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Maxime

Nun auf den Weg zu meiner zweiten Vorlesung, welche ich bei meinem Glück mit Jo habe, halte ich schnell an der Cafeteria. Dankend nehme ich mir meinen warmen Kaffee und puste vorsichtig in die heiße Flüssigkeit, um meine Zunge nicht all zu dolle zu verbrennen.

Es ist schlimmer als gedacht.
Egal wohin ich schaue, alle sehen auf mich. Egal wohin ich höre, alle reden über gestern. Und egal auf welcher Website ich unterwegs bin, ich sehe Videos. Videos, wie ich inmitten des Teiches hocke, meine Arme vor meinen Brüsten verschränke, weine und verzweifelt in die Gesichter der Menschen starre.

Es ist so erniedrigend. Es wird nie wieder etwas anderes geben, worüber alle reden werden. Mein Handy habe ich schon längst ausgeschaltet, denn seitdem die erste Vorlesung gestartet hat, habe ich Unmengen von Videos, oder Nachrichten bekommen.

Seufzend versuche ich ,wie schon den ganzen Morgen, alle um mich herum auszublenden und einfach Joel zu finden, welche irgendwo in diesem Flur stehen müsste, sodass ich ihr den zweiten Kaffee händigen kann, welcher gerade dabei ist meine Hand zu verbrennen.

„Hier", sage ich endlich, reiche ihr den Pappbecher und lehne mich neben ihr gegen die kalte Marmorwand. „Alle schauen mich an", murmle ich angespannt und knete meine erhitzen Finger. „Ich weiß, es ist einfacher gesagt als getan, aber beachte sie einfach nicht. Genauso wenig wie die Fotos und so. Die wollen doch nur das du dich aufregst."
Ich nicke. Weil ich genau weiß was sie meint. „Ich weiß."

„Aber da Raven dich gerettet hat und den wahren Helden gespielt hat", mit einem Augenverdrehen sagt sie seinen Namen, „wird dich sowieso keiner mehr demütigen." „Was? Wieso?" Ich spüre wie sich Hoffnung in mir breit macht. Keine Demütigung mehr? Ich würde alles dafür tun. Glaub ich.
„Er ist einer der beliebtesten und auch irgendwie gefährlichsten und einflussreichsten an dieser Academy. Hast du ja heute morgen gesehen." Zögernd schlürft sie ihren heißen Kaffee und schaut misstrauisch durch den ganzen Gang. Weitere Menschen, welche gleich ebenfalls in den Raum müssen, sammeln sich neben uns.

„Wieso einflussreich? Ist sein Vater der Direktor oder?" Ich weiß gar nicht, wieso ich das alles nachfrage, doch es scheint mir, als wäre es gut über das meiste Bescheid zu wissen. Ich muss wissen wie sie alle ticken. Ich muss alles und jeden verstehen.
„Nein", lacht sie und nimmt einen weiteren Schluck ihres Kaffee's. „Aber seine Eltern sollen mehr Geld bezahlt haben oder so. Würd ich auch machen, wenn ich so steinreich wäre." „Sind wir nicht alle reich an dieser Academy?"

Mit einem Nicken zeigt sie mir das ich richtig lag. Aber anscheinend nicht so sicher, dass sie aufhört zu erklären. „Nicht so reich wie er. Seine Eltern haben irgendwas mit Pferderennen am Hut." „Pferderennen?" Ein leises Lachen kriecht aus meiner Kehle, während mir das Bild, wie Raven auf solch einer Veranstaltung versucht vornehmen zu sein, nicht aus dem Sinn geht. Raven und Pferderennen? Anscheinend weiß ich noch so gut wie gar nichts über ihn.

„Wenn mans' richtig macht, verdient man richtig viel dabei." Staunend, als würde sie sich gerade das ganze Geld vorstellen, weiten sich ihre Pupillen, genau wie ihr Mund, sodass ein weiterer Schluck Kaffee ihre Kehle hinunterfließt.
Doch ehe ich etwas darauf antworten kann, öffnet uns ein älterer Herr die Tür zu unserer Vorlesung.

„Ich hab jetzt frei", gibt Jo stolz von sich und schultert ihre schwarze Ledertasche, worauf ich neidisch meine Augen verdrehe. „Sehen wir uns morgen?" Sie nickt einmal, bevor sie aus dem Raum verschwindet, genau wie ich, nur in die entgegengesetzte Richtung. Mit meinen Gedanken bei den Zetteln, die ich bis heute auswendig lernen sollte, stößt ein blondes Mädchen gegen meine Schulter, worauf ich taumelnd gegen die Wand falle.
Ein leises Zischen kommt über meine Lippen, während der Schmerz durch meine Schulter fließt und ich mich so schnell wie möglich wieder aufrecht hinstelle. „Was soll das?", frage ich nun und starre sie warnend an, doch sie scheint nicht die zu sein, für die ich sie gehalten habe.

