Kapitel 8

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Maerwyns Stimmung besserte sich nur langsam, als sie die Berge wieder hinabkletterten. Der Schnee wurde weniger und ihr Ärger über ihn wurde ersetzt durch die Sorge, was ihnen wohl bevorstehen würde, sobald sie die Minen betraten.
Obwohl sich ihr Unmut verringerte, so verschwand er doch nicht ganz. Er suchte sich lediglich ein neues Ziel: Gandalf.
Gandalf, der es gewagt hatte, Frodo eine Entscheidung aufzuerlegen, die er nicht hätte treffen können, weil er nicht wusste, was in den Minen auf sie wartete. Zugegeben, sie wusste es auch nicht. Doch niemand sollte eine Entscheidung treffen, basierend auf der Hoffnung, dass die Alternative besser sein würde als die momentane Situation. Doch genau das hatte Frodo tun müssen: sich entscheiden zwischen dem möglichen Tod seiner selbst und der anderen Hobbits oder dem Unbekannten, das in Moria hauste.
Sie hatten nur Gimlis Wort, dass sich dort Zwerge befanden. Ja, die Zwerge hatten die Stadt von den Orks zurückerobert und sich dort wieder niedergelassen, aber Gandalfs offensichtlicher Widerwille sich dorthin zu begeben, weckte starkes Misstrauen in der Prinzessin.
Als der Schnee so flach wurde, dass man ohne Probleme gehen konnte, nahm Sam Lutz' Zügel wieder an sich und Maerwyn verlor sich in ihren Gedanken.
Als Legolas ihr einmal etwas zu nah kam, huschte sie an Aragorns Seite und begann ein belangloses Gespräch mit ihm - so belanglos, dass sie sich hinterher schon nicht einmal mehr daran erinnern konnte, was das Thema gewesen war.
Sie ignorierte des Prinzen verletzten Blick und konzentrierte sich auf den Weg vor ihr.
Irgendwann tauchte eine hohe Brücke vor ihnen auf - zumindest das, was von der Brücke, sollte es je eine gewesen sein, noch übrig war.
Die Gemeinschaft kletterte vorsichtig einen schmalen Pfad hinunter.
Gandalf rief Frodo zu sich und sie unterhielten sich leise.
Im Vorbeigehen schnappte Maerwyn etwas über Mächte in Mittelerde auf, kümmerte sich jedoch nicht weiter darum. Vermutlich hatte der Zauberer mal wieder eine Weltuntergangsprophezeiung von sich gegeben und damit wollte sie sich beim besten Willen nicht auch noch befassen.
Sie kam erst zum Stehen, als Gimli andächtig darauf hindeutete, dass sie die Mauern Morias erreicht hatten. Sie schaute auf und sah einen klaren See und dahinter...Stein. Es sah aus, als wäre es einfach nur ein Berg. Sie vertraute einfach darauf, dass der Zwerg eine Stadt seines Volkes von außen erkennen konnte, wenn er eine sah.
"Zwergentüren sind unsichtbar, wenn sie geschlossen sind", erklärte Gimli, während sie an der Mauer entlang gingen, und klopfte mit seiner Axt gegen den Stein.
"Ja, Gimli", stimmte Gandalf ihm zu. "Ihre eigenen Meister können sie nicht finden, wenn ihre Geheimnisse vergessen sind."
"Wieso überrascht mich das nicht...", kommentierte Legolas trocken.
Aus unerklärlichen Gründen hatte Maerwyn das Gefühl, sie solle beleidigt sein.
Weiter vorne rutschte Frodo auf einem Stein aus und sein Fuß landete im Wasser des Sees.
Der Zauberer führte sie zu einem ganz besonderen Punkt an der Wand aus Stein und inspizierte sie, während er vor sich hin murmelte.
Er drehte sich um und schaute in den Himmel, als suche er nach etwas. In dem Moment verzogen sich die Wolken und der Mond ließ sein Licht auf die Gefährten fallen.
