23. Kapitel

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Der Terror regierte Badazan.

Der Nachthimmel war erfüllt von den hellen Masken der G.M.E.s, die Straßen der Stadt getränkt im Blut seiner Bürger. Jeder Wächter konzentrierte seine Magie auf die gewaltige Masse in mitten der Lichter.

Die Talharfe und ihre Jungen gierten sich weiter durch die Gassen, eine Urgewalt der alten Welt traf auf die neuen Götter.

Doch Seroin hatte keine Augen dafür. Sie schoss durch die Luft, Dolch gezückt, Wille gefasst.

Tomga sah sie nicht kommen.

Mit der Wucht einer Balliste riss sie ihn von der Platti und beide segelten Richtung Boden. Seroin schleuderte sich in der Luft herum und griff ins Nichts, verlangsamte ihren Fall.

Nicht so der Elf. Er fiel wie ein Stein zu Boden, nur ein langgezogener Kreisch begleitete ihn nach unten. Er verschwand in der Staubwolke über den Straßen, zwischen schreienden Seelen und unzähligen Spinnenbeinen.

Seroin zog sich in der Luft herum und wirbelte in weitem Kreis auf die Stelle seines Absturzes zu. Nur kurz sah sie das Gemetzel gänzlich, den Anfang eines neuen Konflikts, der diese Welt verbrennen würde. Nur kurz floss eine Träne ihre Wange herunter. Rasch tauchte sie in die Staubwolke ein und landete sicher auf den Straßen von Badazan.

Schnell musste sie sich orientierten. Staub hing dick in der Luft, verkürzte die Sicht. Auch in diesem spiegelten sich die Farben der Stadt wider, schienen das Massaker untermalen zu wollen.

Verwirrte Menschen taumelten umher, suchten Hab und Gut oder ihre Nächsten. Leiber langen zerdrückt unter Trümmern, manche davon alt, andere zu jung. Immer wiederkehrende Schreie dröhnten aus allen Ecken, nur übertönt von dem Klackern der gigantischen Spinnenbeine, die immer noch in ihrer Nähe umherliefen.

Seroin suchte einen sicheren Stand, dabei schmierte einer ihrer Stiefel durch eine Lache Blut. Die rote Suppe lag bereits verklumpt zu Boden, ihr Spender nicht mehr zu finden.

Wut eroberte ihren Körper, Hass ihr Sein.

„Das wollte ich nicht." Die Stimme schlich sich von hinten an sie heran, vorsichtig und doch sicher. „Nichts davon."

Sie musste sich nicht umdrehen, um zu wissen. Natürlich hatte er überlebt. „So wie damals, oder? Dein feiner Krieg?! Und jetzt sollen wir ihn hier erleiden? Hat das jeder hier verdient? Jeder?!" Seroins tödlicher Blick traf die eingefallenen Augen von Tomga.

Der Ritter hielt bereits sein Schwert in der Hand. „Kein Krieg. Nie wieder. Aber dieser Stahl. Er kann nicht hier verweilen. Die Stadt darf ihn nicht haben. Seroin, ich hätte nie gedacht, dass dies soweit kommt, nie ..."

„Perversion nanntest du uns, falsch nanntest du uns. Selbst ohne die Kette. Du sahst uns unter deinen Göttern, unter deinen Sklavenhaltern. Selbst ohne den Stahl, sag mir, du wünscht dir die Ideenkinder unterbreiten all dem hier ein Ende, oder? Sag es mir!"

Der Elf sah gen Himmel und schloss die Augen. „Diese Stadt ist falsch! Dieses Leben ist falsch!

„ABER ES IST EINES SELBST GEWÄHLT!" Seroins Schrei hallte durch die Staubwolke, selten erklang ihre Stimme sicherer.

„Die Ideenkinder lassen euch ... sie werden ... ihr könnt immer noch ..."

„Nein, Tomga, nein." Fremder und eigener Stolz verschmolzen in ihr zu einem. „Wenn, dann lassen wir euch, erlauben wir euch. Wenn, dann tolerieren wir euch. Wenn überhaupt. Nicht ihr. Wir. Wir, Tomga, sind die neuen Götter."

Der Ritter trat erschrocken zurück, Entsetzen in seinen Zügen. „Seroin, du kannst nicht sagen, dass..."

„Du hattest recht." Sie drehte ihren Dolch, prüfte ihre Glaskugelzauber, fühlte nach ihrer Armbrust. Ihre Finger juckten. „Ich hätte nie gedacht, dass es soweit kommt. Sonst hätte ich dir nicht dein verschissenes Bein geheilt. Das würde es jetzt deutlich leichter machen."

Träume aus Badazan - Stadt ohne GötterWhere stories live. Discover now