Fälschungen - Teil 16

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Sehr geehrter Herr Westphal,

ich bin die Frau Reichenbach, die Vermieterin ihres Sohnes Karl und ich muss ihnen leider mitteilen, dass ihr Sohn bei mir noch Mietschulden vom letzten und vom vorletzten Jahr hat. Viel zu spät habe ich ihn aus dem Zimmer geworfen, weil er mir immer wieder gesagt hat, dass er im nächsten Monat bezahlen würde. Immer wieder hat er behauptet, dass er kein Geld von ihnen bekommen hätte und deshalb nicht bezahlen könnte.

Irgendwann hatte ich genug von seinen Lügengeschichten und habe mich an der Universität nach ihm erkundigt. Dort habe ich von einem seiner Freunde erfahren, dass er stets Geld von ihnen bekommen hat. Obendrein habe ich von diesem Freund erfahren, dass er bereits seit drei Jahren nicht mehr studiert. Er hat sein Studium abgebrochen und studiert stattdessen die Damen des horizontalen Gewerbes.

Im Moment residiert er gerade im Hotel Rom, einer der besten Adressen von Berlin. Dort lässt er sich von einer sehr zwielichtigen Dame aushalten und dort können Sie ihn auch postalisch erreichen.

Ich denke, dass sie diesem Nichtsnutz von einem Sohn kein weiteres Geld hinterher werfen möchten und weil sie durch meine Information eine Menge Geld sparen, würde ich mich freuen, wenn sie seine Mietschulden übernehmen und mir das Geld mit einem Boten schicken. Er schuldet mir insgesamt 62 Mark. Bitte schicken Sie das Geld an den Absender dieses Briefes.

Viele Grüße
Ihre Frau Reichenbach


Mit einem teuflischen kleinen Grinsen steckte Maria den Brief in den vorbereiteten Umschlag und siegelte ihn mit einem Pfennig. Das war unter den wenig betuchten Leuten so üblich. Die Adresse des Absenders hatte sie sich gerade eben erst ausgedacht, genau wie den Namen Reichenbach. Sie konnte sich gut vorstellen, wie Karls Vater aus der Haut fuhr, wenn er diesen Brief las.

Der würde seinem Sohn nie wieder Geld schicken und genau das war ihr Plan! Sie wollte Karl von der Brieftasche seines Vaters trennen. Sobald er pleite war, wäre er ganz bestimmt sehr viel aufgeschlossener für das, was sie mit ihm vorhatte.

Leise lachte sie vor sich hin, steckte den Brief in ihre kleine Handtasche und verließ das Haus. Ihre Kutsche wartete bereits auf sie. Neben ihrem Kutscher Wilfried stand ein junger Mann von etwa 17 Jahren. Groß und breit war er für sein Alter und er schien über gewaltige Kräfte zu verfügen.

„Das ist mein Sohn Olaf. Ist es ihnen recht, wenn er heute auf dem Bock mitfährt?", fragte Wilfried mit seiner Mütze in der Hand.

Maria nickte, der Bengel war ihr egal. „Fahren sie mich zuerst zum Postamt und dann nach Berlin in die Ritterstraße", sagte sie zu ihrem Kutscher.

Noch einmal drehte sich Wilfried Habermann zu ihr um. „Sind sie sicher, dass sie in die Ritterstraße wollen? Die liegt in Kreuzberg!"

„Ganz sicher. Fahren sie los."

Mit einem Kopfschütteln fuhr er Maria zuerst zum Postamt in Charlottenburg. Dort gab sie ihren Brief auf und ließ sich gleich darauf nach Berlin in die Ritterstraße fahren. Herr Habermann hielt die Pferde an und ließ sie aussteigen. Hier herumzuspazieren war keine gute Idee! Hier war es gefährlich, vor allem für eine einsame Frau.

Kaum hatte sie sich ein Stück entfernt, wandte er sich besorgt an seinen Sohn. „Olaf, geh und begleite sie. Behalte sie im Auge und wenn ihr jemand in die Quere kommt, dann greifst du ihn dir." 

Der Junge nickte, stieg vom Wagen und folgte Maria mit einem gewissen Abstand. Gemessenen Schrittes ging sie durch die Ritterstraße und schaute sich um. Die leichten Mädchen interessierten sie nicht. Sie hielt Ausschau nach deren Luden und schon bald hatte sie einen entdeckt. Die sahen doch überall gleich aus, mit ihren teuren Pelzkragen und ihren albernen Hüten.

„Du da! Komm her!" herrschte sie den Mann an.

Mit einer brennenden Pfeife in der Hand kam er auf sie zu und schien sich zu fragen, was diese feine Dame wohl von ihm wollte.

Das Geheimnis der weiblichen LustWhere stories live. Discover now