Was willst du?

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Die restliche Schicht verläuft erstaunlich ruhig.
Lediglich einmal müssen Liam und ich raus, da ein Bürger eine Ruhestörung gemeldet hat. Nichts Besonderes und auch meine Kollegen langweilen sich zu Tode, weshalb sie wahllos Streife fahren, allerdings ebenfalls ohne irgendwelche Vorkommnisse.
Dass Harry heute Nacht nicht zuschlagen wird, habe ich mir fast gedacht. 

"Schlaf gut", verabschiedet Liam sich um Punkt 6.00 Uhr morgens und steigt winkend in seinen Wagen ein. Ich unterdrücke ein Gähnen, krame meinen Schlüssel hervor und freue mich ungemein auf mein Bett. Der Schlafmangel vom Vortag ist nun deutlicher denn je zu spüren und ich bin froh, dass ich zwei Tage frei habe.
Zumindest, wenn Picasso nicht zuschlägt. Liam und ich müssen abrufbereit sein, da es unser Fall ist.
Aber ich hoffe einfach mal, dass Harry mir ein paar Tage Pause gönnt. 

"Louis!"
Genervt kneife ich meine Augen zusammen und drehe mich dann zu meiner Kollegin um. Gehetzt kommt sie vor mir zum Stehen und mustert mich einen kurzen Augenblick, ehe sie sich ihre Haare aus dem Gesicht wischt und mich eindringlich ansieht.
"Überlege es dir bitte."
"May-"
"Nein, bitte. Ich weiß doch, dass er dir nicht egal ist."
Ich schnaufe auf und verdrehe meine Augen.
"Natürlich ist er mir nicht egal!" motze ich und lasse den Schlüssel in meine Hosentasche zurückgleiten. 
"Aber verdammt, May! Was bitte soll ich denn machen?"
Verzweifelt raufe ich mir meine Haare. Die Müdigkeit und die gesamte Situation kratzen an meinen Nerven und May trägt nicht gerade zur Besserung bei.
"Verdammt, ich bin Polizist und habe...verdammt, May! Ich bin am Arsch, wenn das rauskommt."

Sie nickt, möchte was sagen, doch ich merke, wie ein ungewohnter Adrenalinschub durch meinen Körper jagt. Allerdings kein Guter.

"Scheiße, warum musste er diese Kacke auch machen? Konnte er nicht einfach ein normales Leben führen? Einfach die schöne Zeit genießen? Wieso verdammt, bringt er mich in solch eine Situation? Wie kann er es wagen, so unglaublich wundervoll und bescheuert zugleich zu sein?"
"Er-"
"Ich liebe diesen Mann, May. Ich liebe ihn so sehr, wie ich noch nie einen Mann geliebt habe. Verflucht, er hat mir einfach den Boden unter den Füßen weggerissen und dann sowas? Dann bringt er so einen Mist? Und behauptet dann auch noch eiskalt, dass er mich liebt? Und...und...-" ich breche ab und merke, wie meine Atmung sich verschnellert. Wut, Trauer, Enttäuschung.... all die Gefühle scheinen gleichzeitig aus mir auszubrechen und ich weiß nicht, wohin mit all meinen Emotionen. 

Erneut raufe ich mir meine Haare, drehe mich verzweifelt einmal im Kreis und begegne dann Mays mitleidigen Blick.

"Was wirst du jetzt tun?", möchte sie wissen und bringt mich mit dieser Frage zum Lachen. 
Allerdings klingt dieses Lachen, welches aus meinem Mund kommt, vollkommen verzweifelt und gleicht eher einem diabolischen Lachen eines Serienkillers, als meiner sonstigen Lache.
"Was ich jetzt tun werde? Kacke, May, ich habe keine Ahnung! Ich bin maßlos überfordert mit dieser Situation!"
May möchte etwas sagen, doch ich schüttele einfach meinen Kopf, krame erneut meinen Schlüssel hervor und steige dann ohne ein weiteres Wort in meinen Wagen und starte den Motor.

Alles in meinem Kopf dreht sich und ich bin mir nicht sicher, ob ich einfach laut schreien soll, oder doch in Tränen ausbrechen möchte.
Tief atme ich durch, verlasse dann den Parkplatz und mache mich auf den Weg nach Hause.

Ich weiß nicht, wie ich vor meinem Wohnhaus angekommen bin. 
In solch einer Lage hätte ich eigentlich kein Auto fahren dürfen, aber ich bin ja bekanntlich auch kein vorbildlicher Polizist.
Zumindest nicht mehr. 
Und alles nur, wegen dieses blöden Mannes.
Dem blöden Mann, mit dem wundervollem Lächeln, den weichen Haaren und den sündigen Lippen, die mir schmerzlich fehlen. 

Scheiß Typ!

Eine heiße Dusche und eine Tasse Tee werden mir sicherlich gleich guttun. 
Und dann werde ich schlafen. 

Wie auf das Kommando verlässt ein Gähnen meinen Mund und bevor ich hier im Auto einschlafe, stelle ich den Motor ab und verlasse meinen Wagen. 
Einige Tropfen fallen auf meinen Kopf und ich stöhne genervt auf. 
Natürlich regnet es jetzt. Passend zu meiner Weltuntergangsstimmung. 

Ich betrete die Treppen, welche zu meiner Haustür führen, als ich wie angewurzelt stehen bleibe.
Mit weit aufgerissenen Augen schaue ich zu der Person, die auf der obersten Stufe sitzt und mich ansieht.
Grüne Augen treffen mich und mein Magen zieht sich augenblicklich zu einem dicken Knoten zusammen.
"Was willst du?", blaffe ich den Mann mit den zerzausten Locken an und gehe an ihm vorbei, stecke den Schlüssel in das Schloss und versuche das Kribbeln in meinem Körper zu ignorieren. 
Wut und Sehnsucht brodeln gleichzeitig in mir auf und nur eine schmale Mauer hält mich davon ab, ihm eine zu scheuern und ihm gleichzeitig um den Hals zu fallen und ihn zu küssen. 
Vielleicht bin ich auch einfach schizophren.
Das würde einiges erklären. 

"Können wir reden?", möchte er wissen und beim Klang seiner Stimme erschaudere ich. 
Sie klingt nicht so sanft und melodisch wie sonst. Eher gleicht sie einem Kratzen und macht den Anschein, als wenn er krank wäre.
"Nein."
Er soll mich in Ruhe lassen, auch wenn mich dieses Verhalten gerade alles an Kraft kostet.
"Love, bitte"
Wütend kneife ich meine Augen zusammen und drehe mich zu ihm herum. 
Mittlerweile ist er aufgestanden und wenn ich nicht so wütend wäre, hätte ich sofort Mitleid. 
Er steht dort wie ein begossener Pudel.
"Wir haben nichts mehr zu besprechen, Harry."
"Aber-"
"Nein. Lass mich einfach in Ruhe."

Ich drehe den Schlüssel herum und verschwinde ohne ein weiteres Wort im Wohnhaus. 
Soll er doch draußen im Regen versauern.

Moin Kinners,
ich hoffe, ihr hattet alle ein wundervolles Wochenende.
Da am Freitag kein Kapitel von mir kam, versuche ich euch heute noch ein weiteres zu schreiben. Versprechen kann ich es nicht, aber ich werde es versuchen.
Falls es klappt, werde ich euch auf Instagram darüber informieren.

Kuschelt euch bei diesem Schmuddelwetter gemütlich ein und genießt den Sonntag.

All the love, K.

Der Kunsthändler Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt