40. Kapitel

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Hände hielten mich an meinen Handgelenken fest umschlungen, schüttelten mich immer wieder. Sie pressten mich mit aller Kraft in die Matratze hinein, verhinderten jede Bewegung und ließen mich vor Panik erstarren. Ruckartig schlug ich meine Augen auf, mein Herz schlug mir bis zum Hals vor Angst. Doch in dem schwachen Licht des Mondes erkannte ich die Umrisse von Damiano.

Damiano der aufrecht neben mir saß, mit weit aufgerissenen Augen, während seine Hände meine Handgelenke noch fest umschlangen. Seine Haut glänzte vor Schweiß, der über seine Haut perlte. Aber er schien mich nicht richtig wahrzunehmen, mit dem Blick, der durch mich hindurch starrte. Trotz seines Griffes beruhigte sich mein Herzschlag sofort.

»Lass mich nicht alleine mit ihm«, flehte er mit bebender Stimme. Mit angehaltenem Atem starrte ich ihn an, versuchte es zu verstehen. Zu verstehen, was gerade passierte.

»Du darfst nicht gehen ... per favore.« Bitte.

Ich wagte es nicht, mich zu bewegen, als ich versuchte ihn zu beruhigen: »Damiano, ich bin es.«

Doch stattdessen starrte er immer noch durch mich hindurch, als würde er mich nicht sehen.

»Hilf ihr einfach!«, schrie er wieder, sein Gesicht so sehr vor Wut und Schmerz verzogen, dass es mir das Herz brach.

Ohne zu zögern löste ich mich aus meiner Starre, setzte mich auf recht auf, obwohl Damiano mich immer noch festhielt.

»Damiano, hör mir zu, ich bin hier, bei dir«, redete ich auf ihn zu. Er starrte mich immer noch an, aber seine Hände lockerten sich langsam um meine Handgelenke. Sofort beruhigte ich mich, schien wieder zu sich zu kommen.

»Alles ist gut, Damiano niemand lässt dich alleine«, flüsterte ich ihm beruhigend zu, in der Hoffnung, ihn damit wieder in die Realität zu holen. Mehrere Sekunden starrte er mich einfach nur an, bevor er blinzelte.

Augenblicklich lösten sich seine Finger um meine Handgelenke und brachte Abstand zwischen uns. Seine Augen vor  Entsetzen weit aufgerissen.

»Ella, habe ich dir weh getan?«, erkundigte er sich aufgebracht, die Sorge in seiner Stimme nicht zu überhören.

»Nein, du hast mir nicht wehgetan. Du hattest einen Albtraum.«

Damiano wendete seinen Blick von mir ab. Zwischen uns herrscht betretenes Schweigen. Aber ich wollte das Schweigen nicht zu lassen, nicht jetzt.

»Du hast darum gefleht, nicht alleine gelassen zu werden. Von wem?«

Ruckartig hob er seinen Blick und sah mich an. In seinen rötlichen Augen stand Schmerz, ein Schmerz, der mich dazu brachte, meine Hand über seine zu legen.

»Willst du das wirklich wissen? Nachdem ich dich so gepackt habe im Schlaf?«, fragte er seine Stimme dabei immer noch brüchig.

»Ja, ich will wissen, warum du diesen Albtraum hattest. Von wem du gesprochen hast und warum es dich so mitgenommen hat.«

Das war die Wahrheit. Ich wusste nicht genau warum, aber ich hatte dieses Gefühl, als würde mehr dahinter stecken. Eine Seite, die ich gar nicht von ihm kannte, die er zu verdrängen versuchte. In dieser Hinsicht waren wir gleich, wir verdrängten zu unserem eigenen Schutz. Nur, dass es nie auf lange Sicht hielt. Wie von selbst umschlang meine Hand seinen noch fester, doch Damiano starrte mich hin- und hergerissen an.

»Rede mit mir«, bat ich ihn fast schon verzweifelt.

Unsere Blicke trafen sich, als er begann, zu sprechen.

»Mein Vater ist schon immer so gewesen, schon als ich klein war. Abends trank er immer viel in den Clubs der Stadt, oft blieb er Nächte lang weg. Immer wenn er weg war, hat meine Mutter Domenico und mir Nudeln gemacht. Du weißt, selbstgemachte Nudeln in verschiedenen Farben«, erzählte er und seine Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lächeln, welches mich auch lächeln ließ. Gleichzeitig durchfuhr mich ein Stich. Meine Mutter hasste Kochen, wie die Pest. Im Allgemeinen mochte sie nichts, beidem sie sich schmutzig machen konnte.

Lontano. Bis wir uns wiedersehen.Where stories live. Discover now