Kapitel 36

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Zusammen mit Legolas ging ich zu den Ställen. Ich war in der Nacht zum Glück nicht noch einmal aufgewacht und auch das Ziehen war nicht mehr vorgekommen, doch trotzdem zweifelte ich nicht daran, dass es wieder kommen würde. Es war nur eine Frage der Zeit. Als Legolas und ich die Ställe erreichten, waren die Hobbits, Gandalf und Gimli bereits dort. Die Pferde waren schon gesattelt und Gandalf machte sich gerade daran, den Proviant und ihr Gepäck sicher zu verstauen. Die Hobbits warteten, mehr oder weniger geduldig und Gimli rauchte eine Pfeife. "Habt ihr genug Proviant, Gandalf?", sprach Legolas den Zauberer an, welcher nickte, während er einen Gurt festzog. "Das glaube ich schon. Wenn wir in Bruchtal halt machen, können wir ihn auch noch auffüllen." 

Er drehte sich um und lächelte. "Danke, das wir hier Halt machen konnten", meinte Gandalf an Legolas gewandt, doch dieser winkte lächelnd ab. "Es war uns eine Freude. Bist du reisefertig, Gimli?" Der Zweg nickte. "Ich werde nicht lange bis zum Erebor brauchen. Die Menschen von Thal werden mich über den See bringen können und dann bin ich schon fast zu Hause", erklärte der Zwerg und packte seine Pfeife weg. "Ich hoffe wir bekommen bald eine Einladung zugeschickt." Er zwinkerte und schnallte sich seinen Rucksack um. Meine Wange wurden etwas rot, als ich daran dachte, dass Legolas und ich schon bald heiraten würden, wenn nichts dazwischen kam. Und auch wenn der Gedanke etwas beängstigend war, dass ich danach Prinzessin des Düsterwaldes sein würde, freute ich mich darauf. 

"Hab eine gute Reise, Gimli", wünschte ich ihm lächelnd. "Du bist dir sicher, dass dich niemand bis zur Grenze begleiten soll?", versicherte sich Legolas nochmal. "Das soll wohl ein Scherz sein, Spitzohr. Ein paar Orks werde ich schon schaffen, wenn mir noch welche begegnen. Und wenn ich an Spinnen vorbei komme, wird mich meine Axt auch nicht enttäuschen", versicherte er uns und verabschiedete sich bei den anderen, bevor er aus der Stalltür spazierte und sich auf den Weg zum Erebor machte.

 Kurz sah ich dem Zwerg hinterher, ehe ich mich wieder zu den anderen drehte. "Pass auf dich auf, Auriel", meinte Gandalf zu mir, als ich mich mit einer Umarmung verabschiedete. "Werde ich, Gandalf. Du auch", erwiderte ich und löste mich von dem Zauberer, sodass er sich von Legolas verabschieden konnte. Ich drehte mich zu den Hobbits und kniete mich hin, sodass wir auf Augenhöhe waren. "Kannst du uns mal im Auenland besuchen kommen, Auriel?", wollte Pippin wissen. "Das weiß ich nicht. Aber da ich das Auenland liebend gerne einmal sehen würde, werde ich es auf jeden Fall versuchen", versprach ich dem Hobbit lächelnd. "Ich wünsche euch eine gute Reise." Nachdem die Hobbits auf ihre Ponys aufgestiegen waren und Gandalf auf Schattenfell saß, ritten sie aus dem Tor und winkten uns zum Abschied nochmal, ehe sie aus meinem Blickfeld verschwanden. 

Ich sah noch einige Momente auf den Punkt, an dem sie eben noch waren und realisierte erst jetzt vollkommen, dass unsere Reise zu Ende war. Ich würde keine Massen von Orks mehr auf einem Schlachtfeld bekämpfen und ich würde auch nicht mehr jeden Tag einige Meilen wandern, um voran zu kommen. "Geht es dir gut, Auriel?", fragte Legolas plötzlich und als ich den Kopf drehte, sah er etwas besorgt aus. "Ja, ja, mir geht es gut", beruhigte ich ihn. "Ich kann nur irgendwie noch nicht richtig glauben, dass unsere Reise ab jetzt endgültig zu Ende ist. Ich weiß ja nicht mal mehr vor wie vielen Monaten ich hier überhaupt aufgebrochen bin, um dir zu folgen", erklärte ich. Legolas nickte. 

