Kapitel 24

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Ich hatte ein wenig Schlaf bekommen, mein Körper war ausgeruht, aber meine Gedanken lagen lange nicht still. Niemand war bis jetzt gekommen und das machte mir Angst. Es war viel schlimmer, zu warten, nicht wissend was kommen würde. War hier irgend etwas passiert? Und wenn ja, gut oder schlecht? Meine Hände waren immer noch auf meinen Rücken gebunden, weswegen ich nicht gerade in der bequemsten Position saß. Meine Gedanken kreisten dauerhaft um den Brief, den der Totenkönig mir gezeigt hatte. Traumwandler dienten den Valar. Gab es je einen Traumwandler, der das abgelehnt hatte? Im Moment tendierte ich nämlich dazu. Erstens wäre es mir egal, ob ich meine Kräfte verlieren würde oder nicht. Ich hatte mein ganzes Leben ohne sie verbracht, ich brauchte sie nicht. Und zweitens würde ich Legolas' Herz brechen, wenn ich gehen würde. Plötzlich hörte ich Schritte vor der Tür. Meine Augen schnellten zum Eingang des Raumes. Die Tür wurde aufgerissen und drei Orks kamen herein. Ich verengte meine Augen zu Schlitzen, als ich die Kreaturen sah. Sie redeten nicht, sondern stellten einfach nur Brot und Wasser in die Zelle.

Was sollte das denn jetzt? Wollten sie mich von ihrer Gastfreundschaft überzeugen? Die in Bruchtal war aber erheblich besser. Ein Ork kam auf mich zu und hob mich unsanft auf die Füße, dann nahm er mir die Fesseln ab, nur um mir die Hände wieder von dem Bauch wieder zusammen zu binden. Ohne noch etwas zu sagen, verließen die drei Kreaturen den Raum und schlossen die Tür ab. Misstrauisch betrachtete ich die Nahrung. Ganz langsam nahm ich das Brot in die Hand und roch leicht daran. So roch es normal, aber ich traute diesen Kreaturen zu, dass sie es vergiftet hatten oder im Wasser irgendwas war, was mich zum reden und zur Kapitulation bringen würde. Ich ließ das Brot wieder auf den kleinen Teller fallen und sah aus dem Fenster. Was ich jetzt alles dafür geben würde, in Legolas Armen liegen zu dürfen. Ich wusste, dass er sich zur Tode sorgte, aber ich spürte, dass ich noch zu schwach war, um meine Kräfte einzusetzten. Und ich hatte auch nicht das Gefühl, demnächst dazu in der Lage zu sein. 

Nicht wenn ich keine Nahrung zu mir nahm, aber ich war den Orks gegenüber einfach zu misstrauisch, um ihr Essen zu essen. Immerhin hatten sie mich entführt und eingesperrt. Und sie wollten meine Kräfte für sich nutzen, also was würde es ihnen bringen, mir etwas zu essen zu geben? Vielleicht wollten sie einfach nur verhindern, dass ich Selbstmord beging. Aber so schnell würde ich dies nicht tun. Nicht wenn es noch einen Funken Hoffnung auf Hilfe oder eine Flucht gab. Ich konnte nicht sagen, ob es Tag oder Nacht war, wie viel Zeit vergangen war, wusste ich ebenso wenig. Meine Hände schmerzten von der zu eng gebundenen Fessel und mein Bauch meldete sich auch langsam. Nach einer Zeit, die mir wie eine Ewigkeit vorkam, ertönten wieder Schritte vor der Tür. Sie wurde aufgeschlossen und ein Uruk-Hai kam herein. Er sah einmal auf den unangerührten Teller und zerrte mich grob auf die Beine. 

Dann packte er mich an den Schultern und zog mich mit sich. Ich stolperte hinter ihm her und versuchte mir dabei die Gänge und mögliche Fluchtwege einzuprägen. Für den Fall, dass ich unbemerkt aus meiner Zelle flüchten und diese Fesseln ab kriegen würde. Ein paar Minuten später kamen wir in einem runden Raum an, wo ich von dem Uruk-kai auf die Knie gezwungen wurde. Außer einem trohnähnlichen Stuhl, befand sich nichts weiter in diesem Raum. Durch fünf Fenster, fiel schwaches Licht in den Raum und tauchte alles in ein unheimliches Licht. "Du kannst gehen", ertönte plötzlich eine tiefe Stimme hinter mir. Der Uruk-kai verließ mit schweren Schritten den Raum und ich war nun alleine mit dem Unbekannten. "Nun, du kannst dir sicher denken, warum du hier bist, nicht wahr?", fing die Person an zu reden.

"Was lässt euch das glauben?", krächzte ich, hustete und richtete meinen Kopf Richtung Boden. Mein Hals war ausgetrocknet. Könnte daran liegen, dass ich seit ein paar Stunden nichts mehr getrunken hatte. "Meine Liebe, du bist eine Traumwandlerin. Die Herrin des Lichts hat dir sicherlich etwas bezüglich seiner Kräfte erzählt, nicht wahr?" Ich konnte den Sprecher immer noch nicht sehen, weswegen ich einfach still blieb. "Hatte ich mir gedacht." Schwarze Stiefel schoben sich in mein Blickfeld und eine Hand hob mein Kinn nach oben. Ich blickte einem Elben entgegen. Er hatte zu meiner Überraschung kohlrabenschwarze Haare, die ihm nur bis kurz über die Schulter gingen.

"Ich mache dir ein Angebot. Du wirst dich dem dunklen Herrscher unterwerfen und im Gegenzug wirst du keine Schmerzen leiden müssen", schlug der Elb vor und setzte sich auf den Stuhl. "Und was, wenn ich das Angebot nicht an nehme?", spuckte ich ihm mit zusammengekniffenen Augen entgegen. "Dann wirst du leiden und deine ganzen Freunde ebenso", führte er mir die Konsequenzen auf und starrte mich durch seine milchig-weißen Augen an. Irgendwas an diesem Elben kam mir komisch vor. Seine Bewegungen waren nicht so flüssig wie die von normalen Elben. Er humpelte und bewegte sich ruckartig, außerdem waren seine Haare schwarz. Also alles in allem war er in meinen Augen kein Elb. "Was bist du?", wollte ich misstrauisch wissen. "Oh, du hast es bemerkt. Vielleicht bist du doch nicht so dumm, wie ich dachte." Er stand auf und begann, um mich herum zu laufen.

"Vor langer Zeit, lebte ein junger Elb friedlich mit seiner Familie zusammen. Doch Menschen kamen und brachten seine Familie aus Rache um, da die Vorfahren der Familie, der anderen Familie Unrecht getan hatten. Der junge Elb schaffte es zu fliehen und entdeckte seine Fähigkeiten. Sie verliehen ihm Macht, Macht genug um alles zu beherrschen was er wollte. Er konnte die Menschen damit in den Wahnsinn treiben und fand sein Schicksaal: über alles und jeden zu herrschen. So versteckte er seine Fähigkeiten vorerst, lernte die größten Ängste seiner Feinde kennen, blieb im verborgenen. Doch gleichzeitig half er allen wo er konnte und benutzte seine Fähigkeiten, um das Vertrauen der Leute zu gewinnen. Mit der Zeit, wurde er beliebt und bekam immer mehr Macht und Ansehen." Der Elb machte eine kurze Pause, um auf Reaktionen meinerseits zu warten.

Ich wusste schon längst, dass er über sich selbst redete. In meinem Kopf ratterte es, ich versuchte seine Schwachstelle zu erkennen. Nach einer kurzen Stille fuhr der Elb fort. "Als er wusste das seine Zeit gekommen war, wollte er sich über alle erheben, doch zu diesem Zeitpunkt stellten ihn die Valar vor eine Entscheidung. Entweder würde er ihnen dienen können oder weiterhin in Mittelerde wandeln. Der Elb entschied sich gegen die Valar und wurde zurück nach Mittelerde gesandt. Er war verwirrt und belustigt zugleich. Keiner der Valar hatte seine Intrigen gewittert oder etwas von seinem Vorhaben geahnt. So begann er mit seiner Eroberung. Dorf für Dorf fiel unter seine Herrschaft, bis er sich ein eigenes kleines Königreich aufgebaut hatte. Doch natürlich mussten die Valar etwas davon bemerken. Sie kamen in das Königreich und entzogen dem Elben seine Macht.

Er bekam schwarze Haare, die andere vor ihm warnen sollten, doch damit nicht genug. Er wurde aus allen Erinnerungen der Leute gelöscht, damit nie jemand wieder auf die Idee kommen könnte, seine Kräfte für sich selber einzusetzen", beendete er seine Erzählung. "Also bist du sauer auf dich selber und willst jemand anderen dafür verantwortlich machen?", traute ich mich zu sagen und hob meinen Blick. "Was?" Er war für einen Moment sichtlich verwirrt, versteckte es aber sofort wieder gut. Also hatte ich vielleicht eine Schwachstelle gefunden. "Naja, du bist gescheitert und schiebst die Schuld den Valar in die Schuhe, weil du es dir selber nicht eingestehen willst. Und was würde es dir bitte bringen, dich Sauron anzuschließen? Was hat er dir versprochen? Geteilte Herrschaft über alles? Sauron teilt seine Macht nicht, genau so wie Saruman." Er sah mich mit kalten Augen an. "Er hat mir deine Kräfte versprochen."

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Tja, jetzt steckt Auriel ein wenig in der Klemme. Wie wird sie darauf wohl reagieren? Wir werden es wohl nie wissen... Nicht bis zum nächsten Kapitel :)

𝙳𝚒𝚎 𝙼𝚊𝚌𝚑𝚝 𝚍𝚎𝚛 𝚃𝚛ä𝚞𝚖𝚎 - 𝙻𝚎𝚐𝚘𝚕𝚊𝚜 𝚏𝚏Where stories live. Discover now