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Maxime

Eine ganze halbe Stunde habe ich es neben Raven ausgehalten, bevor ich mein Buch zurückgelegt habe und zu meinem Zimmer gelaufen bin.
Dieser Bastard kann nicht einmal meine Privatsphäre berücksichtigen.

Doch die Unsicherheit ist nun so groß, dass ich tatsächlich kurz vorm heulen bin.
Soll ich auf diese Party?
Oder soll ich lieber in meinem kuscheligen Bett liegen, Musik hören und etwas zeichnen?
Tatsächlich klingt das zweite viel verlockender als das erste.

Doch ich will auf die Party.
Ich will ihnen zeigen, dass ich da bin.
Wenn das überhabt Sinn ergibt.
Sie sollen nicht denken ich sei irgendein Mädchen, welches von irgendwo hierher gekommen ist und kein soziales Leben hat.
Wieso ist mir das überhabt wichtig?
Wieso ist es mir auf einmal so wichtig geworden, was die anderen von mir denken?

Schnaubend nehme ich mir mein graues Kissen in meine Hände, presse es gegen mein Gesicht und schreie.
Ich schreie und schreie, bis das Gefühl erdrückt zu werden, verschwunden ist.
Als würde ich den Dämon, der sich in mir breit gemacht hat, ausschreien.
Schwer atmend lasse ich das Kissen sinken und lege mich seufzend auf mein Bett.

Die letzen Vögel sind gerade dabei zu zwitschern und ihren Weg zu ihren Nestern zu finden, während die Dunkelheit langsam einbricht.
Mein verfickter Traum ist wahr geworden, hier an dieser Academy unterrichtet zu werden und ich mache mir Gedanken über eine Party!
Ich gehe.
Ein wenig Spaß tut jedem gut.

Ich spüre wie sich nun ein kleines Grinsen auf meine Lippen schleicht, als ich mich langsam erhebe und mir das schwarze Kleid, mit dem Loch zwischen den Brüsten, aus dem Schrank fische.

Was würde Jo zu diesem Kleid sagen?
Wie wäre es, wenn sie hier wäre und wir uns nun beide für die kleine Party fertig machen würden?
Seufzend nehme ich mir meinen dunkelroten Lippenstift und male noch einmal meine Lippen nach, bevor ich mich ein letztes Mal im Spiegel betrachte.

Das Kleid, die High Heels, das Make-Up, der Schmuck und mein hoher Pferdeschwanz sitzen perfekt.
Der Lockenwickler lacht mich zwar verlockend an, doch mit meinem lockeren Zopf, fühle ich mich doch am wohlsten.
Seitdem Mum weg ist, musste ich mir ihn selber machen.
Also, seitdem ich sieben bin

Zwar hat Dad versucht ihn bei mir zu machen, hat sich sogar Tutorials dazu angeguckt, doch hat es nie wirklich hinbekommen.
Die Erinnerungen daran, wie er konzertiert versucht meine wilden Haare zu einen Zopf zu kämmen, lässt mich schmunzeln und weinen zu gleich.
Doch bevor die Mascara verschmiert, die ich eben erst aufgetragen habe, blinzle ich mir die paar Tränen schnell beiseite.
So wie Dad es nach dem verschwinden von Mum gemacht hat.

Schwäche zeigen ist etwas für Schwächlinge.
Nie wollte er mir zeigen, wie sehr es ihn mitgenommen hat, doch irgendwann sind alle Gefühle ineinander gebrochen und nur ein paar Momente später, lag er völlig betrunken vor mir, weinte, er sei ein schrecklicher Vater und würde es nicht verdienen zu leben, bevor ich als kleines Kind vor ihm weggerannt bin.
Ich hatte Angst.
Wer hat das nicht, wenn man seinen Vater lallend auf dem Boden liegen sieht und er versucht dich in seinen Arm zu schließen, während er von deiner weggelaufenen Mutter faselt.

Kein weiteres Mal hatte er mit mir über diesen Vorfall geredet.
Er hat die Gefühle und Emotionen in sich hineingefressen.
Die einzige Lösung, niemanden zu verletzen.

Noch einmal schwer ein und aus atmend, nehme ich mir meine schwarze Tasche und öffne die Tür.
„Los Maxime", flüstere ich nervös zu mir selber und schließe die Holztür hinter mir, ziehe meinen Zopf zurecht und trete nach draußen in die frühe Nacht.

Laute Musik kommt mir entgegen, während ich die große Tür zum besagten Gebäude öffne.
Es scheint als hätten die Schüler ein ganz eigenes Haus für Partys oder sowas.
Wenn die Lehrer davon wissen würden, währen alle schon nicht mehr hier.

