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Maxime

Schwer atmend spüre ich wie die Kälte, die sich über meinen ganzen Körper verteilt, nun nicht mehr so stark zu spüren ist, wie der Hass den ich für Raven in mir trage.

Schlagen. Verprügeln. Anschreien. Schlagen. Verprügeln. Anschreien. Gehorchen lassen.

Das verlangt er von seinen Mitmenschen. Er will das ihm alle gehorchen. Mein weinen wird unabsichtlich lauter, als mir die Bilder der blutenden Gesichter in den Sinn kommen. Das ganze Blut. Diese Wunden. Schnell wische ich mir die Tränen von meinen Wangen, bevor ich meinen Arm wieder vor meine Brust lege.

Gedemütigt. Das wurde ich. Minuten langer Scham.
Geweint habe ich, gebettelt, gefleht und keiner hat mich gehört. Ich wollte in meinem Zimmer die restlichen Aufgaben für den nächsten Tag machen, bevor ich von jemanden in den kleinen Springbrunnen geschubst wurde. Nicht einmal die Mädchen haben mich raus gelassen. Zurück geschlagen wurde ich, wenn ich dem Rand zu nah gekommen bin. Ein Wunder das ich nicht angefasst wurde.

Plötzlich nehme ich schnelle Schritte wahr, die mir ununterbrochen folgen. Sofort gehe ich schneller, versuche denjenigen abzuhängen. „Maxime." Es ist Raven. Doch ich bleibe nicht stehen. Er hat sie verprügelt. Er hat sie auf den Boden geschlagen und hat das blutige Gesicht vor meins gehalten.

Mit zitternder Unterlippe öffne ich die Tür zu Haus sieben und laufe durch den langen Flur. Mein Zimmer scheint endlos weit weg zu sein, denn egal wie schnell ich laufe, meinen Raum erreiche ich nicht. „Maxime!" Er hört sich... verzweifelt an?

Nun spüre ich seine kalte Hand auf meiner Schulter, worauf mich eine Welle der Trauer überkommt und ich stehen bleibe. Ich rühre mich nicht, drehe mich nicht zu ihm, sondern schluchze einfach. Wie können Menschen so grausam sein? Ich habe ihnen nichts getan, wieso dann?

Ich weine weiter, als er mich dennoch zu sich dreht. Ich weine weiter, als er seine Hände auf meine Wangen legt. Ich weine weiter, als sein Blick zu meinem nassen Oberteil gleitet.
Doch ich höre auf zu weinen, als er seine Lippen auf meine legt.

Geschockt stockt mein Atem, während seine Lippen meine berühren. Seine Lippen auf meinen. Rot auf rot. Zart auf zart. Nass auf nass.
Die Tränen kullern dennoch weiter über meine Wangen. Laufen zwischen unsere zusammen geführten Lippen und lassen mich doch weiter atmen. Seine Augen sind zwar geschlossen, doch ich kann den Schmerz in dem Kuss spüren. Seinen Schmerz. Nicht nur meinen.

Zögernd schließe ich meine Augen, lasse meine Lippen auf seinen, da das Gefühl richtig, geborgen und sicher zu sein, zunimmt. Die Verzweiflung, die ich zuvor gespürt habe, scheint verschwunden. Seine Hände streichen über meine Wangen, während er seine Lippen zart anfängt zu bewegen. Der Schluchzer, welcher aus meiner Kehle entflieht, hält ihn nicht davon ab seinen Oberkörper stärker gegen meinen zu drücken.
Unsicher ob es richtig ist meine Hände auch auf sein Gesicht zu legen, hebe ich sie, doch lege sie nicht auf seine Wangen.

Ich darf ihn nicht berühren.
Doch auf einmal fühlt es sich wie das sicherste seit langem an. Es scheint als wäre er der einzige der mich versteht. Er hat mich gerettet. Er hat mich gerettet. Er war mein Retter.

Dennoch zögere ich, öffne meine Augen, was er mir gleichtut. Sein Blick liegt weiterhin in meinem verweintem Gesicht, bevor er sich zitternd über die Lippen leckt. Sein Blick huscht zu meiner Hand, welche immer noch neben seiner Wange platziert ist, unsicher ob ich ihn berühren sollte.
Vorsichtig schließt er seine Hand um sie, führt sie langsam zu seinen Lippen und lässt meine Finger über sie gleiten. Sein Atem wird ungleichmäßig, genau wie meiner. Mein Herz, welches zuvor damit beschäftigt war nicht zu sterben, ist nun dabei so schnell zu schlagen wie noch nie.

Raven Where stories live. Discover now