"Ich verstehe, was du meinst. Fühlst du dich auch so, als könntest du nicht mehr wirklich in dein altes Leben zurückkehren?", wollte er wissen. Ich neigte meinen Kopf, dachte einige Momente nach. "Ja, irgendwie schon. Aber eigentlich werde ich auch nie mehr in mein altes Leben zurückkehren", antwortete ich leise. "Ich werde mein altes Leben schon alleine nicht mehr zurück bekommen, weil ich herausgefunden habe, wer ich wirklich bin und was ich mit meinen Kräften tun soll, die ich erst vor so kurzem verstanden habe. Naja, und dann kommst noch du dazu." Den letzten Satz fügte ich nach einer kleinen Pause murmelnd hinzu und lächelte dann. 

"Und dann komme noch ich dazu?", fragte Legolas leicht amüsiert. Natürlich hatte er mich verstanden. "Ja, dann kommst noch du dazu. Ich meine, du warst und wirst die einzige Person sein, für die ich je etwas in dieser Weise fühle und dann musstest es ja unbedingt... naja, du sein!", begann ich zu erklären und wurde dabei etwas rot. "Du bist ja nicht unbedingt ein Elb aus irgendeinem beliebigen Dorf." "Da hast du wohl Recht", grinste Legolas und ich war mir sicher, dass meine Wangen bei diesem Satz noch röter geworden waren. "Ich bin mir aber auch sicher, dass du nicht nur irgendeine Elbin im Training bist", fuhr er fort. "Ich kenne nämlich sonst niemanden, der sein Leben aufs Spiel setzten würde, um jemandem zu helfen, den er gar nicht mal richtig kennt. Und auch niemanden, der die Befehle von meinem Vater missachten würde."

"Du kennst niemanden, der schonmal die Befehle von deinem Vater missachtet hat?", fragte ich überrascht nach. "Legolas schüttelte den Kopf. "Nein, eigentlich nicht. Ich denke, jeder andere hätte Angst vor den Konsequenzen gehabt. Wieso du nicht?" "Ich... hab in diesem Moment nicht wirklich an die Konsequenzen gedacht. Ich wollte, dass die Vision wahr wird, glaube ich." Und ich hatte bei ihm bleiben wollen, so idiotisch das auch klang. Als ich aufgebrochen war, war ich mir meiner Gefühle über Legolas noch nicht so richtig klar gewesen, aber jetzt wurde mir klar, dass ich schon vor Beginn der Reise in ihn verliebt gewesen war, es mir aber nicht hatte eingestehen wollen. 

"Das war dein einziger Grund?" Legolas sah nicht wirklich so aus, als würde er mir zu hundert Prozent glauben. "Nein", gab ich zögernd zu und überwand mich schließlich dazu, weiter zu reden. Wir waren verlobt, bei den Valar, und ich liebte ihn, also konnte ich ihm ja auch etwas erzählen, was mir etwas peinlich erschien. "Ich denke ich war schon in dich verliebt, bevor ich dir nach Bruchtal gefolgt bin, habe es aber nicht so wirklich realisiert, weil ich noch nie verliebt war." Legolas blinzelte einige Male. "Du warst schon vor der Reise in mich verliebt?" Ich nickte und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. Auf Legolas' Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. "Ich auch." 

"Was meinst du damit?", fragte ich nach. "Ich war auch schon vor der Reise nach Bruchtal in dich verliebt. Naja, vielleicht war es da noch eine Schwärmerei. Ich fand es süß, wie du immer Versucht hast, alles sofort richtig zu machen, obwohl das unmöglich ist. Du warst wunderschön, das bist du immer noch. Und vielleicht war das auch der Grund, dass du so oft mit mir trainieren musstest und ich dich nicht jemand anderem zugeteilt habe", gab er zu und seine Ohrenspitzen wurden rot. Kurz starrte ich ihn einfach nur ungläubig an. "Wirklich?" Er nickte bestätigend und sah mich liebevoll an. "Wirklich."

𝙳𝚒𝚎 𝙼𝚊𝚌𝚑𝚝 𝚍𝚎𝚛 𝚃𝚛ä𝚞𝚖𝚎 - 𝙻𝚎𝚐𝚘𝚕𝚊𝚜 𝚏𝚏Where stories live. Discover now