Gemütlicher Abend

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Alexander setzt sich neben Nici auf die Couch und nicht lange danach kommt Lukas schon mit ihrem Neffen in das Wohnzimmer. Ihr großer Bruder weiß, dass sie es nicht mit Kindern hat, probiert es aber hin und wieder immer noch. Johannes starrt sie an. Sie starrt zurück. Beide sind still und beide bewegen sich nicht, bevor der kleine Junge anfängt zu Weinen. Nici kann sich das zufriedene Grinsen nicht verkneifen, während dem Geistlichen das Herz bricht. Sein Blick geht zu Nicole und er schnippt ihr warnend an das Ohr, was sie zu ihm sehen lässt. „Was?" Er richtet sich die Brille und sieht sie nur vorwurfsvoll an. „Kann ich was dafür?" Nein, kann sie nicht. Aber dass sie dann auch noch so breit grinst! Lukas hingegen schmunzelt nur. „Na, wie sieht es aus. Gibst du deiner Tante ein Küsschen?" Sofort reißt die braunhaarige den Kopf zu ihrem großen Bruder und schüttelt leicht den Kopf. „Nö. Nein, das tut er nicht. Er will nicht in meiner Nähe sein, da muss man ihm das doch nicht aufzwingen." Abwehrend hebt sie die Hände und lächelt gezwungen. Doch ihr großer Bruder kümmert sich einen Scheiß darum. Während sie gern abhauen würde, kommt er zu ihr und drückt ihr Johannes einfach in die Hand. Mit einem entgeisterten Gesicht hält sie den Kleinen ein wenig von sich weg und mustert ihn von oben bis unten. „Jo, Brudi. Da müssen wir irgendwie durch, was?" Johannes starrt sie nur an, bleibt aber wenigstens still. Ihre Ohren sind dankbar für den Fakt. Lukas streckt eine Hand zu Anderson aus. „Hey, ich bin Lukas, ihr großer Bruder." Der Pater steht auf und selbst er muss nun den Kopf in den Nacken legen. Was für einen riesen hat sie sich da ausgesucht? „Alexander, mein Name. Das Englisch ist ziemlich gut." Lukas schnaubt amüsiert und nickt. „Klar, ich muss teilweise eben auch auf Englisch verkaufen." Alucard steht ebenfalls auf und stellt sich vor. Wo treibt seine kleine Schwester bitte solche Typen auf?! Und sie hat beide gleichzeitig? Bilder sind in seinem Kopf, die ihn trotz der Zeit in Afghanistan irgendwie verstören. „Nici, du kannst ihn auch auf deinen Schoss setzen, dann musst du ihn nicht die ganze Zeit halten!", meint er irgendwann und sieht zu ihr runter. Sie erwidert den Blick. „Du hättest ihn mir auch nicht geben müssen, dann hätten wir das Problem jetzt nicht!" Anderson sieht ebenfalls zu den beiden runter und dann zu Lukas. „Kann ich? Ich arbeite in einem Waisenhaus. Dann kannst du ein wenig entspannen und ich fühle mich schon fast wie daheim." Nur zögerlich stimmt er zu, denn an sich ist Alexander eben immer noch fremd. Aber es wären genug Leute da und wenn er in einem Waisenhaus arbeitet, sollte er mit Kindern umgehen können. Vorsichtig nimmt der Geistliche Johannes aus Nicoles Händen, die erleichtert aufatmen kann und setzt sich neben sie. Skeptisch beobachtet eigentlich jeder den Umgang von ihm mit dem Kleinen. Doch Johannes sieht sich nur um während er auf dem Schoss des großen Mannes sitzt, hat seinen Schnuller im Mund und tatscht ein wenig herum. Alucard sieht von Anderson zu Nicole, die seinen Blick schnell bemerkt und genervt erwidert. „Nein."

Schlussendlich merken die beiden aber schnell, dass das kleine Unschuldslamm einem die Nerven rauben kann. Bei einem ‚Nein' hört er gar nicht, auf seinen Namen hört er auch nur selten und wenn man ihm etwas verbietet oder wegnimmt, dann gibt es eine Heul- und Kreischtirade. Zufrieden trinkt Nici ihren gemachten Kaffee, lächelt vor sich hin und sieht die Verzweiflung in den Augen von Alucard und Anderson die nicht verstehen können, wie man so ein unerzogenes Kind haben kann. Als Lukas und Johannes wieder weg sind, nickt die braunhaarige. „Ich habs euch gesagt." Wie sehr sich der Pater hatte zusammenreißen müssen um nichts zu sagen und Alucard hat sich auf die Innenseite seiner Wange beißen müssen um die Klappe zu halten! „Bevor wir Kinder haben werden wir dir eindeutig die richtige Erziehung beibringen.", murmelt Anderson und Nici sieht zu ihm. Leicht perplex. „Hast du in nächster Zeit irgendwas vor von dem ich wissen sollte?" Darauf sagt er erst einmal nichts, bevor sich ihre Mutter räuspert. „Wie wäre es, wenn du sie ein wenig herumführst? Zeig ihnen doch mal die Umgebung, ihr seid doch wahrscheinlich die ganze Zeit nur gesessen und Bewegung tut gut. Frische Luft!" Skeptisch sieht Nici zu ihrer Mutter und runzelt die Stirn. „Willst du uns loswerden?" Keine zehn Minuten später stehen sie im Garten und gehen zum Gartentor, um von dort aus in den zwei Meter entfernten Wald zu gehen. „Du hast eine ziemlich... interessante Familie." Nici geht vor und duckt sich unter ein paar Ästen hindurch, die in ihrem Weg sind. „Chaotisch. Was meinst du woher ich das habe?" Alucard spürt die Anwesenheit von etwas, kann aber nicht sagen was. Es hat aber die Signatur eines Wertieres. „Wusstest du, dass du hier auch ein paar Wertiere hast? Ich weiß nicht was, aber ich spüre sie." Kurz dreht die braunhaarige ihren Kopf und zuckt mit den Schultern. „Ganz ehrlich? Mich wundert hier gar nichts mehr!" Erst jetzt erkennt Anderson, dass sie scheinbar hinter dem Kinderspielplatz entlang gehen und nun auf einer großen Wiese angekommen sind. In einiger Entfernung sieht Alucard einen Sportplatz, während rechterhand der Wald ist und links sich ein Feld erstreckt. „Wo willst du hin?" Aber selbst die junge Frau hat keine Ahnung wo sie hinsollen, also zeigt sie ihnen einfach nur ein paar der Orte aus ihrer Kindheit und erzählt ein wenig darüber. Der Sportplatz auf welchem sie ihre ersten Jahre im Fußball verbracht hatte, das alte Haus im Wald in welchem sie fast verschüttet worden wären, eines der Häuser in welchem früher einmal Leute gelebt haben mit denen sie sich gut verstanden hatte und bei denen sie immer etwas bekommen hatte und so weiter und so weiter. Es fühlt sich komisch für Alucard an, erstens in Deutschland zu sein und zweitens ist es hier extrem friedlich. Die Leute grüßen mit einem Lächeln und selbst er und der Pater werden begrüßt. Hin und wieder wird Nicole aufgehalten wenn sie mit irgendjemandem spricht den sie von früher kennt. Anfangs war er der Meinung dass sie beliebt gewesen sein musste! Aber nach und nach wird ihm erklärt, dass man sie einfach noch von früher kennt. Die Foychtners... die kennt man in diesem Dorf einfach.

VUSWhere stories live. Discover now