Kapitel 18 - Home sweet home

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"We leave something of ourselves behind when we leave a place, we stay there, even though we go away. And there are things in us that we can find again only by going back there." ― Pascal Mercier, Night Train to Lisbon

Brooklyn hingegen saß unentschlossen vor ihrem Handy. Ob sie nun nochmal anrufen sollte oder nicht.
Sie entschloss sich aber aufzustehen. Sie wusste nicht wo sie hin sollte. Aber egal wie krampfhaft sie darüber nachdachte.... Sie wollte eigentlich nur noch nach Hause. Einfach nur nach Hause. Egal was ihre Eltern sagen würde. Und so trat sie den Weg nach Hause an, durch die ihr so bekannten Straßen. Ein Gefühl von Beklemmung machte sich in ihr breit. Vorallem allerdings deshalb, weil sie an die vielen Erinnerungen mit Violet zurückdachte. Hier hatte alles angefangen. Natürlich hatte sie Violet vorher nie richtig bemerkt und beachtet. Aber genau an diesem einem Abend vor ein paar Wochen hatte sich bei ihr alles verändert, als Violet in ihr Leben getreten war.
Mit diesem breitem, zauberhaften Lächeln und ihren Worten, die Brooklyns Leben irgendwie auf den Kopf gestellt hatten.
Und so stand Brooklyn nun verloren vor ihrem Elternhaus. Haus war ja nach wie vor gut gesagt. Villa traf es besser. Sie klingelte nervös. Dieses mal zögerte sie nicht. Die Tür öffnete sich und ihre Mutter stand vor ihr. Mit einem eiskaltem Blick. Brooklyn starrte selbstsicher zurück.
„Hallo Mum." murmelte sie. Ihre Mutter verschränkte die Arme vor der Brust. „Hallo Brooklyn." antwortete sie ausdruckslos.
„Mum, kann ich wieder nach Hause kommen?" Ihre Mum sah sie vielsagend an. „Ich habe dir nie verboten nach Hause zu kommen." Distanziert sah sie Brooklyn wieder direkt in die Augen.
„Ich dulde nur dieses Mädchen nicht mehr in meinem Haus..." Brooklyn nickte wissend. Das hatte sie sich schon fast gedacht und bei dem Thema bekam sie einen Kloß im Hals.
„Mum, bitte glaub mir, sie ist kein schlechter Mensch!" Ihre Mutter verdrehte genervt die Augen. „Aber wir haben nichts mehr miteinander zu tun." schob Brooklyn schnell hinterher. Zufrieden nickte ihre Mum ihr zu und öffnete die Tür ein Stück weiter.
„Es ist gut, dass du wieder da bist, Brooklyn." erwiderte ihre Mutter kühl. Brooks Herz machte einen Sprung. Hatte ihre Mutter sie etwa vermisst? Zumindest auf eine gewisse Art und Weise? „Wirklich?" fragte sie freudig nach. Ihre Mutter nickte wieder, als sie den Wohnbereich betraten.
„Natürlich, es gibt eine Menge zu tun. Endlich lenkt dich diese Violet nicht mehr von deiner wesentlichen Bestimmung ab. So ein dummes Geschwätz. Freundschaft... Brooklyn, es gibt im Leben keine Freunde, es gibt nur Menschen, die dir helfen, nach ganz oben zu kommen. Mehr nicht." Brooklyn versuchte sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Das hätte ihr klar sein sollen. Sie war einfach nur ein Teil ihres Geschäfts, mehr nicht. Und wie hatte sie erwarten können, dass ihre Eltern das mit Violet irgendwie verstehen könnten? Sie wussten natürlich nicht, dass da mehr zwischen ihnen gewesen war, aber jetzt hatte sie noch viel weniger das Bedürfnis, ihnen davon zu erzählen. Im Endeffekt verstanden sie auch gar nicht, was wahre Liebe ist. Erst recht nicht, zwischen zwei Menschen des gleichen Geschlechts. Solche Menschen waren für sie Abschaum. Bei dem Gedanken wäre Brooklyn ihrer Mutter am liebsten aus dem Weg gegangen, aber das Kapitel hatte sich sowieso für sie beendet.
Brooklyn hatte eine Menge Antworten im Kopf, die ihre Eltern dazu geben könnten. „Es ist nur eine Phase.", „Sie bewundert dich nur und will sein wie du. Das ist keine Liebe." Oder auch eine der Favoriten: „Liebe zwischen den gleichen Geschlechtern kann es nicht geben. Einer ist immer der Mann und einer immer die Frau. Schlag dir diesen Schwachsinn also aus dem Kopf. Das ist widerlich." Sie erwartete schon gar nicht mehr, dass das irgendwie in deren Köpfe geht. „Ok, dann geh ich jetzt auf mein Zimmer." murmelte Brooklyn. Ihre Mutter nickte, zwang sich ein Lächeln auf und sagte: „Gut, Liebes." Sie schien sich wirklich Mühe zu geben und Brooklyn schleppte sich auf ihr Zimmer. Klar war es besser gelaufen als sie gedacht hatte, aber irgendwie fühlte sie sich plötzlich komisch. Sie schmiss sich auf ihr Bett und starrte an die Decke.
Das war das, was sie immer gewollt hatte. Zurück zur Normalität. Ohne Violet. Einfach nur mit Sienna und Jenna wieder feiern gehen. Ihren Rang in der Schule einnehmen, auf promovierte Events gehen und das ganze drum und dran. Allerdings, jetzt wo es so weit war, wollte sie sich mit Händen und Füßen dagegen verwehren.
Sie hatte vorher nie darüber nachgedacht, wie ein Leben außerhalb dessen sein könnte. Bis sie plötzlich festgestellt hatte, dass es auch etwas anderes gab, als das hier. Und dass es sich sogar gelohnt hatte, sich in ein Abenteuer zu stürzen. Wenn man nie andere Sachen ausprobiert, kann man vielleicht nicht scheitern. Aber man kann auch nicht gewinnen. Brooklyn schluckte. Sie wollte Violet zurück und alles was sie in ihr Leben gebracht hatte. Licht, Lachen, Freude und vorallem eins... unbesiegbare Liebe.
Für Violet war es nie wichtig gewesen, wie erfolgreich sie ist. Sie wollte ihr nur helfen, um sie strahlen zu sehen. Aber das wollte Brooklyn einfach nicht wahr haben. Sie wollte auch nicht wahr haben, dass sich so scheinbar Liebe anfühlt. So und nicht anders.
Die schwierigste Sache, wenn man jemanden wie Violet liebt, ist es sich selbst zu akzeptieren. Zu akzeptieren, dass man anders ist und man sich nicht in etwas reinzwingen sollte, was man nicht ist. Egal wie schwer es für den Anfang scheint...
Sie wollte plötzlich nicht mehr das, was sie hatte, sie wollte neues erleben. Sie fühlte sich wie Stillstand. Und sie wollte sich entwickeln und die beste Version von sich selbst werden. Das hatte sie versprochen.

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