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Jimin

„Darf ich noch kurz mit ihm reden?", höre ich Yoongi zu einer Pflegerin flüstern, die beide im Türrahmen zu meinem Zimmer stehen und sich eben noch etwas unterhalten haben.
„Natürlich, aber nur etwa fünf Minuten, dann sollte eh schon ein Arzt da sein, um ihn zu untersuchen", antwortet die Dame und wendet sich nickend mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht von Yoongi ab.

Überzeugen konnte ich die Pfleger nicht, mich nicht ans Bett zu fesseln, aber in einer halben Stunde würden sie mich sowieso losmachen, da es dann Freiheitsberaubung wäre und diese Wichser dann ihre Strafe bekämen.
Doch jetzt starre ich nur wütend, ohne mich zu bewegen den Beamten an, der schräg mit dem Rücken zu mir gerichtet ist und ich erkennen kann, wie er noch einmal etwas Luft holt, um sich dann zu mir zu drehen und auf mich zu zukommt.

„Verpiss dich", murre ich nur und bin wieder kurz davor ihn anzuspucken, aber das würde mir so oder so nicht weiterhelfen, weswegen ich den Gedanken von mir schüttle, auch wenn sein genervtes Gesicht danach unbeschreiblich amüsant gewesen wäre.
„Jimin, lass mich kurz mit dir reden", meint er und schließ die Tür, ehe er auch schon vor meinem Bett steht und mich nachdenklich mustert.

„Was willst du denn reden, huh? Ich hab kein Bock auf deine beschissenen Worte, die mir sowieso nicht weiterhelfen werden! Was sorgst du dich überhaupt so um mich?", zische ich und zerre kurz mit meinen Händen an den Fesseln, nur um ihm zu zeigen, wie sauer ich eben bin.

„Du weißt genau, warum ich mich um dich sorge. Ich hab das Spielchen auch total satt, dass du dich in der Öffentlichkeit verhältst als würden wir uns nicht kennen... Was bringt es dir? Aber egal... das soll nicht das Thema sein", sagt er schlussendlich etwas abwertend und setzt sich in die Hocke, sodass unsere Gesichter auf einer Höhe sind, legt seine Ellbogen auf seinen Knien ab und faltet die Hände vor seinem Gesicht, während er kurz die Augen schließt und so aussieht, als müsse er sich die richtigen Worte zusammen suchen, bevor er fortfahren will.

„Es ist mir schnuppe, was Thema ist und was nicht! Ich will einfach, dass du verschwindest!", hauche ich und wende meinen Blick von ihm, da ich seine besorgte Mimik echt nicht gebrauchen kann.

„Du musst mir zuhören. Eine andere Wahl hast du eh nicht, da du hier ans Bett gefesselt bist und erst in einer halben Stunde wieder los gemacht wirst-"

„Du hast aber nur fünf Minuten, also beeil dich lieber", provoziere ich ihn wieder, doch wage es immer noch nicht ihm in die Augen zu sehen.
„Gut, du hast recht... Jimin, ich will nicht, dass du wieder hier festsitzt. Es bringt dir nichts, ich habe sogar das Gefühl, dass es alles nur noch schlimmer macht. Hier ist niemand, der dir das Gefühl geben kann, welches du brauchst. Psychologen versuchen zwar, dir Vertrauen zu schenken, aber es ist nicht das Vertrauen, welches dir guttut. Du bist nicht dumm und weißt selber, dass es der Job von denen ist dir wieder auf die Beine zu helfen und genau diese Denkweise bringt dich an deine Grenzen. Aber man kann dir diese Denkweise auch nicht aus dem Kopf schlagen, da dein Wille viel zu groß ist.
Dein berechtigter Wille, Jimin. Aber es ist keine gute Lösung, verstehst du...?", erklärt er und lässt sich auf die Knie runterfallen, während mein Blick nun doch zu ihm wandert.

„Da draußen gibt es aber auch niemanden, der mir das Gefühl geben kann und das weiß ich, weil sich kein Schwein für mich interessiert! Und ich soll hier nicht sein? Yoongi, dann hättest du mich nicht herbringen sollen, verdammt! Du hättest mich springen lassen sollen... D-Dann wäre ich endlich glücklich gewesen... meine Seele zumindest... Für außenstehende mag es vielleicht keine Lösung sein, aber für mich ist es eine... Aber das versteht ihr nicht...", schluchze ich nun, da ich meine gesamte Kraft verloren habe.
Als hätte man mir meine ganze Hoffnung aus meinem Körper gezogen und mich hier zurückgelassen, alleine, verloren, verzweifelt, betend nach dem Wunsch endlich zu sterben. 

Aber mein Schicksal will das nicht. Zumindest nicht jetzt und das spüre ich auch. Und gegen das Schicksal anzukämpfen ist zwecklos.

