Kapitel 31

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Eine Gestalt, die in einen schwarzen Umhang gehüllt war, lief in einem dunklen Raum auf und ab. Sie murmelte unablässig vor sich hin, doch egal wie sehr ich es versuchte, ich konnte ihr Gesicht nicht erkennen. In der Mitte des Raumes stand eine kristallene Kugel auf einem Sockel aus Obsidian, welche ein schwaches Leuchten von sich gab. "Bald ist es so weit. Ganz bald schon wird es mein sein", hörte ich die Gestalt mit einer männlichen Stimme sagen, welche sich der Kugel zugewandt hatte. "Niemand wird mich aufhalten können." Eine zweite Gestalt betrat den Raum. Es war eine alte Frau mit grauen Haaren und gekrümmtem Rücken, die sich auf einen Gehstock stützte. "Bist du dir auch sicher, das du das Leben dieser Elbin opfern möchtest, um deines zu verbessern?", wollte die Frau von der anderen Gestalt wissen. "Das Leben dieser Elbin kümmert mich nicht. Es ist wertlos", spuckte der Mantelträger aus und die alte Frau schüttelte den Kopf. "Sie wollte dir helfen, auch wenn sie dich nicht gekannt hat. Wenn du sie opferst, wird dich das dein ganzes Leben lang verfolgen."

Mit klopfendem Herzen schreckte ich aus dem Schlaf hoch. Das Feuer war schon herunter gebrannt, nur eine schwache Glut erhellte noch die sternenklare Nacht. Die anderen schliefen alle, bis auf Gandalf, der eine Pfeife rauchte und grübelnd in die Ferne sah. Ein kalter Wind ließ mich frösteln, weswegen ich meinen Umhang enger um meinen Körper zog. Was hatte ich gerade gesehen? Es war eine Vision gewesen, daran zweifelte ich keine Sekunde und noch dazu eine ziemlich beunruhigende Vision. Jemand wollte eine Elbin opfern, um sein eigenes Leben zu verbessern. Und die Stimme von diesem jemand kam mir unheimlich bekannt vor. Ich starrte einige Sekunden ins Feuer, bis ich mich erhob, zu Gandalf hinüber ging und mich neben ihn setzte. "Worüber denkst du nach?", wollte ich von dem Zauberer wissen, um mich von der Vision abzulenken. "Ach, das ist nicht wichtig", winkte er ab und zog an seiner Pfeife. Ich hob eine Augenbraue, beließ es aber dabei. Gandalf würde mir sowieso nicht mehr sagen.

"Wo hast du eigentlich dein Schwert gelassen?", wollte er wissen und sah mich von der Seite an. "Seit du entführt wurdest, ist es weg." "Es ist... einfach weg gewesen, als ich aufgewacht bin. Adriel hat gesagt, ich hätte es in meiner Traumwelt gelassen." Gandalf zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. "Adriel?" Erst jetzt fiel mir auf, dass ich den anderen noch gar nicht erzählt hatte, was mir geschehen war, oder wie genau ich geflohen war. Ich hatte ihnen nur gesagt, dass ich Hilfe gehabt hatte. "Er war derjenige, der mich hat entführen lassen. Unter Saurons Einfluss. Und er war auch derjenige, der mir geholfen hat zu fliehen", erzählte ich dem Zauberer. "War er ein Traumwandler?" Ich nickte. "Woher weißt du das?" Doch anstelle meine Frage zu beantworten, bat Gandalf: "Erzähle mir doch alles was passiert ist." Sein Gesicht war von der einen auf die andere Sekunde todernst geworden. Also begann ich damit, ihm möglichst detailliert alles zu erzählen.

Wie ich die Orks abgelenkt hatte, wie ich aufgewacht war und Leo mir alles erklärt hatte, die Tage in der Zelle und mein Gespräch mit Adriel. "Und du denkst, er stand unter einer Art Gedankenkontrolle?", fragte Gandalf nach. "Ja, er war vollkommen verwirrt und wusste erst gar nicht wo er war", bestätigte ich, doch nach Gandalfs Reaktion war ich mir dessen irgendwie nicht mehr so sicher. Wieso fand Gandalf das überhaupt so unglaublich wichtig? Sauron war besiegt. Er stellte keine Bedrohung mehr da. "Wie sah er aus?" Ich wollte ihm gerade antworten, doch irgendwie konnte mich nicht mehr daran erinnern, wie genau er ausgesehen hatte, was mich beunruhigte. "Ich... er hatte schwarze Haare... an mehr kann ich mich nicht erinnern", gab ich zu. Wieso konnte ich mich nicht an mehr erinnern?! "Weshalb scheint es dir so wichtig zu sein?", fragte ich beunruhigt. "Weil ich nach Adriel - wie du ihn nennst - schon seit Jahren suche." Verwirrt sah ich ihn an. "Warum suchst du ihn?"

Auf diese Frage bekam ich keine Antwort und ich hatte das Gefühl, sein vorheriger Satz wäre Gandalf so heraus gerutscht. Es frustrierte mich, denn ich wurde aus Adriel nicht schlau. Und jetzt hatte ich noch eine neue Vision am Hals, in der jemand den Plan hatte, eine Elbin zu opfern. Ich zog meine Knie an meinen Körper und legte den Kopf auf sie. Sollte ich Gandalf von der Vision erzählen? Oder umgekehrt, was spräche dagegen? Noch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, übernahm mein Körper. "Ich hatte eine Vision." Gandalf drehte seinen Kopf zu mir. "Was ist passiert?" Etwas stockend versuchte ich, meine Vision möglichst genau zu beschreiben. "Das ist in der Tat sehr beunruhigend", murmelte der Zauberer, nachdem ich geendet hatte. "Und du hast keine Idee, wen du in deiner Vision gesehen hast und welche Elbin geopfert werden soll?" Ich wollte schon den Kopf schütteln, doch dann stockte ich. Die Stimme der Person hatte ich noch klar im Kopf. Und sie erinnerte mich an etwas, genauso wie die Worte der alten Frau. Sie wollte dir helfen, auch wenn sie dich nicht gekannt hat. Wenn du sie opferst, wird dich das dein ganzes Leben lang verfolgen.

Sie wollte dir helfen... auch wenn sie dich nicht gekannt hat. Ich kniff die Augen zusammen. Die Visionen hingen doch meistens mit meinem Leben zusammen, nicht mit dem anderer Personen. Was wenn also jemand aus meinem Leben geopfert werden sollte? Eine Elbin, die ich kannte? Die Stimme... an wen erinnerte sie mich bloß? "Nein, habe ich nicht", antwortete ich Gandalf schließlich. "Aber mir kommt die Stimme aus der Vision unglaublich bekannt vor. Und auch die Worte von der alten Frau erinnern mich an irgendetwas." Nach einigen Minuten der Stille fragte ich Gandalf: "Was könnte die Person in deiner Vision mit 'Bald schon wird es mein sein' gemeint haben?" Der Zauberer überlegte. "Es könnte rein Theoretisch alles sein. Ein Gegenstand, ein Person oder auch ein ganzes Königreich", meinte er dann.

"Aber wieso hatte ich diese Vision? Manchmal möchte sie mich ja vor etwas warnen, wie vor der Lawine, weswegen wir durch die Mienen gegangen sind." Doch sosehr ich auch darüber nachdachte, wovor mich die Vision im Zusammenhang mit meinem Leben warnen wollte, in meinen Augen ergab nichts einen Sinn, aber Dinge ergaben meistens keinen Sinn, wenn man nicht alles wusste. "Das weiß ich nicht. Aber wahrscheinlich werden wir es bald erfahren", murmelte Gandalf. "Leg dich am besten noch einmal hin. Ich habe das Gefühl, dass du deine Kräfte bald brauchen wirst." "Du hast wahrscheinlich recht", stimmte ich dem Zauberer nickend zu und begab mich zurück zu meiner Schlafstätte. Doch so sehr ich es auch versuchte, der Schlaf wollte mich nicht übermannen. Die ganze Zeit schlich sich die Vision in meine Gedanken. Was sie wohl bedeutete? Und wie könnte ich das verhindern, wovor mich die Vision gewarnt hatte? Die Sterne zogen über mir hinweg und als die Sonne aufging, hatte ich kein Auge mehr zugetan.

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Yay, es geht endlich weiter! Ich habe jetzt alle restlichen Kapitel fertig geschrieben (42 + ein Epilog) und werde die jetzt im Wochentakt veröffentlichen, also jeden Samstag ein Kapitel. Vielleicht gibt's auch mal zwei Kapitel in einer Woche... Wer weiß?

𝙳𝚒𝚎 𝙼𝚊𝚌𝚑𝚝 𝚍𝚎𝚛 𝚃𝚛ä𝚞𝚖𝚎 - 𝙻𝚎𝚐𝚘𝚕𝚊𝚜 𝚏𝚏Where stories live. Discover now