Eine ganz banale Sache

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Verwirrt komme ich aus meinem Versteck heraus und gehe, wie zufällig, den Korridor entlang, als mich Zayn und Harry auch schon entdecken.
"Darling". Besorgnis zeichnet sich auf Harrys Gesicht ab, bei Zayn ist es eher etwas anderes. Prüfend zieht er eine Augenbraue in die Höhe, lässt mich keine Sekunde aus den Augen, während Harry dabei ist, die Treppen zu mir heraufzukommen. Vor mir angekommen, umfasst er mein Gesicht und sieht mich tadelnd an. 
"Du solltest im Bett bleiben, Love".
"Mir geht es besser".
Mein Blick gleitet zu Zayn, doch von diesem ist nichts mehr zu sehen. Stattdessen hört man die Eingangstür, die scheppernd ins Schloss fällt. Gut so. 
"Möchtest du etwas essen? Norma hat eine Hühnersuppe gekocht, als sie erfahren hat, dass es dir nicht gut geht." Harrys Stimme ist noch immer besorgt, seine Fingerkuppen streichen über meine Wange und wenn diese seltsame Unterhaltung eben nicht gewesen wäre, würde ich das genießen. Doch die Worte der beiden hallen in meinem Kopf wieder und ich komme nicht umher, mir meine Gedanken zu machen.
Irgendwas stimmt hier nicht, das ist klar.
Irgendetwas verheimlichen Zayn und Harry mir und diese Tatsache hinterlässt einen bitteren Beigeschmack.

"Louis?".
Die grünen Augen des Lockenkopfes mustern mich eingehend, ob aus Sorge um meine Gesundheit, oder aus Sorge, dass ich etwas gehört haben könnte, weiß ich nicht.
"Nein, danke. Ich habe keinen Hunger".
Mir ist noch immer leicht übel, da kann ich jetzt nichts essen. 
Mein Lockenkopf nickt, lächelt sanft. "Zurück ins Bett?", möchte er wissen und ich zucke mit den Schultern. "Okay". Er nickt und greift nach meinen Händen. "Dann zurück ins Bett und wir schauen uns einen Film an. Geh schonmal vor, ich hole noch ein paar Snacks."

Wenige Minuten später sitze ich in Harrys Himmelbett und betrachte sein Schlafzimmer.
Die unzähligen Gemälde an den Wänden erdrücken mich fast und als mein Freund dann mit einem kleinen Tablett das Schlafzimmer betritt, ist die Ungewissheit und die Skepsis in mir kaum noch zum Aushalten.
"Ich habe Tee mitgebracht und Zwieback. Ach und Norma meinte, dass ein geriebener Apfel manchmal Wunder wirkt."
Noch bevor Harry das Tablett abstellen kann, halte ich dieses Gefühl einfach nicht mehr aus und muss ihn jetzt einfach darauf ansprechen. 
"Wie war euer Gespräch vorhin gemeint?", frage ich deshalb und bekomme einen verwunderten Blick. 
"Zayn und du - ich habe euch vorhin gehört".
Eine Falte erscheint auf Harrys Stirn und er stellt das Tablett auf das Bett. Seine Hand fährt in seine Haare, streicht seine wirren Locken aus dem Gesicht, sein Blick unergründlich.
"Was genau von unserem Gespräch meinst du?".
Er umrandet das Bett, lässt mich nicht aus den Augen und setzt sich dann neben mich. Nervös wirkt er nicht und das ist doch ein gutes Zeichen, oder? Es gibt doch bestimmt eine logische Erklärung für diese Unterhaltung.
Vielleicht ist es auch nur eine Berufskrankheit, dass ich in diese Worte so viel hereininterpretiere.
"Den Teil, in dem Zayn meinte, dass du nicht für solch einen Ort geschaffen bist und er kein Bock hat, sich ein Zimmer zu teilen." Ich will es nicht, wirklich nicht, aber unweigerlich kommt mir ein Gefängnis in den Kopf. Mein wundervoller Lockenkopf würde solch einen Ort niemals überleben, Zayn wäre mir egal, aber das würde natürlich auch den Mitbewohner erklären, auf den er keinen Bock hat. 
Was sollte es denn bitte sonst sein?
Aber warum zum Geier sollten sie in ein Gefängnis gehen?
Das ergibt doch alles einfach keinen Sinn.
Harry nickt, neigt seinen Kopf und lächeln zaghaft. "Ach das...mach dir darüber keine Gedanken, Darling."
Ein Schnaufen verlässt meinen Mund und ich verschränke meine Arme vor der Brust.
Keine Gedanken?
Wie um alles auf der Welt soll ich mir denn bitte keine Gedanken nach solch einer Unterhaltung machen?
"Love". Harry nimmt meine Hände, lächelt noch immer und streicht mit seinen Daumen über meinen Handrücken. "Zerbrich dir darüber nicht deinen hübschen Kopf. Zayn ist manchmal einfach ein bisschen dramatisch."
Skeptisch schaue ich auf unsere Hände, hadere mit mir und will ihm wirklich glauben, dass das alles einfach mit einem Lächeln abgetan werden kann, aber irgendwie...irgendwie bleibt ein ungutes Bauchgefühl.
"Wie war das Gespräch dann gemeint?"
Mein Freund seufzt, rückt ein wenig näher an mich heran und legt eine Hand auf meine Wange. Mit der anderen hält er noch immer die meine fest umschlossen.
"Das werde ich dir irgendwann erzählen, aber nicht heute, okay? Können wir es nicht einfach für heute auf sich beruhen lassen und stattdessen den Abend genießen?".
"Harry", widerspreche ich, doch mein Freund rückt erneut näher und haucht einen Kuss auf meine Nasenspitze. In mir beginnt es zu kribbeln und ich verfluche diese beschissenen Hormone.
"Bitte, Love. Es ist nichts Schlimmes. Es ist alles gut, okay?".
Zögerlich sehe ich ihm in die Augen, bin hin- und hergerissen und gebe am Ende nach. Ich nicke, auch wenn ich vermutlich ahne, dass es nicht einfach so okay ist. Aber wenn er es mir irgendwann erzählt, gebe ich mich für heute damit zufrieden. Er wird ja schon kein Mörder sein, oder ein Drogenbaron. 

Vielleicht ist es wirklich harmlos.
Eine banale Sache, in die ich viel zu viel reininterpretiere.
Ja, das wird es sein. 

Eine ganz banale Sache.

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