31. Kapitel

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*Trigger-Warnung

Die Scherbe in meiner Hand fühlte sich unglaublich schwer an, als ich sie vom Boden aufhob. Mein Blick fiel auf den Spiegel, durch das schwache Licht konnte mich erkennen.

Die tiefen Augenringe um meine Augen und das eingetrocknete Blut auf meiner Haut. Über mein Gesicht zogen sich die vielen Risse in dem Spiegel. Es waren zwar die Risse des Spiegels, doch sie zeigten die Risse in mir.
Die Risse, die Gulio verursacht hatte, als er meinen Kopf gegen den Spiegel gestoßen hatte. Es war, als würde die Luft aus meinen Lungen gepresst werden, bei der Erinnerung, die sich viel zu real anfühlte.

Ich presste die Scherbe fester in meine Haut, als Tränen in meine Augen traten. Obwohl ich meine Gefühle zurückhalten wollte, schaffte ich es nicht mehr. Es war, als würden meine Gefühle aus mir ausbrechen und keine meiner Mauern konnte sie daran hindern.

Der scharfe Schmerz durchzog meine Handflächen, aber ich drückte nur noch fester zu, um nichts mehr zu fühlen. Außer den Schmerz, der alle Gefühle in mir zurückdrängte. Tief in mir wusste ich, das Spiel war schon längst vorbei und ich war der Verlierer.
Verlierer.

Noch einmal atmete ich tief ein, bevor ich die Finger um die Scherbe löste. Auf meiner Handfläche hatten sich mehrere dunkle Striche gebildet, die mit jeder weiteren Sekunde dunkler wurden. Ich erschauderte, als ich spürte, wie das Blut über meine Haut lief.
Trotzdem setzte ich die Scherbe an meinem Handgelenk an, ließ sie über meine blasse Haut gleiten. Zu der blauen Vene, die sich trotz des dämmrigen Lichts unter meiner blassen Haut abzeichnete.

Ich schloss meine Augen, um den Schmerz in meinem Kopf, auszublenden. Es fühlte sich an, als würde mein Kopf jeden Moment explodieren. Selbst das Kühlpack hatte mir nicht geholfen, dies wunderte mich bei Giulios Kraft aber auch nicht. Bei dem Gedanken an ihn, seine unerbittlichen Hände, zuckte ich zusammen.
Schon jetzt wusste ich, es würde die Hölle werden. Eine Hölle, die ich nicht überleben würde.
Als ich meine Augen wieder öffnete, lag die Scherbe an meiner blassen Haut.

Meine Zähne gruben sich in meine Lippen, als ich den metallischen Geschmack von Blut auf meiner Zunge schmeckte. Es sollte einfach nur enden, das alles hier.
Ich hatte Damiano verloren und meine Familie. Jetzt war ich nur noch eine Gefangene.

Tränen steigen in meine Augen, als ich die Scherbe in meine Haut drückte. Die scharfe Seite der Scherbe drückte sich in meine Haut, in die blaue Vene, als der brennende Schmerz mich durchfuhr. In dem dämmrigen Licht sah ich, die dunkle Flüssigkeit, die sich unter der Scherbe bildete, und über meine blasse Haut lief. Abrupt riss ich die Scherbe von meinem Arm los, sah den Strich, der sich rötlich verfärbte.
Was tat ich hier?

Ich schaffte es nicht, ich konnte kein Ende setzen. Die Scherbe glitt aus meiner Hand krachend zu Boden, wo sie in noch kleinere Scherben zersprang. Tränen rannen über mein Gesicht, als ich mich zu Boden fallen ließ und die Arme um meine Beine schlang. Die kleinen Scherben bohrten sich in meine Haut hinein, aber mein Blick war nur auf mein Handgelenk gerichtet, von dem Blutstropfen zu Boden liefen.

Schluchzend drückte ich meine Hand, gegen die Wunde, versuchte damit den brennenden Schmerz zu betäuben. Aber es half nicht, der Schmerz durchzog meinen Arm. Wimmernd richtete ich mich von dem Boden auf, lehnte gegen den, von Rissen durchzogenen, Spiegel.

Es gab nichts, das mich hier hielt und dennoch konnte ich es nicht beenden. Ich schloss für einen Moment meine Augen, um die Tränen zurückzudrängen. Aber als ich sie wieder aufschlug, rannen sie hemmungslos über meinen Wangen.

Ich zwang mich dazu, die Hand von der Wunde zu lösen. Mittlerweile war meine ganze Haut rot gefärbt von dem Blut.

Die Blutung muss so schnell, wie es geht, gestoppt werden.

Mit zittern Händen riss ich den Stoff meines Rockes ein, bis ich ein Stück Stoff in meiner Hand hielt. So schnell ich konnte, band ich das Stück Stoff um mein Handgelenk, darauf bedacht es so fest wie möglich zu binden. Dabei biss ich auf meine Lippen, um nicht vor Schmerz zu wimmern.

Ich ließ mich wieder schluchzend gegen die Wand sinken, mein Blick auf das Blut gerichtet, das sich auf dem weißen Stoff langsam ausbreiten.
Meine Hand schlang sich um den Verband, verdeckte den von Blut durchtränkten Stoff.

Niemand sollte es sehen. 

~742

Das war für mich ein wirklich schweres Kapitel zu schreiben, weil es mir so nahe gegangen ist

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Das war für mich ein wirklich schweres Kapitel zu schreiben, weil es mir so nahe gegangen ist.

Wenn ihr betroffen seid, könnt ihr Hilfe unter der Nummer: 08000 1110111 (zögert nicht)

„But I wish I was dead"

~Dark Paradise Lana del Rey

Lontano. Bis wir uns wiedersehen.Where stories live. Discover now