Wie auf Knopfdruck begannen Teile der Wand in einem weißen Licht zu leuchten. Sie zeigten ein elbisch verziertes Tor mit einer Inschrift.
"Hier steht", verkündete Gandalf, während Gimli feierlich, Maerwyn und Legolas skeptisch, die Hobbits neugierig und Aragorn und Boromir recht unbeeindruckt guckten, "Die Türen von Durin, Herrn von Moria. Sprich, Freund, und tritt ein."
"Was glaubst du, bedeutet das?", fragte Merry.
"Das ist ganz einfach", behauptete Gandalf großspurig. "Wenn du ein Freund bist, sage das Passwort und die Tür wird sich öffnen."
"Na, dann mach mal", forderte Maerwyn ihn auf.
Sie hatte das komische Gefühl, dass es doch nicht ganz so simpel war, wie der Zauberer meinte. Doch sie war mehr als gewillt zu sehen, wie er mit seinem Latein ans Ende kommen würde.
Der Zauberer legte die Spitze seines Stabs gegen den Stern in der Mitte des Tores und sprach mit gebieterischer Stimme einen Zauberspruch: "Annon Edhellen edro hi ammen!"
Nichts geschah. Die Prinzessin hob ihre Augenbrauen und verbiss sich einen gehässigen Kommentar.
Doch Gandalf war noch nicht fertig. Er hob seine Arme und seinen Stab und versuchte es mit einem anderen Spruch: "Fennas norgothrim lasto beth lammen!"
"Ich will ja nichts sagen", flüsterte Maerwyn Aragorn zu, als die Tür sich noch immer nicht öffnete, "aber nur, weil das eine elbische Tür ist, heißt das nicht, dass es einen elbischen Zauberspruch braucht."
Der Waldläufer warf ihr einen warnenden Blick zu, worauf hin sie schmollte.
"Nichts passiert", bemerkte auch Pippin.
Gandalf hielt das wohl für den passenden Augenblick, sich gegen die Tür zu stemmen, in der Hoffnung, sie mit Gewalt zu öffnen. Nur vergaß er dabei ein kleines Detail: das Passwort sollte laut Anweisung gesprochen und nicht eingeprügelt oder hineingestoßen werden.
Trotzdem hielt das Maerwyn nicht von einem dummen Kommentar ab: "Gandalf, wenn Gewalt nicht alle deine Probleme löst, benutzt du einfach noch nicht genug."
Ein strafender Blick von Aragorn wurde ignoriert, ebenso wie die belustigten Blicke von allen anderen, die nicht gerade versuchten, die Tür zu öffnen - Gandalf - oder fieberhaft darauf warteten, in die Hallen ihrer Vorfahren einzutreten - Gimli.
Gandalf ärgerte sich über seine eigene Vergesslichkeit. Angeblich kannte er einst alle Zaubersprüche in allen Sprachen - oder so ähnlich - was Maerwyn für absolute Übertreibung hielt, doch ausnahmsweise behielt sie das für sich. Im Gegensatz zu Pippin, der fragte, was der Zauberer nun zu tun gedenke, was ihm wiederum eine ziemlich heftige Antwort von genau diesem einfing: "Deinen Kopf gegen diese Türen schlagen, Peregrin Tuk-"
Maerwyn stellte sich schützend vor den Hobbit und warf dem alten Mann strafende Blicke zu.
"-und wenn sie das nicht zerschmettert und ich ein wenig Frieden vor dummen Fragen bekomme, werde ich versuchen, die öffnenden Worte zu finden."
"Das kann man auch ein wenig freundlicher sagen", befand die Prinzessin, die es nicht wertschätzte, dass Gandalf den armen Hobbit wegen einer berechtigten Frage so angefahren hatte.
Der Zauberer bedachte sie mit einem wenig freundlichen Blick, den sie trotzig erwiderte.

Von Maerwyn und Lumiel (Der Herr der Ringe Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt