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Maxime

Wie viele Minuten, oder sogar Stunden, starre ich nun auf die ganzen Storys der Jugendlichen die gerade dabei sind sich auf der Party von Nella zu betrinken? Viel zu viele. Und nach einem weiteren, viel zu unnötigen Selbstgespräch mit mir selber, habe ich erneut entschieden nicht hin zu gehen.
Ich will nicht noch mehr riskieren, wie ich es sowieso schon habe.

Es reicht mir mit Demütigung, eingebildeten Menschen, Alkohol, Drogen, viel zu lauter Musik und Raven. Oh Gott. Schon der Gedanke an Raven macht mich fertiger als das Workout, welches ich eben zu Ende gebracht habe.

Seufzend schließe ich meinen Bildschirm, lege mein Handy mit dem Rücken nach oben neben mich auf das Bett, schließe meine Augen und versuche an nichts zu denken. An nichts, außer wie ich mein Leben Stück für Stück verbessern kann. War diese Academy doch nicht der Traum, der sich erfüllen hätte sollen? Vielleicht war es ein Fehler hierher zu kommen. Ein Fehler, welcher nur noch mehr Dunkelheit und Grausam mit sich zieht.

Wo wäre ich wohl jetzt, wäre ich nicht an dieser Academy? Würde ich schon arbeiten? Würde ich mit Mirabelle noch zusammen leben? Würde ich vielleicht mehr um meinen Dad trauern? Ich weiß es nicht und werde es niemals erfahren, denn ich habe diesen Weg gewählt. Ich habe es gewählt zu studieren, später etwas großes zu erreichen und mich von niemanden ausbremsen lassen.

Nur leider hilft Raven mir nicht besonders dabei.

Erneut seufze ich, drehe mich auf meinen Bauch und starre an den Lichtschalter, welcher viel zu weit weg ist, um ihn ausknipsen zu können. Langsam schließe ich meine Augen. Lasse all die Gedanken und Gewissensbisse aus meinem Körper gleiten und versuche die Hintergrundgeräusche auszublenden, welche sich sehr stark nach der Party anhört, die anscheinend in einem der Wohnhäuser gehalten wird.

Doch ein leises, zögerndes Klopfen weckt mich aus meinem leichten Halbschlaf. Verwirrt schaue ich auf die weiße Tür, welche Stück für Stück weiter geöffnet wird, bis ich ein schwarzes Oberteil -ein Hemd um genauer zu sein-, eine graue Jeans und dunkle verwuschelte Haare erblicken kann. Und als ich nun verstehe, wer da gerade vor meinem Zimmer steht und dabei ist meine Tür zu öffnen, stöhne ich genervt auf.

Nicht einmal einen Abend kriege ich es hin ihm nicht zu begegnen. „Wow", gibt er leise von sich. „Nicht die schönste Art begrüßt zu werden." Mit noch halbgeschlossenen Augen, verdrehe ich sie dennoch und murmle eine Antwort. „Nicht gerade die beste Art, abends, oder eher gesagt nachts, in mein Zimmer zu kommen."

Ein schmales Grinsen bildet sich auf seinen Lippen, bevor er nun ganz in den hellen Raum tritt und die Tür hinter sich ins Schloss fallen lässt. Kurze Zeit steht er da. Schaut ein paar Sekunden länger als sonst auf die Tür, dreht sich dann doch zu mir, krempelt sein Hemd über seine Arme und kommt räuspernd einen Schritt weiter in den Raum.

Doch ich sage nichts. Nicht, dass er verschwinden soll. Nicht, dass er nervt, oder, dass es nichts bringen würde hier zu stehen und mir in die Augen zu blicken. Denn das tut es. Aus irgendeinem, unerklärlichen Grund, beruhigt mich sein blinzeln.

Ein Mal. Nein zwei, drei mal blinzelt er nun, während er mir abwechselnd in die Augen und in das Zimmer schaut. Wir sagen weiterhin nichts. Schauen und ab und zu an, bevor ich erneut meine Augen schließe und einfach unser Schweigen reden lasse.
Denn manchmal sagt Schweigen mehr aus, als es Worte können.

Aber als ich schließlich höre wie er langsam, aber dennoch schneller als vorher, von einer Seite des Raumes zur anderen läuft und anscheinend eine meiner Schubladen an meinem Schreibtisch öffnet, zwinge ich mich dazu erneut zu beobachten, was er vor hat.

„Lass das", zische ich, „das ist privat." Dennoch halten ihn meine Worte nicht davon ab, eine weitere Schublade zu öffnen, bis er anscheinend das gefunden hat, wonach er gesucht hat. Und anders als erwartet, hält er nun meine Pinsel, ein paar meiner Farben und ein altes Handtuch, welches schon mehr Farbtupfer auf sich hat, als ich zählen kann, in seinen Händen.

Raven Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt