Raven

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Maxime

„Scheiße!", fluche ich leise vor mich hin, reiße das Blatt aus dem Block und forme es aggressiv zu einem kleinen Papierball, bevor ich es gegen die Wand schmettere.

„Hör einfach auf", gibt Jo sichtlich genervt von sich und scrollt weiter durch ihr Instagram. „Schreib die Seiten einfach morgen zu Ende?" Doch ich schüttle wütend meinen Kopf. Viel zu viele Sachen gehen mir durch den Kopf. Zu viele Sachen, die mich ablenken und meine Fähigkeiten an dieser Academy in Frage stellen. Ich muss das heute endlich fertig bekommen.

Doch das einzige an das ich die letzen Tage ununterbrochen denken konnte, ist Raven. Raven und wie er mich in Raum 232 entjungfert hat. Heilige Scheiße, wie konnte ich das überhaupt zulassen? Vielleicht war es meine Verliebtheit, die mich dazu gebracht hat ihm zu vertrauen. Doch nachdem er an diesem Nachmittag noch spurlos verschwunden ist und heute morgen anscheinend erst wieder aufgetaucht ist, stellt dies meine Gefühle für ihn in Frage.

Nervös sitze ich nun seit mehreren Stunden in der Bibliothek, warte immer noch drauf, dass er zu mir kommt, mich vielleicht küsst, oder auch einfach nur mit mir redet, mir ein Lächeln zuwirft und sagt wie wunderschön dieser Mittag war und mir eine einfache Entschuldigung schildert, wieso er eine ganze Woche gefehlt hat. Doch von Minute zu Minute, bröckelt diese Vorstellung dahin.

„Raven soll heute anscheinend wieder aufgetaucht sein", meint Joel nun leise und zeigt mir einen weiteren Post, doch ich schiebe ihre Hand schnell beiseite. „Mich interessiert nicht wo er die ganze Zeit war." „Hab ich doch auch nicht gesagt", meint sie verwirrt und zieht ihre Augenbrauen fragend in die Höhe. „Denkt da einer zu viel über den mysteriösen, reichen jungen Mann nach?" Doch der fragende Blick wechselt zu einem besserwisserischem Grinsen, während sie ihr Handy auf den Tisch sinken lässt.

Augenverdrehend versuche ich erneut den nächsten Satz meines Aufsatzes auf das Blatt Papier zubringen. Doch mal wieder nervt mich der Gedanke an letzter Woche.
Seine Berührungen. Seine Küsse. Sein Stöhnen. Sein Körper.

Laut seufzend schmettere ich meinen Kugelschreiber auf den Tisch, lehne mich erschöpft nach hinten und schließe meine Augen. Alles wäre mir lieber. Sogar an Dad würde ich lieber denken müssen statt an ihn. Wieso er? Wieso nimmt er all meine Gedanken ein? Sind die Gefühle die ich für ihn empfinde so stark?
Fuck.

„Nella feiert heute ihren Geburtstag", wechselt Joel nun das Thema und lässt mich wieder zu ihr blicken. „Die Blondine die ich geschlagen habe?" „Genau die." Lautes Gelächter kommt von uns, worauf wir mehrere böse Blicke der anderen einkassieren. „Wie gerne ich dabei gewesen wäre", lacht Jo weiter, streicht sich ihre imaginären Tränen von ihrer Wange und schüttelt ungläubig den Kopf. „Ich hätte dich angefeuert."

Ein breites Lächeln schleicht sich über meine Lippen, doch genau so schnell wie es gekommen ist, geht es wieder. Es ist, als würde eine Stimme in mir schreien, es ihr zu erzählen. Wenigstens mit einer Person über Raven und dem Sex zu reden, doch die Angst siegt mal wieder. Sie könnte mich verraten. Sie könnte der ganzen Schule durch einen Post erzählen was passiert ist. Es ist schrecklich das ich auch nur ansatzweise daran denke, sie würde zu so etwas fähig sein. Sie ist doch meine Freundin. Oder nicht?

„Ich werde nicht gehen." „Wie bitte?" Ein empörtes Lachen, bevor sie mir ernst in die Augen blickt. „Nein ernsthaft. Du solltest gehen. Das würde dich vielleicht mal von der ganzen Scheiße hier ablenken." Demonstrierend wischt sie über meine voll gekritzelten Blätter und lehnt sich seufzend in ihren Sessel. „Sogar ich werde gehen." „Wie kommt dieser Sinneswandel? Ich dachte du würdest niemals auf meine Party von ihnen gehen?"

„Auf keine von Raven und seinen Freunden. Die von Nella und ihren Freundinnen sind meistens harmlos." Doch ich schüttle sofort meinen Kopf. „Ich werde nicht gehen." Sofort sehe ich die Enttäuschung in ihrem Ausdruck. Und für einen kurzen Moment denke ich, sie wird mich anschreien, doch schon im nächsten Augenblick, wird sie von einem tiefen, männlichen Räuspern unterbrochen.