K A P I T E L 26

16.5K 483 14
                                    

E d w a r d

Am Tag, als Ellie ging.

„Noch ein", sage ich zu dem Barkeeper vor mir. „Wirklich? Hattest du denn nicht genug?" Wütend funkle ich ihn an. „Sag mir nicht, was ich zu tun und zu lassen habe." Schnell nickt er und gießt mir gleich zwei Shots ein. Meine Ausstrahlung hat es immer noch drauf. Schnell kippe ich mir das Zeug hintereinander in den Rachen. Ich bin betrunken. Sehr betrunken. Aber was soll's! Ich habe nichts zu verlieren. Sie ist sowieso schon gegangen. Noch immer kann ich ihre warme, weiche Haut unter meinen Fingern spüren. Sofort werde ich wieder hart. Fuck. Ich hasse es, was sie für Auswirkungen auf meinen Körper hat. Ihr Stöhnen hallt in mir nach und ich bekomme eine Gänsehaut. Ihr vor Lust verschleierter Blick, der sich so tief in meinen Kopf gebrannt hat, dass ich wohl für immer dazu verflucht bin, mich an diesen Tag zu erinnern. Verdammte Scheiße. Wütend auf mich bestelle ich noch ein Drink. Ich bin noch nie jemand gewesen, der seinen Kummer in Alkohol ertränkt hat. Doch für alles gibt es ein erstes Mal, nicht?
Ich habe sie angefleht zu bleiben. Angefleht! Ich! Wieso muss es denn Australien sein? Wieso gleich ein anderer Kontinent?
Ich will dich hier, Ellie. Hier bei mir. Unter mir. Schreiend, vor Lust nach mir. Es hatte nichts zu bedeuten, spotte ich innerlich. Nichts zu bedeuten. Wenn ich nicht lache. Für mich ist es alles gewesen, Ellie. Siehst du es denn nicht, dass ich nur für dich die beschissenen Sterne vom Himmel holen würde?! Nur für dich. „Eine Frau, hm?", fragt mich der Barkeeper. Echt jetzt? „Halt die Fresse und kümmere dich um irgendeinen anderen Idioten, der deine schlechten Barkeeper Ratschläge hören will, denn dazu ist mir meine Zeit zu kostbar", knurre ich und er wendet sich sofort jemand anderen zu. „Hey, Süßer, ich beobachte dich schon den ganzen Abend", spricht mich irgend so eine Frau an. Ich sehe zu ihr. Sie ist hübsch, aber nicht so, als dass es mich reizen würde. „Dann geh wieder zurück und beobachte weiter", brumme ich und trinke von meinem Whiskey. „Ach komm schon", lasziv leckt sie sich über die rotbemalten Lippen. „Hör mal... du bist reizend, aber das ist WC-Reiniger auch", überrumpelt sieht sie mich an, ehe sie eine Fliege macht.
Der Abend nimmt seinen Lauf. Ich trinke, bis mir die Scheiße aus dem Hals hängt. Eigentlich hasse ich Alkohol. Gott, eigentlich hasse ich ihn so sehr. Was machst du nur mit mir, Ellie? Vielleicht sollte ich auch einfach nach Australien fliegen? Okay, nein. Das kommst psychomäßig. Oder? Fuck, mein Schädel dröhnt. Ich lege einige Scheine aus meiner Brieftasche auf den Tresen. Ist bestimmt viel zu viel. Naja, was soll's.
Torkelnd gehe ich nach draußen und atme die frische Luft in meine Lungen. Irgendwie gibt es zwei Straßen? Aber sie sehen so gleich aus... Sind es vielleicht dieselben und ich habe schon so viel intus, dass ich doppelt sehe? Schwankend gehe ich einfach in eine Straße und hoffe, den Weg zu mir nach Hause zu finde. Ach fuck, was soll ich denn da. „Sie ist ja weg", murmle ich vor mich hin. Aber ich könnte schlafen... Hm... schlafen. Klingt so schön. „Ich würde gerne mit dir schlafen...", kichere ich. Vielleicht hätte ich ihr das einfach sagen sollen. „Ellie, ich will dich ficken." Hm... Naja ich glaube, das wäre nicht so gut gekommen. Oder sie hätte mich sofort besprungen. Das zweite wäre mir auf jeden Fall lieber. Bilder von ihr unter mir, auf mir, neben mir. Shit. Ich hätte sie auch einfach an mein Bett binden können. Kein Ausweg... hehe. Nun gut, das wäre dann wahrscheinlich auch nicht die beste Idee gewesen, aber auf jeden Fall hätte es funktioniert. Was ist, wenn es ihr gefallen hat? Kurz gebe ich mich dem schönen Gedanken hin. Sie klang so, als hätte es ihr gefallen. Mein Name auf ihren sinnlichen Lippen. Gott. Plötzlich stoße ich gegen jemanden. „Du Penner! Pass doch auf", brüllt er und schubst mich auf die Straße. Was ist das denn für ein Typ? Desinteressiert laufe ich weiter, doch er hält mich auf. „Da sagt man Entschuldigung!", knurrt er. „Sicher nicht", gewaltsam entreiße ich mich. Heftig schupst er mich in eine Seitengasse und pfeift einmal laut. Entweder sehe ich doppelt oder es stehen fünf Typen hinter ihm. Böse funkeln sie mich an. Fuck. „Entschuldige dich." „Nein", lache ich nur und weiß nicht einmal woher diese Belustigung kommt. „Was?!", keift er. „Lachst du mich aus, du Spast?!" „Jap", kichere ich und werde daraufhin auf den Boden gestoßen und ein paar heftige Tritte in die Magengrube folgen. Schmerz. Mein altbekannter Freund. Ich habe dich wirklich vermisst. Keuchend wölbe ich mich auf und spuke angeekelt das Blut auf den Asphalt. „Wie sieht's jetzt aus?", fragt er mich und packt mich an den Haaren. „Geht einfach. Ich will euch nicht wehtun." Ich mustere die Typen vor mir, die belustigt auflachen. Sie haben alle russische Wurzeln und sie gehören einer Gang an. Vielleicht auch schlimmer. Mafia? Fuck. Schwach mache ich die Waffen aus und mustere die Tätowierungen.
Mafia.
Gerade als der kleinste von ihnen, der mich eben so dumm angemacht hat, mit seiner Faust in mein Gesicht schlagen will, halte ich ihn mit einer Hand auf. Überrascht sieht er auf seine Faust in meiner Hand. Der Rest passiert nur noch instinktiv. Ich schmeiße den Kleinen über meinen Rücken, weiche dem ersten Schuss aus und schlage denjenigen k.o.. Die anderen zwei sind ein Kinderspiel. Mit der Waffe des anderen, schieße ich dem einen ins Bein, den anderen in den Fuß und den letzten sehe ich nur finster an. Zitternd hebt er die Hände und lässt seine Waffe fallen. Braver Junge.
Stöhnend, keuchend und zitternd winden sie sich auf dem Boden. Sie sehen mir noch hinterher, wie ich die Gasse verlasse und nach Hause laufe. Vielleicht sollte ich Ellie auch einfach morgen anrufen? Den ganzen Weg zurück überlege ich mir, was ich tun soll. Wegen dem Alkohol sind meine Gedanken fast nur Schrott und nicht zu gebrauchen. Keinen weiteren Gedanken verliere ich an die Typen, obwohl es im Nachhinein vielleicht besser gewesen wäre. Denn sechs Monate später stehe ich knietief im Blut. Besser gesagt: ich stecke knietief in der Scheiße.

My Hero. Where stories live. Discover now