Harry

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"Verdammt! Mir ist gerade der Arsch auf Grundeis gegangen", murmelt Zayn und sieht in den Rückspiegel.
Zustimmend nicke ich und fahre die Straße weiter entlang, in der Hoffnung, dass uns die Polizei nicht doch noch einmal anhalten wird. Die Verkehrskontrolle eben war definitiv nicht eingeplant.
"Deine Idee mit den anderen Gemälden war vermutlich Gold wert", lobe ich meinen besten Freund und setze den Blinker.

Unser Weg führt uns raus aus die Stadt.
Wir fahren über die Landstraße, bis wir an einem abgelegenen Wald ankommen.
"Okay, den Rest müssen wir zu Fuß erledigen."
Zayn nickt, steigt aus dem Wagen und schnappt sich den Rucksack, welcher auf der Rückbank liegt.
Ich habe den Wagen auf einem Wanderparkplatz gestellt. So kann niemand meine Reifenspuren am Fundort sehen.

"Diese Schuhe sind verdammt unbequem", kommt es motzend von Zayn, der auf die Wanderschuhe hinabsieht, welche er trägt. Auch ich finde sie nicht sonderlich bequem, von dem optischen mal ganz abgesehen.
Schön sind die Dinger definitiv nicht.

Wir nehmen uns jeder einige Gemälde, klemmen sie uns unter den Arm und marschieren los.
Ich kann nur hoffen, dass um diese Uhrzeit nicht doch irgendwelche Leute unterwegs sind, aber eigentlich sollten wir alleine sein. Immerhin ist es Vormittag und die meisten Menschen arbeiten. Der Parkplatz ist, außer meinem Wagen, ebenfalls wie ausgestorben.
Hoffentlich haben wir Glück.

Ganze vier Kilometer gehen wir den Wanderweg entlang, als wir in das Dickicht einbiegen und stehenbleiben. Dichte Bäume und Büsche umhüllen uns und wir sind für Leute, die nun vielleicht doch hier entlang gehen, so gut wie unsichtbar.
"Okay, dann mal los."
Zayn öffnet seinen Rucksack und holt zwei Paar Schuhe hinaus, ebenso zwei Maleranzüge. Handschuhe tragen wir schon, seit dem wir das Auto verlassen haben. Zudem ziehe ich mir die Kapuze des Anzuges über den Kopf. Nicht, dass meine Haare hier irgendwo auftauchen.
Schnell ziehen wir uns die Anzüge über und tauschen die Schuhe. Ein Schnaufen verlässt meinen Mund, als ich mich in die zu kleinen Adidasschuhe quetsche, während Zayn ein Lachen ausstößt.
Ihm sind die Schuhe zwei Nummern zu groß. Mir hingegen eine Nummer zu klein.
Aber Schuhgröße 45 ist durchschnittlicher Standard und somit unauffälliger.

Wir kämpfen uns weiter durch das Dickicht, versuchen so leise wie möglich zu sein, als mir die perfekte Stelle ins Auge geht.
Es ist eine kleine Gabelung, genau der richtige Ort.
"Louis hätte dir schon viel eher die Knarre auf die Brust setzen sollen", zischt Zayn leise, während wir die Bilder drapieren und dann eilig wieder verschwinden.

Vermutlich hat Zayn recht. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich wirklich eher auf Louis gehört hätte. Es lief einfach viel zu einfach und zu gut und außerdem war der Adrenalinkick einfach unglaublich.
Aber die wenigen Tage ohne ihn... - sie waren die reinste Hölle.
Und dann der Schuss.
Louis hat recht. Wenn ich weiter gemacht hätte, wäre das nicht lange gutgegangen. Und wenn Liam geschossen hätte, will ich mir gar nicht ausmalen, wo mich die Kugel getroffen hätte.
Dieser Streifschuss auf meinem Hintern reicht mir schon.
Wir tauschen unsere Kleidung erneut, ziehen die Anzüge aus und ziehen die Wanderschuhe an.

"War es das dann jetzt?", möchte mein bester Freund wissen und schultert den Rucksack.
Kurz sehe ich in das Dickicht, genieße die Stille, ehe ich nicke und ihn anschließend ansehe.
"Das war es. Nichts in der Welt ist es wert, das was ich jetzt habe aufs Spiel zu setzen."
Zayn brummt zufrieden. "Auch wenn ich den Bullen am Anfang nicht mochte... er... er ist okay."
Grinsend knuffe ich ihm in die Schulter, während wir gemeinsam den Wanderweg zurück Richtung Parkplatz gehen.
"Dann spricht ja nichts gegen einen Pärchenabend. Wir sollten Louis' besten Freund dazu holen. Der ist wirklich heiß."
Zayn verdreht die Augen. "Du hast Louis, schon vergessen?"
"Bitte. Niemand ist heißer und bezaubernder als mein Freund. Aber Liam ist eine Augenweide, das muss man ihm lassen. Und sein irischer Freund ist wirklich niedlich. Ich glaube, wir könnten alle eine Menge Spaß zusammen haben."
Mein bester Freund schnaubt.
"Klingt so, als wenn du May und mich in einen Swingerclub einladen willst."
"Oh, bitte nicht. Ich teile Louis mit niemandem und auch bin ich nicht scharf drauf, dass ihn jemand nackt sieht. Ich dachte eher an Tabu oder Monopoly."
"Ich weiß jetzt schon, dass ich es bereuen werde zuzusagen."

Der Kunsthändler Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt