Dunkelkammer - Teil 21

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Genau so hatte Maria sich das Leben vorgestellt. Sie hatte den ganzen Tag frei und konnte machen, was immer ihr einfiel. Langeweile kannte sie nicht. Oft ließ sie sich von ihrem Kutscher in die Hauptstadt fahren und schlenderte einfach nur durch die Straßen. Wenn ihr etwas gefiel, dann kaufte sie es, denn Geld besaß sie jetzt genug. Sie konnte sich alles leisten. Doch noch viel interessanter, als irgendwelche Dinge zu kaufen, war es für Maria, wenn sie Menschen beobachten oder etwas Neues lernen konnte.

Heute hatte ein Straßenfotograf es ihr angetan. Aus einer gewissen Entfernung beobachtete sie den Mann bei seiner Tätigkeit. Er sprach Passanten auf der Straße an und überredete sie, vor seiner Kamera zu posieren. Waren die Leute einverstanden, machte er ihnen klar, dass sie für sein Foto bezahlen sollten. 

Er erklärte ihnen, dass er das Bild zu Hause in seiner Dunkelkammer entwickeln und es ihnen dann nach Hause bringen würde. Viele Leute ließen sich darauf ein und bezahlten ihn sogar im Voraus. Anscheinend konnte dieser Mann von seiner Kamera leben.

Maria interessierte sich jedoch nicht für sein Geschäftsmodell oder für seine langweiligen Motive, die er in dieser Straße einfing. Sie interessierte sich für den technischen Vorgang des Fotografierens.

Die Kamera dieses Fotografen war doch nur eine große, schwarze Kiste! Wie konnte dieser Mann mit diesem Kasten das Licht einfangen? Wie kam das Licht in den Kasten hinein? Wie konnte er das Licht darin festhalten und wie wurden daraus Bilder aus Papier? All das interessierte Maria brennend. Längst hatte der Fotograf sie gesehen und wusste, dass sie ihn beobachtete. Still lächelte er vor sich hin und nahm sich vor, diese schöne Frau anzusprechen, sobald sie neugierig genug war und näher kam.

Tatsächlich musste er nicht sehr lange warten, bis Maria es nicht mehr aushielt. Als erneut eine Familie vor seiner Kamera posierte, trat sie näher und stellte sich an seine Seite.

„Guten Morgen, meine Dame! Ich bin Kuno, der beste Fotograf von ganz Berlin! Möchten sie auch mal vor meiner Linse posieren?", fragte er mit einem Lächeln. Doch Maria schüttelte den Kopf.

„Sie haben also eine Linse an ihrer Kamera? Bündeln sie damit das Licht?" Kuno war wie vom Donner gerührt! So etwas hatte er noch nie erlebt. Woher wusste diese Frau, was eine Linse war und dass man damit Licht bündeln konnte?

„Treten sie ruhig näher und schauen sie sich alles an! Ich zeige ihnen gern, wie es funktioniert." Er war ebenso fasziniert von ihr, wie sie von seiner Kamera.

„Wenn ich eine Aufnahme machen will, dann muss ich zuerst eine Glasplatte in die Kamera hinein schieben. Die darf kein Licht abbekommen! Deshalb steckt jede Glasplatte auch in einer eigenen kleinen Holzkiste", erklärte er.

„Kann man dafür jedes Glas nehmen?", fragte Maria und schon wieder war Kuno überrascht.

„Nein, Gnädigste, dafür kann man nicht jedes Glas nehmen. Es ist ein ganz spezielles, beschichtetes Glas."

„Ich würde mir gern ansehen, wie sie ihre Glasplatten beschichten."

Er lachte und schüttelte den Kopf. „Ich beschichte meine Glasplatten nicht selbst. Das wäre zu aufwendig. Ich kaufe sie von einem guten Freund."

Innerhalb von nur einer Stunde lernte Maria alles über die Fotografie. Doch immer noch stellte sie weitere Fragen. Vieles davon konnte Kuno nicht beantworten, denn auch er wusste nicht alles.

„Wollen sie nicht doch einmal vor meine Kamera treten und sich ablichten lassen, Gnädigste?"

Maria überlegte. 

„Nicht hier, nicht heute und nicht an diesem Ort! Kommen sie am Freitag nach Charlottenburg in die Fasanenstraße Hausnummer drei. Dort werden sie mich in meinem Haus nackt fotografieren. Ich werde sie gut dafür bezahlen."

Das Geheimnis der weiblichen LustWhere stories live. Discover now