„Auch wenn du mir nicht glaubst... Aber da draußen ist jemand, Jimin. Jemand, der an deiner Seite bleiben wird und dich lieben wird, du hast diesen jemand bloß noch nicht gefunden. Du musst warten und es auf dich zukommen lassen. Aber das geht nicht, wenn du nicht lernst, dass Suizid keine Lösung ist, wie ich vorhin gesagt habe. Du musst dir einen Anker, einen Grund suchen, warum es wert ist zu leben und du wirst ihn finden, das versichere ich dir."

Still, während die Tränen schon meine Wangen runterfließen, betrachte ich Yoongis Hände, die meine Linke sanft umschließen, aber es fühlt sich kalt an.
Es ist nicht die Wärme, die ich mir vorstelle oder nach der sich mein kindliches Ich so sehr sehnt, es ist pure Kälte und Leere die meine Hand umgibt, als würde mein Körper wissen, dass mir nicht mehr zu helfen ist.
„Y-Yoongi, bitte lass meine Hand los", murmle ich und starre immerzu auf seine kahlen Finger, die sich aber plötzlich von meiner Hand lösen, weshalb ich dankend nicke, aber meinen Blick immer noch auf meiner Hand habe.

Lange ist es still und diese Stille bedrückt mich, sodass ich kaum noch wage zu atmen, da man es hören könnte.
Doch dann sehe ich zu ihm und unsere Blicke treffen sich gleich darauf, weshalb er erwartungsvoll zu mir guckt, als hätte ich meine Meinung geändert, doch nun bin ich derjenige der etwas bemitleidend zu dem Älteren schaut.

„Es gibt keinen Grund, Yoongi. Für mich gibt es keinen Grund weiterzuleben und ich habe auch nicht die Kraft nach einem zu suchen... Versteh doch, deine Worte, deine Gesten... nichts bringt mir Wärme oder Zuneigung ein... Ich will einfach nur sterben..."
Wie, als hätte man ihm einen Dolch ins Herz gestochen, blickt er mich an und senkt seine Hände zu Boden. Fast schon geschockt über meine Ehrlichkeit und Offenheit steht er auf und blickt mein tränenerfülltes Gesicht an.

„Deine Schwester kommt dich morgen besuchen", sagt er nur monoton und starrt mich weiterhin an, doch seine Mimik scheint unverändert.
„W-Was? Ich will sie nicht sehen", meine ich sofort fest entschlossen und blicke wieder zu meinen Händen. „Jimin, sie ist deine Schwester. Und du kannst ihr nicht länger aus dem Weg gehen! Vor allem nicht jetzt! Du bist Onkel und in ein paar Monaten sogar Onkel von zwei Kindern... Und du hast nicht mal Myung zu Gesicht bekommen! Vielleicht nimmt sie ihn ja morgen mit..."

„Ich habe kein verdammtest Interesse an ihr! Sie war es, die mich daheim mit Appa allein gelassen hat, sie war es, die sich nicht mehr bei mir gemeldet hat, sondern nur noch Augen für ihren Ehemann und ihr Kind hatte! Ich hab das Gefühl sie kommt nur, wenn es mir schlecht geht. Ich will sie nicht hier haben!", protestiere ich und spüre schon mein vor Wut pulsierende Adern, weshalb ich wieder an den Fesseln rüttle, um zu entkommen, doch wieder ist es zwecklos.

„Jimin, das kannst du ihr nicht unterstellen! Sie ist erwachsen und führt nun mal jetzt ihr eigenes Leben. Doch trotzdem bist du Onkel und könntest deinen Neffen wenigstens mal besuchen oder so...", meint er und nun bin ich kurz davor zu explodieren.

„Du auch, Yoongi! Du bist verdammt nochmal auch Onkel! Also sag mir nicht, ich solle mich um meinen Neffen kümmern, obwohl du genau so unfähig dazu bist! Beziehungsweise warst! Doch du kommst auch nur, wenn es deinem Neffen schlecht geht! Und was ist, wenn sein Appa ihn mal wieder schlägt? Was ist, wenn er dich wieder heulend anruft, du aber nicht rangehst, obwohl du deinem Neffen gesagt hast, dass du immer für ihn da sein wirst? Bullshit! Und jetzt verpiss dich!", schreie ich ihn an und sehe, wie ihm die Tränen in die Augen steigen, doch das ist mir gleich.

Denn schon nach ein paar Sekunden kommt die Pflegerin und führt Yoongi heraus, weshalb ich wieder keuchend, alleine auf meinem Bett liege und anfange zu brüllen. Versuchen durch mein Geschrei all meine Wut und Verzweiflung herauszubekommen, doch je mehr ich schreie, desto stärker wird der Schmerz, der sich langsam und qualvoll in meiner Brust ausbreitet. 

~~~

Mich macht es so fertig, wenn Jimin weint, I can't!

Und was denkt ihr über das Verhältnis von Jimin und Yoongi? 

Aber wir hoffen einfach, dass Jimin bald denjenigen findet, der ihm das zeigt, wonach er sich innerlich wirklich sehnt  °^°

unattainable⇝{𝐣𝐣𝐤~𝐩𝐣𝐦} Donde viven las historias. Descúbrelo ahora