Nervös klammere ich meine Finger um das schwarze Leder meiner Tasche, laufe langsam in das Getobe, bevor ich freundlich von einer Hand auf meiner Schulter aus meinem Gestarre gerissen werde.
„Nuevo!", lächelt Miles schwankend und legt seinen Arm nun ganzen um meine Schultern.
Lächelnd begrüße ich ihn, unwissend was ich von dem ganzen halten soll.

„Ich wusste, dass du kommst." „Woher?", frag ich spaßig und bahne mir mit Miles um meine Schultern einen Weg durch die laute Menge.
„Niemals würdest du so eine Party verpassen wollen."
Verführerisch leckt er sich über seine feuchten Lippen, schaut mir in die Augen als wäre ich ein Porträt von Leonardo da Vinci und schaut schließlich wieder nach vorne, während er noch einen Schluck von seinem Bier nimmt.

Völlig überfordert huscht mein Blick durch die vielen Menschengruppen, wo jeder einzelne hübscher als der andere ist.
Die Wände sind Mamor, genau wie die restliche Academy, große Engelsstaturen ragen an manchen Ecken aus den Wänden und die Musik wird aus den großen Boxen abgespielt, welche überall in diesem Haus verteilt zu sein scheinen.

Überfordert stolpere ich über einen der roten Plastikbechern, stoße gegen tanzende Jugendliche und störe ein hübsches Paar beim rummachen.
„Oh Gott", flüstere ich leise und fahre mir mit einer Hand über meine Augen, ehe ich von Miles auf den Boden geschubst werde.
„Ups", lallt er vor sich hin, bricht in laues Gelächter aus und versucht sein alkoholisches Getränk, welches auf dem Boden neben mir gelandet ist, aufzuheben.
Dabei entgeht mir sein Blick zu meinem Arsch leider nicht.

„Maxime Stevens."
Ein kalter Schauer läuft mit über den Rücken, als ich die dunkle Stimme hinter mir wahrnehme und schließlich zwei muskulöse Hände unter meinen Axeln.
Mit Leichtigkeit hebt er mich wieder auf meine Füße und dreht mich schließlich zu sich um.
Nicht mehr weit entfernt von seinem verlockenden Mund, huscht Ravens Blick langsam zu meinen Brüsten, bevor er sich noch einmal bückt und mir meine Tasche in die Hand drückt.
„Verlier am besten nichts", fängt er an mir leise ins Ohr zu flüstern, „jeder nimmt sich das, was er findet."

Seine grau-blauen Augen, die verlangend in meine starren, seine blutroten Lippen.
Alles an ihm ist perfekt.
Selbst dieses zerrissene Hemd, welches anscheinend schon so einiges diesen Abend erleben musste, sieht heiß an ihm aus.

Mit einem Nicken signalisiere ich ihm, dass ich verstehe, worauf er sich wieder zurück zieht und schweigend an mir vorbei läuft.
Sein verführerischer Duft liegt weiterhin in meiner Nase.
Ein Hauch von Rosen, Rauch und Alkohol.
Wie ein Gott.

Unsicher was ich nun tuen soll, blicke ich um mich, doch finde niemanden, der mir auch nur ansantzweise bekannt vorkommt.
Die Musik dringt so laut in meine Ohren, genau wie das Menschengeschrei, sodass ich sowieso kein vernünftiges Gespräch aufbauen könnte.

Mit mahlenden Kiefer drehe ich mich also wieder um und laufe dem Braunschopf hinterher.
An einer Bar anhaltend, bestellt er sich mit einer Handbewegung sein Getränk und zögernd ein zweites.
„Für die hübsche Dame hinter mir."
Augenverdrehend stelle ich mich neben Raven, da ich sonst keine Ahnung habe was ich auf dieser Party tuen könnte.

„Auf deine erste Party an dieser Academy",grinst er, hebt sein Glas, was ich ihm zögernd nach mache.
„Und meine letze", Hänge ich murmelnd an, wodurch ich ihn ein leises Lachen entlocke.
„Sicher?"
Doch als Antwort leere ich das Shotglas zwischen meinen Fingern und stelle es zurück auf die Theke.
„Wir sehen uns." Und mit diesen Worten, einem letzen sexy Blick, verschwindet er ein weiteres Mal in der Menschenmenge.

Definitiv zu viele Menschen hier.

Definitiv zu viele Menschen hier

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Raven Where stories live. Discover now