Kapitel 56

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Kapitel 56
Mit einem wehmütigen Blick sah ich auf die Uhr. Ich saß nun schon eine gefühlte Ewigkeit hier auf dem Friseurstuhl- eigentlich war es eher eine halbe Stunde- und langweilte mich fürchterlich.
Das lag daran, dass ich außer der Noona, die wieder einmal für meine Haare zuständig war, keine andere Gesellschaft hatte, während ich hier saß und erneut Färbemittel in meine Haare einwirken ließ. Ich hatte ein indirektes Versprechen gegeben und wollte es einlösen und John so eine Freude machen, falls er sich überhaupt noch an unser Gespräch vor so vielen Wochen erinnern konnte.

Unschlüssig drehte ich mein Telefon in meinen Händen herum, das heute schon den ganzen Tag seltsam still war. Ein wenig kam es mir wie die Ruhe vor dem Sturm vor, ich drängte aber diese Gedanken zur Seite, wollte ich unserem Comeback nicht noch mehr negative Gefühle zu sprechen, als ich eh schon besaß.
Ich freute mich wirklich wieder auf der Bühne stehen zu können, dass es aber bereits in zwei Tagen soweit sein würde, war irgendwie surreal, gleichzeitig war unser Terminkalender derart zu gestopft, dass ich kaum zum Durchatmen kam. So stieg der Druck fast unermesslich an, was mir diese ganze Zeit so schwer machte.
Sogar für das Färben meiner Haare hatte ich fast keine Zeit gehabt, mir blieb nichts anderes übrig, als mich heute in aller Frühe aus unserem warmen Bett zu quälen, Jungkooks Klammergriff um meinen Körper zu lösen und vor allen anderen hierher zu kommen. Das hatte zur Folge, dass ich jetzt zwar hundemüde war, aber wenigstens mein Versprechen gegenüber John einlösen konnte.
Die Noona kam wieder zu mir und wir wuschen das Färbemittel aus meinen Haaren. Innerlich machte ich mir eine Notiz, zu oft hatte ich in zu kurzer Zeit gefärbt. Ich würde die nächsten Wochen erst einmal pausieren, bis die geschädigten Strähnen heraus gewachsen waren und meine Kopfhaut sich halbwegs erholt hatte. Es gab Tage, da war sie derart trocken, dass sie die ganze Zeit unangenehm juckte, eine Sache, die auf der Bühne oder vor laufender Kamera eher suboptimal war.

Zwar wollte ich Army auch dauernd etwas Neues bieten, etwas, was mich ihnen gegenüber interessanter machen würde, aber die Gesundheit ging vor, das wusste ich mittlerweile.
Mit müden Augen sah ich mir selbst durch den Spiegel entgegen und meiner Noona dabei zu, wie sie meine Haare trocken föhnte, vereinzelte Haarstähnen zurück schnitt, mit denen sie nicht zufrieden war. Auch wenn ich auf einen vollständig neuen Schnitt verzichtet hatte, so trug sie doch dafür Sorge, dass ich halbwegs vorzeigbar sein würde.
Am Rande fragte ich mich, wie lange ich mich wohl vor einem Haarschnitt noch drücken konnte, waren meine Haare mittlerweile wieder ein wenig länger, als ich sie früher getragen hatte. Ich mochte es, wenn ich sie zu einem kleinen Zopf zurückbinden konnte, wusste aber, dass ich sie wohl nie mehr so lang haben würde, wie vor einigen Monaten, als ich aus Amerika zurückkam.
Die schwarzen Haare, die sich nun wieder auf meinen Kopf befanden, waren ein seltsamer Anblick nach so vielen Wochen mit hellen Haaren. Manchmal fragte ich mich, wieso wir überhaupt so viel färbten, wenn wir so oft zu unserer natürlichen Haarfarbe zurück fanden, aber vermutlich machte es keinen Sinn, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Es gehörte einfach zum Leben als Idol dazu.

"So, fertig", meinte meine Noona leise, aber zufrieden neben mir, nahm mir den Umhang ab, der mich vor meinen eigenen abgeschnittenen Haaren beschützt hatte und trat einen Schritt zurück.
Sie sah mich erwartungsvoll an, was mir ein Lächeln entlockte. Wie auch die letzten beiden Male, war ich auch heute sehr zufrieden mit dem, was sie aus mir herausgeholt hatte. Es gab Gründe, wieso ich unbedingt wieder zu ihr wollte.
"Danke, es ist wie immer hervorragend geworden. Vielen Dank, dass du Überstunden für mich machst", sie errötete leicht, ich fragte mich lieber nicht, was dahinter steckte. Es war ein offenes Geheimnis, dass ich mit meinem Lächeln die Leute oft aus der Spur brachte.
"Das ist doch kein Problem."
Sie hatte mich in dieser Herrgottsfrühe reingeschoben, ihr Tag war ansich schon vollkommen ausgebucht gewesen. Yoongi wäre gleich nach mir dran, es wunderte mich, dass er noch nicht hier war.
Meine Noona sammelte ihr ganzes Material zusammen, säuberte und sortierte es, ich nutzte die Zeit und machte ein paar Selcas über den Spiegel von mir.
Es dauerte auch gar nicht lange, da hatte ich die Nachrichtenapp geöffnet und John eines der Bilder geschickt.

ChimChim (9:56): Vielleicht erinnerst du dich noch daran, ich habe heute ein Versprechen eingelöst!

Als hätte er direkt am Telefon geklebt, kam prompt eine Antwort.

John (9:57): Yay *.* Das sieht einfach super aus!

Ich mochte diesen kurzen oberflächlichen Kontakt, den ich mit ihm führte. Viel zu wenige Leute außerhalb dieser Branche konnte ich zu meinen Freunden zählen. Natürlich musste ich bei John immer aufpassen, was ich schrieb und preisgab, es bestand prinzipiell noch immer die Möglichkeit, dass so Dinge an die Öffentlichkeit drangen, die es nicht sollten. Bisher hatte er mich jedoch nicht im Stich gelassen.
Als ich mein Telefon in meine Hosentasche wegsteckte und aus meinem Stuhl aufstand, öffnete sich die Tür und Yoongi trat ein, mit einem Gähnen auf dem Gesicht.
"Morgen", murmelte er undeutlich, als er müde an mir vorbei schlurfte.

Forever Together | Jikookحيث تعيش القصص. اكتشف الآن