Doktor Westphal - Teil 18

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Mit großen Augen stand Karl in seinem neuen Domizil und schaute sich um. Für einen Moment war er erschlagen von dem Luxus, der ihn in diesen Räumen umgab. Die Wände waren mit einer dunkelgrünen Seidentapete verziert und an der Decke hing ein riesiger Kronleuchter. In diesem Kronleuchter steckten aber keine Kerzen mehr, er war bereits bestückt mit Glühbirnen. Hier gab es elektrischen Strom! Genau wie in den Bars und Tanzlokalen in Berlin.

Auf seinem prächtigen Bett lagen viele Kissen, die so weich und flauschig waren, dass er sich am liebsten sofort hineingekuschelt hätte.

Als er sich weiter umsah, bemerkte er, dass er nicht nur ein großes Wohnzimmer und ein Schlafzimmer, sondern auch ein Arbeitszimmer hatte. An die Wände waren Heizkörper geschraubt. Im Keller stand ein Heizkessel, mit dem man Wasser erhitzten und damit das ganze Haus erwärmen konnte. Das war eine unglaublich fortschrittliche Technik. In diesen Räumen würde er auch im Winter nicht frieren.

Alle Räume waren mit dicken, persischen Teppichen ausgelegt. In seinem Arbeitszimmer stand ein großer Schreibtisch aus edlem Holz, auf dem bereits die medizinischen Fachbücher lagen, von denen Doktor Magerkorn gesprochen hatte. An der Wand hingen wunderschöne Zeichnungen aus der Welt der Medizin.

Karl konnte es nicht fassen, wie viel Luxus und Komfort ihm in diesem Haus zur Verfügung standen. Als er aus dem Fenster blickte, sah er den riesigen Park, der zum Anwesen gehörte. Es gab sogar ein Gewächshaus, in dem exotische Pflanzen gezüchtet wurden. Für ihn fühlte es sich an, wie in einem Märchen. Wo war er hier nur gelandet?

Breit grinsend lief er durch seine Wohnung, entdeckte eine weitere Tür und fand dahinter ein Badezimmer mit einer frei stehenden Badewanne. Hier sah es aus, wie im Hotel Rom! 

Es gab einen kleinen Speiseaufzug mit einer Sprechanlage bis in die Küche. Hier konnte er sein Essen bestellen und mit dem Aufzug wurde es ihm hinauf geschickt.

Voller Befriedigung ließ er sich auf sein opulentes Bett fallen. Er war ganz oben angekommen! Aus dem Taugenichts war doch noch ein respektabler Arzt geworden.

Nun ja, noch nicht ganz. Zuerst musste er sich noch um seine Zulassung kümmern. Das wollte er gleich morgen erledigen. Noch einmal würde ihn die Angst packen. So viel war ihm klar. Doch wenn das geschafft war, dann konnte er sorglos in die Zukunft sehen.

*

In einem sehr nüchtern eingerichteten Büro hatte Karl auf einem harten hölzernen Stuhl Platz genommen und versuchte seine Nervosität in den Griff zu bekommen. Seine Hände zitterten leicht, auch wenn er dem dicken Mann in der dunklen Uniform der Gesundheitspolizei ein selbstbewusstes Lächeln zeigte. 

Sehr gründlich begutachtete der Mann die gefälschten Zeugnisse durch die Gläser seiner Brille und sagte kein Wort. Für Karl war die Stille im Raum erdrückend. Jede Sekunde fühlte sich an wie eine Ewigkeit. Ganz genau schaute er sich die Siegel, Stempel und Unterschriften an.

Wie auf glühenden Kohlen saß Karl auf seinem Stuhl vor diesem Mann, der alle Zeit der Welt zu haben schien. Sein Herz klopfte so schnell, dass er dachte, es würde aus seiner Brust springen. Er wusste, dass dies der entscheidende Moment in seinem Leben war. Die Luft im Raum schien dicker zu werden und der angehende junge Arzt kämpfte gegen den Impuls an, aufzuspringen und davonzulaufen.

Vielleicht saß er schon in ein paar Minuten nicht mehr nur auf einem harten Stuhl, sondern in einer Zelle. Aber jetzt war es zu spät, sich darüber Gedanken zu machen. Er konnte nichts mehr tun. Was geschehen sollte, das sollte eben geschehen. Locker schlug er ein Bein über das andere und tat gelangweilt.

Noch immer blätterte der Beamte sich durch Karls Papiere und er konnte sehen, wie sich seine Stirn in Falten legte. Er schien ein griesgrämiger Kerl zu sein, der nicht gern freiwillig einem anderen Menschen entgegenkam. Karl versuchte, ruhig zu bleiben, aber sein Herz schlug immer schneller.

Das Geheimnis der weiblichen LustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt