bis sie eingewilligt hatte zu kommen. Da Brooklyn für sie so bedrückt ausgesehen hatte und irgendwie nicht mehr die Alte war, versuchten sie das jetzt aus ihr rauszukitzeln. Eigentlich wusste sie, sie müsste für das Vorsingen üben. Aber ohne Violet fühlte sich das nicht richtig an. Und ihr Traum war auf einmal weniger wert. Er war nur noch wie eine kleine, schimmernde Blase irgendwo in ihrem Kopf.
Sie seufzte auf. „Ok, dann lass uns mal gehen." Sie schnappte sich ihre Handtasche und machte sich auf den Weg zu der Party. Genau wie die alte Brooklyn. Mit den gleichen hohen Schuhen und dem gleichem selbstbewussten Lächeln.

Sienna und Jenna warteten bereits auf der Party auf Brooklyn.
„Hey, Sweetie." begrüßte sie Jenna, ein bisschen lallend. Als hätte sie schon das ein oder andere Gläschen intus. Sie wurde mit einem Küsschen links und rechts begrüßt.
Brooklyn wurde als aller erstes ein Glas in die Hand gedrückt. Skeptisch betrachtete sie es. Das sah eigentlich aus wie normaler Punsch, aber nach dem Verhalten ihrer beiden Freundinnen zu urteilen, vermutete sie, dass jemand einen Haufen Alkohol darein geschüttet hatte.
Brooklyn nippte einmal an ihrem Glas und verzog dann das Gesicht. Das schmeckte nach purem Vodka.
Eigentlich wollte sie nicht weiter trinken und wäre am liebsten auf dem Absatz wieder umgekehrt, aber da sprang ihr auf einmal Violet wieder in Gedanken, die sie ja eigentlich so schnell wie möglich vergessen wollte.
Also kippte sie es einfach hinter. Dann wandte sie sich an Sienna und Jenna. „Lasst uns feiern."

Violet unterdessen folgte Colette und den anderen beiden Mädchen ziemlich verunsichert zu einer Art Strandparty. Die meisten hatten schon gar keine Kleider oder richtige Klamotten mehr an. Einige Mädchen trugen lediglich ihre Bikinis und die meisten der Jungs nur noch ihre Badeshorts. Kein Wunder, es war recht warm und der Pool sah Hammer aus. Wie eine Oase. Ein kleines Lächeln schlich sich auf Violets Gesicht, als sie dieses Kribbeln im Bauch bekam. Dieses Abenteuerkribbeln. „Und bereust du es jetzt mit gekommen zu sein?" fragte Collete grinsend. Violet schüttelte mit dem Kopf. Ganz sicher nicht. Das Erste wo die Mädchen hingingen war die Bar, wo schon einige saßen und an bunten Gläsern nippten. Violet setzte sich dazu. Sie hatte keine Ahnung was man eigentlich trinkt, wenn man cool ist. Oder was zur Hölle ein Caipirinha sein soll. Und eine Bloody Marry? Ist das nicht der Geist, den man normalerweise heraufbeschwört, wenn man nachts drei mal vor dem Spiegel ihren Namen sagt?
Colette sah Violets überforderten Blick.
„Lass ruhig, ich mach das!" Violet lächelte sie dankbar an und legte die Karte wieder bei Seite. Colette schien zu wissen, wie das war ordentlich feiern zu gehen. Sie kannte sich damit scheinbar aus.
Als der Barkeeper zu Colette hinüberschaute, wank sie flirtend zu ihm und wickelte sich eine Haarsträhne um den Finger.
Und schneller als Violet überhaupt gucken konnte, hielt sie einen Gin Tonic in der Hand. Sie beobachtete damit eine Weile ihre Umwelt und das Geschehen um sie drumherum. Diese Poolparty war wirklich der Wahnsinn. Hier gab es sogar Palmen, eine Sache, die für Violet einer der schönsten Dinge der Welt war. Hatte irgendwie was von Sommer, Sonne und Freiheit. Am liebsten hätte sie damals Brooklyn geschnappt und wäre mit ihr nach Hawaii geflogen oder Bali. Irgendwohin wo es eben Palmen gibt, aber dafür kein Morgen. Wo man sich unendlich fühlt.
