Die Allianz zerbricht - Teil 9

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Wieder einmal saßen die vier Knallköppe, wie Karl sie nannte, im Herrenzimmer. Dort soffen und grölten sie und ließen sich von Karls Mutter bedienen. Doch heute war etwas anders. Lehrer Helmholz war schon total besoffen, als er hier ankam. Die anderen versuchten ihn so schnell wie möglich einzuholen und soffen um die Wette. Der Lehrer versuchte wiederum mit ihnen mitzuhalten.

Als er nicht mehr konnte und in seinem Sessel einschlief, hatte Wilhelm eine Idee. Er hatte in einer Werbeanzeige einen Schminkkoffer gesehen. Weil er in seiner Apotheke auch Kölnisch Wasser verkaufte, hatte er sich überlegt, dass es vielleicht eine gute Idee wäre auch dieses Schminkzeug zu verkaufen. So richtig passte das zwar nicht in seine Apotheke, aber ein Versuch konnte nicht schaden und so hatte er ein Köfferchen bestellt. Weil aber keine Frau in Rehna Schminke benutzte, war er darauf sitzen geblieben.

Als er jetzt den besoffenen Lehrer in seinem Sessel sitzen sah, fiel ihm dieser Schminkkoffer wieder ein. Mit einem verschlagenen Grinsen erhob er sich, holte ihn aus dem Schrank und begann den Lehrer anzumalen. Schöne rote Lippen machte er ihm und als der Pastor das sah, kugelte er sich vor Lachen fast am Boden. Der Doktor fand das ebenfalls lustig und griff sich den Lidschatten. Damit machte er dem Lehrer schöne Augen und Wilhelm hielt sich den Bauch vor Lachen.

Die Kerle waren vollkommen aus dem Häuschen und das lockte Karl aus seinem Bett. Schlafen konnte er bei diesem Lärm ohnehin nicht. Mit nackten Füßen schlich er sich zur Tür, drückte so langsam und leise wie er nur konnte die Klinke herunter und öffnete die Tür einen Spalt. Doch jetzt lachten sie nicht mehr, jetzt stritten sich der Doktor und der Pastor. Aber anscheinend hatten sie ihre Rollen getauscht.

Oder war der Pastor heute so besoffen, dass er endlich die Maske des gläubigen Christen fallen ließ? Der Doktor hingegen schien ein fanatischer Christ zu sein. Er erzählte von den göttlichen Wundern, von denen er gehört hatte. 

Aber der Pastor hielt dagegen. „Alles Quatsch! Ich denke, dass es immer eine wissenschaftliche Erklärung für alles gibt. Ich glaube nicht, dass es tatsächlich Wunder gibt. Denn das wäre Magie."

Karl fand das spannend und linste durch den Türspalt. Er sah, wie der Doktor noch einen Schluck aus der Flasche nahm und sich nach vorn beugte.

„Wir alle zweifeln manchmal im Glauben und ich verstehe, wenn selbst ein frommer Mann wie du zweifelt, aber ich glaube, dass es manchmal Dinge gibt, die wir einfach nicht erklären können. Denk doch nur an die Geschichten in der Bibel, wie Jesus das Wasser in Wein verwandelt oder die Kranken geheilt hat."

Der Pastor grinste ihn milde an. „Aber das sind doch alles nur Geschichten! Es gibt überhaupt keine Beweise dafür, dass sie tatsächlich passiert sind. Und selbst wenn es so passiert wäre, könnte man für alles eine wissenschaftliche Erklärung dafür geben. Als Arzt solltest gerade du das wissen!"

Karl konnte sehen, wie der Doktor sich zusammenreißen musste. Die dicke Ader an seinem Hals pochte wie wild.

„Es gibt auch heute noch Wunder! Ich habe von Menschen gehört, die gegen alle Wahrscheinlichkeit ganz plötzlich geheilt wurden, nach dem ihre Ärzte sie bereits aufgegeben hatten, weil sie nichts mehr für sie tun konnten. Solche Ereignisse sind einfach nicht rational erklärbar."

Wieder grinste der Pastor.

„Man kann alles erklären. Nur weil wir etwas nicht wissen, muss nicht immer gleich Gott seine Hände im Spiel haben! Magie ist nur so lange Magie, bis man weiß, wie der Trick funktioniert."

Das wollte der Doktor so nicht hinnehmen. Die Wut stand ihm ins Gesicht geschrieben, aber noch immer hielt er sich zurück.

„Genau das glaube ich nicht! Gott hat seine Hände im Spiel und wenn es ihm gefällt, dann greift er auch ein."

Das Geheimnis der weiblichen LustWhere stories live. Discover now