3. Kapitel

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„Bei den Ideen! Bei Diersa!" Tomga riss seine Augen so weit auf, man könnte meinen, sein Schädel wolle sich in zwei spalten. Der Elf hing an Ort und Stelle fest, rührte keinen Muskel mehr, stattdessen gaffte er empor in die Weiten der Stadt Badazan. „Das ... wie ... Das ist ... das ist ..."

„Eine der Hauptstraßen. Und deswegen stehen wir hier nicht zu lange rum, sonst rempelt man uns um oder gewinnt Gefallen nach unseren Taschen." Seroin zog den breiten Elf stetig an die Seite der weiten Straße, langsam erdrückte sein Gewicht ihre Kraft und ihre Muskeln ächzten nach einer Pause. Behutsam verhalf sie ihm auf eine Bank und streckte ihre brennenden Arme.

„Die Türme ... wie ... und ... in der Luft." Tomga hingen noch an dem Bild vor ihm als wären sie auf ewig verzaubert.

Die freie und schöne Stadt Badazan erstreckte sich so weit ein sterbliches Auge sehen konnte. In einem Kreis gebaut war sie schützend von hohen Stadtmauern umgeben, in ihrem Inneren zogen sich Flüsse wie Adern durch ihre Straßen. Gewaltige Hauptstraßen brachen zu imposanten Nebenstraßen auf, diese zerflossen zu engen Seitengassen, diese verloren sich in dunkeln Pfaden und Ecken. Grundstein der Stadt waren die unzähligen Häuserreihen von geraden und buntverzierten Gemäuern, manch eines morsch und alt, andere frisch gepflanzt.

Doch zwischen ihnen, in regelmäßigen und nicht großen Abständen, ragten die Säulentürme Badazans empor. Mächtige Gemäuer aus festem Stein, breit und lang wie eine Burg, hoch wie ein Gebirge selbst. Ihre Außenwände waren teils geschlossen und verbargen ihr Inneres, teils konnte man in den Lebensraum sehen wie in einen Hühnerstall. Die Säulentürme wuchsen höher und schöner, je näher sie an die Mitte der Stadt gebaut waren.

Auf den Straßen herrschte das Gesetz der Hektik. Und doch verschwommen alle Farben und Töne zu einem seltsam rhythmischen Bild. Die Straßen waren beherrscht von Sterblichen aller Größen, Farben, Breiten und Altern.

Die schmalen und eleganten Elfen trugen in ihren langen Spitzohren teils verzierte Ohrringe, an ihren Leibern hingen entweder imposante Stoffe von hohen Häusern oder die Lumpen von Straßendieben.

Die kleinen, doch stämmigen Zwerge protzen mit Bartfrisuren unterschiedlichster Art, manche präsentierten stolzen Stahl aus der Heimat, andere schleppten mechanische Basteleien mit sich herum.

Die kräftigen und teils haarigen Orks zogen sich ruckhaft durch die Gassen, viele von ihnen in stammestypischen Ledertrachten, andere in feinen Händlerroben, ihre Hauer mit kleinen goldenen Ringen verziert und ihre Augen geschult für den Umgang mit Zahlen.

Sie waren umgeben von unzähligen Gesichtern, Lauten und Bewegungen, als ob das Leben selbst hier auf den Gassen herumposaunte.

Man rief sich zu, schrie sich an, Stimmen betonten neue Waren und sicheren Handel, andere suchten kräftige Handwerker und Helfer. Viele Schreier standen auf den festen Bänken an der Seite der Hauptstraße und schleuderten ihre Worte über die unüberschaubare Masse hinweg. Rufe des Taschendiebstahls wurden gefolgt von dem Lachen aus Schadenfreude, geflüsterte Angebote nach unmoralischen Handlungen oder Waren wurde meist mit einem Handwinken hinfort gewedelt.

Der Trubel nahm die gesamten Straßen der Stadt ein, doch so auch deren Himmel. Zwischen den Türmen flogen langgezogene Plattformen aus Stein hin her. Ihre Oberflächen waren glatt und gerade, ihr Boden erinnerte an das Becken eines Schiffs. An deren Metallgeländern standen Gestalten und starrten von oben auf das Gewirr der Stadt herunter. Manch eine solche Plattform war nur von einer Person behaust, andere wiesen ganze Massen auf. Stets erkannte man eine Gestalt, die hinter einer Art Steintisch verweilte und den Gang der Plattform lenkte. Ihrer gelangweilten Haltung zu entnehmen barg diese Art des Fluges für Badazaner nur noch die Aufregung eines langsamen Kutschenritt.

Träume aus Badazan - Stadt ohne GötterWhere stories live. Discover now