Drei.

5.1K 323 78
                                    

Den Rest meiner Zeit arbeitete ich nur meine Unterlagen ab. Er antwortete kurz und ohne Umschweife. Nicht mehr als nötig.

Mein Kopf pochte, um mir erste Anzeichen von Kopfschmerzen zu bescheren.

Im Endeffekt war ich doch ganz froh, als ich am späten Nachmittag mein Auto aufschloss und den Nachhauseweg antrat.

Wie zu erwarten war die Wohnung leer, was ich begrüßte. Tom würde erst am Abend von der Arbeit nach Hause kommen. Bis dahin würde ich alleine sein.
Ich schmiss meine Sachen in die Ecke und ging in die Küche um mir einen Tee zu machen. Aus irgendeinem Grund war mir kalt.
Mit dem Tee und einem Buch unter dem Arm setzte ich mich ins Wohnzimmer. Ich nahm die Fleecedecke von der Lehne, kuschelte mich in diese und schlug das Buch auf.

Ich habe keine Ahnung was es für eins gewesen ist, denn zum Lesen kam ich nicht. Meine Hände zitterten.

Färbte die Eiseskälte von Herrn Tjarks jetzt auf mich ab, oder was? Ich musste schon jetzt zugeben, dass er einen Eindruck auf mich hinterlassen hatte. Anders als die meisten meiner Fälle. Dabei hatte ich mich noch nicht einmal mit der Opferfamilie befasst. Also dürfte ich keinerlei emotionale Bindung zu diesem Fall gehabt haben. Zu diesem Fall, ja...

Ich schaltete den Fernseher ein und legte das Buch auf den Beistelltisch. Leichte Unterhaltung ohne Anstrengung wäre jetzt vermutlich das Einzige auf was ich mich konzentrieren könnte.

Nach einer Weile hörte ich Schlüssel klimpern. Tom.
Der große, braungebrannte Sunnyboy kam grinsend ins Wohnzimmer. Er zog seine Lederjacke aus und schmiss diese auf den Sessel links von mir. Darunter trug er nur ein weißes T-Shirt, das Blick auf seinen linken tätowierten Arm bot.

"Ist das nicht ein bisschen kalt? Wir haben März", fragte ich, wobei meine Stimme irgendwie belegt klang.

Ihm schien das nicht aufzufallen, denn er grinste nur.

"Und trotzdem haben wir fast 20 Grad heute gehabt."

Ich verdrehte die Augen, zwang mich zu einem Lachen und widmete mich dann wieder der, zugegeben unglaublich belanglosen, Sendung im Fernsehen.

"Lass uns doch was essen gehen!", lenkte Tom in Nullkommanichts wieder meine Aufmerksamkeit auf sich.
Ich schüttelte den Kopf. "Mir ist kalt. Ich will heute nicht mehr raus. Außerdem hab' ich keinen Hunger."
Er zog die Augenbrauen hoch und kam auf mich zu.
Tom setzte sich zu mich und umschloss meine Finger mit seinen, wobei ein überraschter Ausdruck über sein Gesicht huschte.
"Ach du Scheiße, du bis ja wirklich eiskalt, Evelyn! Hast du dir irgendwas eingefangen?"
"Wann hast du mich das letzte Mal Evelyn genannt?", fragte ich ihn, vermutlich um seiner Frage auszuweichen.
"Sorry, Eve. Geh' ins Bett. Wenn du morgen nicht fit bist, bleibst du aber bitte zu Hause!"
Kurzerhand hob er mich hoch und trug mich samt Decke ins Schlafzimmer. Dort küsste er mich sanft. "Ich komme bald nach." "Alles klar, Mama", grinste ich. Dann ging er wieder ins Wohnzimmer.
Vielleicht würde er ja Recht behalten und ich müsse morgen nicht zur Arbeit.

Aber natürlich war das Glück nicht auf meiner Seite. Ich wurde nicht krank und so schleppte ich mich auch am nächsten Tag zum zweiten Gespräch mit Thaddeus Tjarks.

The Psychopath || Taddl||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt