Tsavorit

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Kyungsoo redete nicht mit mir. Er richtete kaum ein Wort an mich, nur wenn meine Eltern im selben Raum waren, machte er sich die Umstände auf meinen Smalltalk zu antworten. Er sah so blass aus und ich sah ihm sein Unbehagen an jeder Faser seines Körpers an. Er erhielt das unbenutzte Schlafzimmer neben meinem im obersten Stockwerk und entschuldigte sich sobald es spät wurde, um nicht unhöflich zu wirken.

Die besorgten Blicke meiner Eltern folgten ihm aus dem Zimmer.

„Warte, ich gebe dir Handtücher und etwas zum Anziehen." Kyungsoo drehte sich nicht um, aber er blieb für einen Moment im Türrahmen stehen, bis ich mich mit einem schnellen ‚Gute Nacht' von meinen Eltern verabschiedet hatte und zu ihm aufschloss. Wir schwiegen erneut als wir die Treppe hochstiegen, beide in unseren eigenen Gedanken versunken.

Ich zeigte Kyungsoo das Badezimmer, dass er gerne für sich alleine haben konnte, da ich mein eigenes zum Zimmer angrenzendes Bad besaß. Ich holte ihm ein paar Handtücher aus dem Schrank heraus und drückte sie ihm in die Arme, als ich kurz darauf wiederkam, dieses Mal mit einem Bündel Kleidung in der Hand, die ich aus meinem Schrank gefischt hatte, stand Kyungsoo noch immer da und blickte auf die Handtücher in seinen Armen hinunter.

„Eine extra Zahnbürste befindet sich im Schrank oberhalb des Spülbeckens, bediene dich ruhig an Shampoo und Seife und Zahnpasta." Ich überlegte ob ich etwas vergessen hatte.

„Du..." Ich horchte mit angehaltenem Atem auf, als Kyungsoo zum Sprechen ansetzte. „Dein Haar, es ist wieder ganz anders."

Es war, von allen erdenklichen Dingen die er hätte sagen können, das letzte was ich erwartet hatte. Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte.

„Es...ist schon wieder so verändert." Kyungsoo drückte die Handtücher fester an seine Brust und schniefte plötzlich. „Warum hat es sich so sehr verändert?" Ich war vollkommen geschockt als Kyungsoo anfing zu weinen. Ich hatte meinen besten Freund vielleicht drei Mal in meinem Leben weinen gesehen. Davon hatten alle Male mit dem Umfall seiner Mutter zu tun. Ansonsten weinte Kyungsoo nicht, nicht wenn er früher hinfiel, wie ich ständig, oder wenn er stritt und wusste dass er falsch lag (vielleicht lag Kyungsoo aber auch einfach nie falsch).

„Hey", ich wusste noch immer nicht was ich sagen sollte. „Hey...es tut mir leid, ja? Ich färbe sie mir wieder schwarz, okay? Ich mache es wieder rückgängig."

Kyungsoo schüttelte den Kopf und ich machte bereits einen Schritt auf ihn zu, um endlich zu tun, was ich schon den ganzen Tag hatte tun wollen - ihn an mich drücken und ihm sinnlose Versprechen von ‚Alles wird wieder gut' und ‚Mach dir keine Gedanken' ins Ohr zu flüstern. Stattdessen gefror ich auf Kyungsoos Worte hin, zur Salzsäule: „Du kannst es nicht wieder rückgängig machen, du hast dich schon so verändert, du...du bist nicht mehr derselbe, nicht mehr der, den ich..." Kyungsoo drehte sich fort. „Lass mich bitte alleine."

Und ich tat es. Natürlich, welches Recht hatte ich ihm zu widersprechen? Ich hatte ihn hängen gelassen, ich war ein schrecklicher Freund gewesen und doch...ich war auch wütend auf Kyungsoo, weil er nicht verstand wie notwendig all das gewesen war, was ich getan hatte und was auch immer, ich noch tun würde.

Eine Umzugsfirma räumte Kyungsoos und Hyunseun's Wohnung aus. Kyungsoo saß still am Küchenfenster, während er beobachtete wie die beauftragten Männer die Möbel seiner Kindheit und Jugend unvorsichtig ins Haus und in den Keller trugen, wo Dad sie fürs erste aufbewahren wollte.

Ich wagte nichts zu sagen, auch wenn ich einen Funken Trauer in Kyungsoos Augen brennen sah. Von mir wollte er ohnehin nicht getröstet werden.

„Ich gehe zur Schule", sagte ich zu meinen Eltern, die mich verwirrt ansahen. „Schule? Die Bildungseinrichtung, die ich schon seit Jahren besuche."

DiamantenstaubWhere stories live. Discover now