Unschuldig blickt sie auf ihre Bücher, welche neben ihr auf den Boden gelandet sind, bevor sie sich vollen Herzens bei mir entschuldigt. Schnell bücke ich mich und helfe ihr die Bücher zusammen zu packen, während mein Blick hinter ihr gleitet, wo das blonde Mädchen, welches mich unbedingt auf der Party haben wollte, mit ihren zwei braunhaarigen Freundinnen steht. Lachend schauen sie auf uns hinunter, worauf sich mein Kiefer wütenden anspannt und ich mich ebenfalls bei dem Mädchen entschuldige, die gerade dabei ist ihre Haare hinters Ohr zu streichen.

Kein weiteres Wort. Kein weiterer Blick und sie ist verschwunden. Noch ein letztes Mal schaue ich zu den drei Freundinnen, mahle aggressiv mit meinem Kiefer, bevor ich entscheide weiter zu gehen und ihnen keinen weiteren Blick zu würdigen. Sie verdienen nicht einmal den Dreck unter ihren Füßen.

Mit einem genervten Seufzer, steige ich die nächsten Stufen zum dritten Stock hinauf und laufe den nun leeren Flur entlang. Das einzige was nun zu hören ist, sind meine Schritte, welche in dem Marmorflur laut vor sich her hallen. Noch ein Mal gehe ich die Zettel in meinem Kopf durch. Und wieder werde ich gestört.

„Hast du deine Videos schon gesehen, Maxime?" Als wäre ich der Fleck auf ihrer weißen Bluse, spricht sie meinen Namen aus. Mit einem angewiderten Gesichtsausdruck, drehe ich mich zu den drei Freundinnen. Ob sie mich je in Ruhe lassen werden?
„Was wollt ihr?" Genervt stemme ich meine Hände in die Hüfte, bereit jeder einzelnen von ihnen eine in die Fresse zu schlagen. Doch ein leises Lachen kommt aus dem Mund der Blonden, bevor sie einen Schritt auf mich zu macht.

„Auf einmal so mutig? Gestern sahst du ziemlich schwach aus, Nuevo." Natürlich musste sie mich so nennen. „Ob dein Vater wohl stolz darauf ist dich-" Und ohne ihr auch nur noch eine weitere Sekunde zuhören zu müssen, hebe ich meine rechte Hand und schlage auf ihre gepuderte Wange. Ein lauter Schlag und ihr Gesicht fliegt zur Seite. Ich spüre wie das Pochen in meiner Hand zunimmt und so auch mein Hass, den ich für sie empfinde.

Mir hat es am Abend der Party schon gereicht, dass sie meinen Vater mit rein gezogen hat. An dem Abend hatte ich nur noch kein Mut ihr eine zu verpassen. Als hätte sie gerade einen Geist gesehen, starrt sie mir in mein wütendes Gesicht. „Wenn du noch einmal über meinen Vater redest", nun mache ich einen Schritt vor sie, sodass ich ihre Wange, welche nun dabei ist sich blutrot zu färben, direkt vor Augen habe, „werd ich dich so oft schlagen, dass du blutig auf dem scheiß Boden liegst."

Ich sehe wie sich ihre ganzen Gesichtszüge anspannen, wie sie schwer schluckend hinter sich blickt, doch ihre Freunde stehen wie ängstliche, kleine Kaninchen an Ort und Stelle. „Fick dich doch", zischt sie aggressiv und dreht sich um. Sie dreht sich um und geht, als wäre nichts passiert. Verstört blicken die zwei Braunhaarigen ein letztes Mal zu mir, bevor sie ihr folgen und um die Ecke verschwinden. Erleichtert lasse ich meine Schultern fallen, schließe meine Augen und versuche die Gedanken an meinen Dad so schnell wie möglich zu vergessen.

Nicht weinen. Nicht weinen. Nicht weinen.

„Ich wusste du bist eine die zuschlägt", kommt es nun lachend von einem der Räume hinter mir, worauf ich mich schnell um meine eigene Achse drehe und in das wunderschöne Gesicht von Raven starre. „Sie hat es verdient", ist das einzige was ich darauf antworte und schnell mit dem Finger unter meinem Auge herfahre, um die Tränen verschwinden zu lassen.

 „Sie hat es verdient", ist das einzige was ich darauf antworte und schnell mit dem Finger unter meinem Auge herfahre, um die Tränen verschwinden zu lassen

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