Violet schüttelte schnell diesen Gedanken ab. Sie musste endlich lernen abzuschalten. Und wo wenn nicht hier?
„Du warst noch nie auf einer Party oder?" flüsterte ihr Colette zu. Violet zuckte mit den Schultern. „Doch, auf einer, aber nicht auf so einer..." Fasziniert schaute Violet wieder zu den anderen Partygästen, die sich lachend wie kleine Kinder gegenseitig in den Pool schmissen oder sich mit einer Poolnudel im Takt zur Musik schlugen.
Am liebsten hätte sie sich mitten ins Getummel gestürzt, aber auf der anderen Seite hatte sie nicht das Gefühl, dass sie hier so richtig reingehörte.
„Lara, Sofia und ich gehen mal an den Pool die heißen Typen abchecken. Guck mal der eine da... Den sollte ich vielleicht mal nass machen gehen, damit er sein Shirt auszieht." kicherte Colette. „Kommst du mit?" Violet seufzte. „Ich komm dann nach, ich bleib noch kurz hier sitzen." Colette zuckte mit den Schultern.
„Ok, wie du magst, aber du kriegst dann nur die Restware, wir lassen dir niemanden übrig." Colette und ihre Anhängsel begaben sich kichernd zum Pool. Sie liefen schon ein bisschen wackelig und Violet fragte sich, was in den Drinks drinne war, dass die einen so umhauen.
Sie wurde wieder etwas nachdenklich. Egal wie gerne sie das alles hier beobachtete, aber ohne... Naja du weißt schon wem, machte das alles nur halb so viel Spaß. Violet wollte sich zurück zum Tresen drehen und sich ihren Drink reinhauen, als jemand ihren Stuhl festhielt und zu sich drehte. Violet sah in tiefbraune Teddybäraugen. „Hey, nicht so der Partygänger oder?" Der Typ, der vor ihr stand grinste mit einem Zahnpasta weißem Lächeln. Violet brachte kein Wort heraus. Außer vielleicht: „Ähm, naja, also normalerweise,... ähm..." Der junge Mann vor Violet grinste sie weiter an und setzte sich auf den Barhocker neben sie. „War nur ein Scherz, ist gerade wohl noch nicht so spannend. Mit guter Gesellschaft lässt es sich aber immer besser aushalten." Violet nickte verlegen. „Ja das hatte ich auch eben gedacht. Und scheinbar wurde ich erhört." Sie grinste bis sie kurz geschockt zu ihm sah. Hatte sie etwa gerade geflirtet? Ganz beifällig?
„Brauch dir nicht peinlich sein." lachte er und fuhr sich mit seinen Fingern durch die hazelnussbraunen Haare. Er gab kurz dem Barkeeper ein Zeichen.
„Dein Glas ist fast leer, darf ich dir was ausgeben?" Violet wurde ganz warm ums Herz. So wohl hatte sie sich schon seit langem nicht mehr gefühlt. Sie lächelte wieder etwas schüchtern.
„Wieso auch nicht? Das würde diese Party definitiv noch erträglicher machen." Der junge Mann ihr gegenüber nickte wieder.
„Ich bin im Übrigen Nic." Er reichte ihr die Hand. Violet schmolz schon dahin, als er ihre Hand leicht drückte. So wie man sich einen ordentlichen Handschlag eben vorstellt.
„Solche Partys sind normalerweise gar nicht so meins. Aber ein Kumpel hat mich hier her geschleppt. Er meinte, ich könne nicht immer den ganzen Tag in meinem Zimmer sitzen und Sterne beobachten." Er lachte, wodurch seine Grübchen zum Vorschein kamen.
„Sterne also?" Violet zog eine Augenbraue hoch .
„Ja, also mit einem super hochauflösendem Teleskop natürlich. Ich mach das beruflich. Und naja in meiner Freizeit auch irgendwie. Man kommt von dem Thema ja nie wirklich weg. Weißt du wie sich das anfühlt wenn man wirklich für was brennt? Da dreht sich das ganze Leben darum." Violet nickte verständnisvoll.
„Deswegen Houston hm?" Er nickte wieder. „Genau, deswegen Houston. Und was verschlägt dich hierher?" Violet wurde rot. „Auch die Sterne. Oder besser gesagt das Junior Camp der NASA." Nic sah Violet mit großen Augen an.
„Wirklich? Ich hab immer versucht da rein zu kommen... Man hast du ein Glück." Violet wurde wieder ganz traurig, als sie daran dachte, wie glücklich sie eigentlich darüber sein müsste. Aber auch, wie Brooklyn darauf reagiert hatte und ihre Liebe des Lebens nun den Bach runterging.
„Wie man's nimmt... Meine Beziehung hat das leider nicht ausgehalten." Mitleidig sah Nic sie an und griff nach ihrer Hand. Seine war ganz warm und weich. „Das tut mir wirklich leid. Ich kann mir zwar nur annähernd vorstellen, wie das sein muss, aber nunja... das ist nie schön, wenn eine Beziehung wegen Träumen kaputt geht. Wenn man merkt, dass man sich einfach in unterschiedliche Richtungen entwickelt." Violet sah ihn verwundert an. Da war tatsache jemand auf dieser oberflächlichen Party, der sie halbwegs verstand. Und der nett und schlau und gutaussehend war. Die Wahrscheinlichkeit, dass er ausgerechnet sie dann auch noch ansprach, tendierte beinahe gegen null. Vielleicht war diese Party doch nicht so schlecht, wie Violet gedacht hatte...

Unterdessen versuchte Brooklyn so gut es ging die Party zu genießen. Aber so richtig konnte sie nicht. Die ganze Party schien nur an ihr vorbeizuziehen. Sie sah zu Sienna und Jenna die betrunken mit irgendwelchen Typen rumknutschten. Brooklyn hingegen stand alleine mitten im Getümmel und immer noch ihrem Becher mit Punsch in der Hand. Sie wusste plötzlich nicht mehr, wieso sie das immer so toll gefunden hatte. Jeder Typ der auch nur näher kam wurde von ihr mit einer einfachen Handbewegung abgeblockt.
Einer der Kerle war aber schon leicht angetrunken und ließ sich nicht so einfach abschütteln. Er hatte braune Augen und wunderschöne leichte Sommersprossen auf der Nase. Eigentlich ein Traum für jedes Mädchen. Aber Brooklyn sah ihn nicht mal an.
„Hey, Brooklyn oder?" Brooklyn starrte nur weiter gerade aus. „Heute nicht sehr gesprächig, hm?" Brooklyn seufzte und sah ihn genervt an. „Was willst du?" Er grinste weiter frech. „Na dich, Baby." Er rückte etwas näher zu ihr, wodurch Brooklyn wieder etwas wegrückte um Abstand zu gewinnen.
„Lass mich in Ruhe..." murmelte Brooklyn. Aber der Typ vor ihr ließ nicht locker. Irgendwoher kannte sie ihn. Sie musterte ihn genauer. Jetzt wusste sie auch woher. Er war der beste Quarterback des anderen Schulteams. Also eigentlich der Feind.
„Na na, ich hab doch gar nichts gemacht. Ich will doch auch nur ein bisschen Spaß. Nichts dramatisches." lallte er.
Brooklyn verdrehte die Augen. Plötzlich griff er ihr an den Hintern und drückte ihn herrisch. Er sah Brooklyn tief in die Augen, die geschockt zurück sah und ihren Becher auf den Boden fallen ließ...

Reach for the starsWhere stories live. Discover now