Kapitel 24 - Für dich

359 26 0
                                    

"Courage is fire, and bullying is smoke" - Benjamin Disraeli

Sie trat näher an die Gruppe. Plötzlich wusste sie auch, woher sie diesen Typen kannte. Und es war keine positive Erinnerung.
„Ej ej, die beste Story war immer noch, als ich diesem Mädel ein Bein gestellt hab. So ein Nerd, die hatte es verdient. Das war doch der Hammer oder? Die lag auf dem Boden wie so ein Käfer." Die Mädchen um ihn herum lachten anschmachtend, als wöllten sie ihm einfach nur gefallen. Es war nicht zu leugnen. Er war der Typ gewesen, der Violet das Bein gestellt hatte. Und er hatte keinerlei Schuldgefühle, dass er sie vor der ganzen Schule bloß gestellt hatte.
Brooklyn überlegte nicht lange. Ehrlich gesagt überlegte sie gar nicht. Sie stand auf einmal einfach hinter ihm.
„Du bist das Arschloch, das Violet ein Bein gestellt hat?" Mit verschränkten Armen stand sie vor ihm, als er sich umdrehte. Ihr Blick brannte förmlich in seinen Augen.
„Keine Ahnung wie die Kleine hieß. Aber das war schon Hammer oder? Hatte sie mehr als verdient." Seine Kumpels klopften ihm anerkennend auf die Schulter oder schlugen bei ihm ein.
„Womit hatte sie das denn bitte verdient? Nur damit du dein Ego pushen kannst?" Der Junge baute sich vor ihr auf. So wirkte er doch recht bedrohlich. Aber Brooklyn war jetzt eh alles egal. Ihr strömte das Blut heiß durch die Adern und ihr Herz schlug rasend schnell..
„Für so ein kleines, dummes Mädchen hast du ne ganz schön große Fresse." antwortete er.
„Immerhin brauch ich keine kleinen Mädchen rumzuschubsen, die ich nicht mal kenne, um mich besser zu fühlen." Er kam ein Stück näher. „Du bist doch kein bisschen besser. Und du denkst du kennst die? Die ist doch gar nicht dein Level." Brooklyn schnaubte.
„Immerhin beurteile ich niemanden, den ich nicht kenne. Menschen zu verletzten ist nichts worauf man stolz sein sollte. Erst recht nicht, wenn sie euch nichts getan haben. Du oberflächliches Arschloch wirst das aber eh nie verstehen. Dazu muss man erstmal einen höheren IQ als eine Schraube haben..." Brooklyn grinste abgehoben. Als hätte sie den Kampf schon längst gewonnen.
„Wie hast du mich gerade genannt, du kleine Bitch?" Er packte Brooklyn am Oberteil und zog sie bedrohlich zu sich. Für Außenstehende musste es allerdings wirken, als würde er sie küssen wollen.
„Willst du wirklich was für dieses kleine, hässliche Entchen riskieren? Die ist doch nicht mehr wert als das." Er spukte vor Brooklyn auf den Boden. Da kam es über sie wie eine Welle. Die Worte ließen ihr Herz zusammenziehen. Nicht, dass er sie Bitch genannt hatte oder weil er ihr gerade ihr Designerkleid zerriss. Sondern, weil er ihre große Liebe in den Dreck zog. Brooklyn fühlte etwas, was sie vorher nie gespürt hatte. Wahre Liebe. 
„Nenn sie nie wieder so!" Sienna und Jenna waren plötzlich hinter Brooklyn aufgetaucht.
„Was redest du da?" fragte Sienna wie aus dem Nichts. „Wirklich Brooklyn, drehst du jetzt völlig durch?" ergänzte Jenna. Überheblich packte der Typ sie fester am Oberteil.
„Oder was? Ich hab keine Angst vor dir, Brooklyn Young. Du bist nicht mehr als eine kleine, strohdumme Barbie." Als wäre es ein Reflex schlug Brooklyn ihm plötzlich mit der rechten Faust gegen die Nase. Er ließ sie sofort los und taumelte zurück. Ihm schoß das Blut aus der Nase.
Als wäre Brooklyn in die Vergangenheit zurück katapultiert wurden, sah sie ihren Vater vor sich. Wie sie mit ihm eines Abends nach Hause ging und sie sich vor ihrem Grundstück zu streiten begannen. Als Brooklyn ihm etwas entgegen schrie, holte er plötzlich aus und traf sie ins Gesicht.
Brooklyn schüttelte die Erinnerung weg.
„Ich habe gesagt, sprich nie wieder so über Violet!" Um sie herum hatte sich mittlerweile eine Masse gebildet, die ihnen staunend zusahen. Aber das war Brooklyn egal. Sie hatte eh nichts mehr zu verlieren. „Sie ist vielleicht nicht perfekt. Sie ist vielleicht auch ein bisschen nerdig. Aber im Gegensatz zu dir, hört sie zu und denkt auch mal nach, über das was sie tut. Sie ist nicht so eine gehirngewaschene Marionette wie ihr. Sie versteht so viel mehr von dieser Welt, als irgendjemand von euch in seinem ganzen Leben je verstehen wird."
Brooklyn sah den Schlag erst zu spät kommen, da landete seine Hand schon auf ihrer Wange. Sie fasste sich geschockt mit der Hand an die pulsierende Stelle.
So viel zum Thema, man schlägt keine Mädchen.
Aber das ließ sich Brooklyn nicht gefallen. Sie ging auf ihn los wie eine Irre. Und da konnten selbst ihre Flashbacks nichts dagegen tun. Ihr flimmerten immer wieder Bilder vor den Augen auf. Wie ihr Vater auf ihre Mutter los ging und der Krankenwagen mehr als einmal vor ihrer Tür parkte. Oder wie sie bewusstlos auf dem Boden lag, weil ihr Vater mal wieder ausgerastet war. Sie sah ihren Vater, wie er sie betrunken am Handgelenk packte, bis es blau war und er sie anschrie.
Es wurde zu einer richtigen Prügelei. Der Junge packte sie an den Haaren, sie biss ihn ungehalten, damit er los lies und sie rangen sich gegenseitig von der Terrasse runter auf das Gras. Als die beiden dort so lagen, bekam Brooklyn seine Faust aufs Auge und zuckte kurz vor Schmerzen zusammen. Sie schob ihn mit einer Kraft von sich, von der sie nicht wusste, wo sie herkam.
„Jetzt bist du wohl nicht mehr so stark, wenn dich deine Freunde nicht für deine dummen Sprüche feiern oder?" schrie Brooklyn, als sie auf ihm saß und seinen Oberkörper nach unten drückte. Die Anderen um sie herum versuchten Brooklyn von ihm runterzuzerren, aber der Typ war schneller, packte Brooklyn an den Armen und wollte sie in den Pool stoßen. Aber Brooklyn klammerte sich mit ihren langen Fingernägeln an ihn und beide landeten im Wasser. Brooklyn musste kurz nach Luft ringen. „Die verdammte Schlampe hat mich gekratzt." rief er. Der Kampf ging im Wasser weiter und Brooklyn merkte nicht einmal, wie sich inzwischen alle um sie drumherum versammelt hatten. Sie merkte erst wieder was um sie drumherum passierte, als sie jemand von der Seite am Arm packte und versuchte aus dem Pool zu ziehen. Aber Brooklyn wehrte sich mit all ihren Kräften um wieder auf ihren Kampfpartner zu zugehen, der ebenfalls versuchte sie erneut zu packen und Unterwasser zu drücken.
„Du crazy Bitch. Komm wieder her, ich bin noch nicht fertig mit dir." Brooklyn blitzte zu ihm rüber. „Und ich noch lange nicht mit dir!" grummelte sie, aber da wurden sowohl Brooklyn als auch er aus dem Wasser gefischt, von einem Mann und einer Frau in Uniform. Brooklyn hatte die Sirenen gar nicht gehört, die immer näher gekommen waren. Aber jetzt sah sie von weitem schon das blaue Licht, was ihr nur allzu bekannt vorkam. Einer der Partygäste oder vielleicht sogar einer der Nachbarn, hatte wohl die Polizei gerufen. Brooklyn schniefte und versuchte das Blut wieder zurück in ihre Nase zu ziehen. Das ging allerdings schwerer als gedacht, als die Frau, die sie festhielt ihr Handschellen hinter ihrem Rücken anlegte. Die Sanitäter wollten sich Brooklyn noch einmal genauer ansehen, aber Brooklyn hatte nur Augen für ihn. Wie er wie ein Held gefeiert wurde, mit seinem zerissenem Shirt und seiner, mittlerweile zerkratzten, Brust. Wie ihm ebenfalls das Blut aus der Nase ran. Sie wollte einfach nur weg von dort. Also ging sie mit der Decke um die Schultern, die ihr einer der Beamten umgelegt hatte, zu dem Polizeiauto. Es war plötzlich ganz still geworden. Alle starrten sie nur an, wie sie abgeführt wurde. Ihr Auge pulsierte und sie hatte das Gefühl sich übergeben zu müssen. Aber sie wollte einfach nur weg. Als sie sich noch einmal umdrehte, standen da Sienna und Jenna in der ersten Reihe, die schockiert die klitschnasse Brooklyn anstarrten, deren Makeup ihr ganzes Gesicht runterlief. „Ihr könnt mich mal!" murmelte sie nur, bevor ihr der Kopf runtergedrückt und sie ins Polizeiauto geschoben wurde.

Reach for the starsWhere stories live. Discover now