Amethyst

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„Geh in deine Klasse", forderte Luhan auf, als Sehun meine Hand los ließ, ohne den Blickkontakt abzubrechen. Er gab lange keine Antwort und ich spürte Luhan neben mir unruhig werden. Bevor der jung aussehende Lehrer noch etwas hinzufügen musste, blinzelte Sehun und wandte das Gesicht Luhan zu.

 Ich blinzelte mehrfach, unsicher was das gerade zu bedeuten hatte.

 „Ich bin auf dem Weg zu Minseok Sir, und Sie?" Und irgendwas an seinem verschlagenen Lächeln ließ mich vermuten, dass er die Antwort bereits kannte.

 Luhan entließ einen Atemzug zwischen aufeinander gepressten Zähnen. „Gehen wir", sagte er leise und funkelte Sehun wütend an. Er wartete  gar nicht darauf, dass ich ihm folgte und eilte einfach weiter. Ich blickte verwundert zwischen dem sichtlich amüsierten Schüler und dem wiederum sichtlich wütenden Luhan hin und her.

 „Wollen wir?" Sehun klopfte mir auf die Schulter und forderte mich damit auf ihm (und Luhan) zu folgen. Ich stellte keine Fragen und ging einfach hinterher. Vielleicht war dieses Verhalten zwischen Lehrer und Schüler ganz normal hier.

 Luhan blieb irgendwann vor einer hellen Klassenzimmertür stehen und verschränkte die Arme vor der Brust, so dass die Dokumente die er von der Rektorin überreicht bekommen hatte, flach gegen seine Brust drückten. „Minseok ist dein Literatur- und Mathelehrer. Außerdem ist er verantwortlich für deine Klasse, solltest du also Fragen, Beschwerden oder Kummer haben, kannst du dich an ihn wenden." Er dachte kurz nach. „Ich stehe dir auch zur Verfügung. Wenn ich Zeit habe." Sehun prustete los und Luhans Mund formte einen waagrechten Strich. „Minseok unterrichtet die erste Doppelstunde. Literatur." Er drückte mir den Stapel in die Hand. „Hier sind die Schulregeln, dein Stundenplan und ein Plan des Schulgeländes damit du dich nicht verläufst. Außerdem findest du dort auch die Zimmernummer unter der du im Sekretariat deinen Wohnheimschlüssel bekommen kannst."

 „Wohnheimschlüssel?", wiederholte ich verblüfft. „Es gibt hier ein Wohnheim?"

 „Ja", antwortete Luhan, als wäre es das offensichtlichste überhaupt.

 „Okay, aber, ich habe nicht vor in...ein Wohnheim einzuziehen. Ich lebe nicht weit von hier entfernt."

 „Du hast dich nicht sonderlich gut informiert, nehme ich an."

 Ich zuckte nur die Achseln.

 „Es gibt hier sogenannte ‚Gelegenheitsdorms'. Schüler dessen Eltern viel Geschäftlich unterwegs sind, oder im Ausland leben, leben daher in den angrenzenden Wohnheimen. Jeder Schüler an dieser Schule erhält unweigerlich ein Wohnheimzimmer, selbst wenn er es niemals bezieht. Es gehört einfach dazu."

 „Oh okay."

 „Die Schwimmhalle befindet sich neben der Sporthalle und du solltest die nächsten Tage mal auf dem schwarzen Brett neben dem Sekretariat vorbeischauen und dich einer AG anschließen." Plötzlich blühte er auf. „Minseok und ich leiten die Fußball-AG, du kannst gerne vorbeischauen."

 „Das sagt er nur weil sie zu wenige auf dem Feld sind", flüsterte Sehun mir vertraulich ins Ohr, jedoch bewusst laut genug, so dass Luhan ihn auch sicher hören konnte. „Er und Minseok sind Sklaventreiber! Mit Sport und Spiel hat das nicht mehr viel zu tun."

 „Das sagst du nur, weil du es nicht ins Team geschafft hast Oh Sehun." Mein Kopf fuhr erschrocken herum, doch Luhan hatte  das breiteste und freundlichste Lächeln auf den Lippen das ich seit unserer kurzen Begegnung bei ihm gesehen hatte.

 Sehun erwiderte das Lächeln nur.

 „Wieso habe ich das Gefühl als würde der Boden unter unseren Füßen gleich aufbrechen?", meldete sich eine neue Stimme zu Wort. Luhan schreckte leicht zusammen und Sehuns Lächeln wurde noch so viel breiter. Vor uns stand ein braunhaariger Mann mit spitzen, großen Augen und ausgeprägten Wangen. Er hielt ein Buch in der einen Hand und die andere in die Hüfte gestemmt. Auch er trug keine Schuluniform und war elegant und schlicht gekleidet. Auf diese Uniformsache würde ich kein zweites Mal reinfallen, also nahm ich einfach mal an, dass dies, ungeachtet der jungen Gesichtszüge, ebenfalls ein Lehrer war.

DiamantenstaubWo Geschichten leben. Entdecke jetzt