15. Kapitel

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Mit einem zufriedenen Schmatzen legte der Mann vor Seroin seine Suppenschale auf den Tisch zurück. Geschwind wischte er sich den Mund ab und verstaute das Tuch wieder in seiner blauen Robe. Behutsam richtete er sich die silberne Anstecknadel auf seiner Brust gerade, dies zeigte stolz die beiden Buchstaben „O.I.".

Mit einer gewissen Freude packte er zwei kleine Fingerhüte aus, setzte sich diese auf und drückte die Finger aneinander. Den zwischen den Hüten entstehende Rauch atmete er mit großer Gier an und stieß ihn darauf entspannt aus seiner Nase. „Du hast deine Suppe ja nicht mal angesehen, gute Sero."

Seit Beginn des Treffens und dem Bestellen der Suppen traute sich Seroin nicht den Mann vor ihr anzusehen. Stattdessen sah sie sich auf dem Balkon des Restaurants des Dampfenden Dackel um. Sie saßen wieder an demselben Tisch wie vor wenigen Tagen sie mit Tomga allein, selbst die Blumen an dem Gelände des Balkons wirkten unverändert. Die Stube von der Ork Oma Gomscha war Seroin eigentlich je her ein Ort der Erholung gewesen. Doch nicht so, saß ein Oberinspektor der Stadt Badazan vor ihr, er und seine Begleitung.

„Ich dachte ... sagte ... wir kommen alleine, Madex." Seroin kletterte mit ihrem Blick über den Tisch. „Allein."

Madex strich sich durch sein dünnes, blondes Haar, seine magere Gestalt war im Stuhl genüsslich nach hinten gelehnt. „Was? Dich überrascht das nicht oder? Ich meine, du bist auch mit deiner Wache hier." Er winkte in Richtung Tomga.

Der Elf saß beinah zusammengekauert neben Seroin am Tisch, sein Blick stur auf die dampfende Suppe vor ihm gerichtet. Auf seinem Schoß lagen seine zusammengelegten Finger, versuchten das Zittern zu kontrollieren.

Denn vor ihm, neben Madex, stand die Begleitung des Oberinspektors, ruhig, stählern und ohne Atem. Der G.M.E. schien sie mit seiner Ankunft ununterbrochen anzustarren, konnte man dies doch nur vermuten, sah man nichts anderes als die seltsame flache Spiegelmaske und das eigene Bild darin.

Der Oberinspektor legte einen seiner Stiefel auf den Tisch. „Zuwachs, hä? Der Anblick der guten alten G.M.E.s ist schon was. Wobei wieder ..." Ein scharfes Grinsen zeigte seine Zähne. „So einen sieht er nicht zum ersten Mal, oder? So einen habt Ihr erst vor kurzem gesehen, oder, Herr Balf?"

Tomga schoss mit dem Blick hoch und Seroin stockte kurz der Atem.

Madex dagegen kramte eine gefaltetes Bündel Papiere aus seiner Robe. „Hier, wo wars. Ah ja. Vorfall im Lieb-Viertel, auf einer Brücke. Übermäßiger A.M.I. Einsatz mit einem gewalttätigen Täter. Neutralisiert. Wenig später stürzt sich eine Frau von einem der Säulentürme." Über die Papiere sah er Seroin kalt an. „Versuch es gar nicht zu leugnen, gute Sero. Das beschämt dich nur. Hier, Augenzeugen berichten von einer Frau, dunkles Haar, mit zwei Zugfingern an ihren Handgelenken. Als auch einem blonden Elfen, vernarbtes Gesicht, Rüstung aus Metall. Beide sprangen von der Brücke, doch lebten. Wenig später, kurz nach Aufprall der Gesprungenen, da registrierte einer der G.M.E.s vor Ort ein Gesicht." Er sah spielerisch an dem G.M.E neben ihm hoch. „Hast du diese Informationen, ZK-23? Falls ja, wiedergeben bitte."

Der Wächter hob seine seltsam leere Stimme umrundet mit dem Klang von Metall. „Dach des besagten Säulenturms, ein Gesicht stach hervor, verfolgte Flugbahn der Gesprungenen. Nicht auf unseren Listen versehen. Kurzbeschreibung. Elf, blond, verstärkt Narben im Gesicht." Der G.M.E. starrte auf Tomga nieder. „Höchstmögliche Person damals, Elf hier anwesend, Herr Oberinspektor Madex."

„Danke, ZK-23, das denkt sich jeder hier." Madex lehnte sich vor und ohne zu fragen griff er Seroins Suppenschüssel. Sofort ertönte wieder das nasse Schlürfen und hastige Kauen. „Also. Ihr vor Ort, junge Ernte auch, ich nehme mal an, das ist kein Zufall. Und dann springt jemand von einem unserer Türme. Gut, das kommt hier fast jeden Abend vor. Aber dabei wart ihr auch wieder vor Ort. Und stell dir vor Sero, darauf kriege ich Nachricht von dir, wir müssen reden, was ein Zufall? Und das direkt nachdem wir die Tote und ihre Sachen geborgen haben."

Träume aus Badazan - Stadt ohne GötterWhere stories live. Discover now