5. Kapitel

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„Nicht zu tief einatmen." Seroin schrie die Worte in Tomgas Ohren, ansonsten hätte er sie nicht gehört. Sie standen an der breiten und von Schnaps verklebten Bar und warteten auf Liku, entkamen damit aber nicht der Ektase des Aderlasses.

In dessen Kellergewölbe ertönte laute Musik, wilde Klänge verschiedenster Art huschten aus allen Ecken des Gemäuers zu ihnen herüber. Kleine Glasröhren hingen an den Wänden, diese waren in den verschiedensten Farben angemalt. Das warme Sonnenlicht, das aus diesen herausfloss, kleidete den Raum in ein buntes Zauberwerk. Die Farben sprangen so wild umher, man erkannte den Grundton der Kellergewände nicht mehr.

Hinter ihnen auf der weiten Kellerfläche mit hoher Decke tanzten, wackelten und standen Menschen herum. Die meisten trugen kaum Kleidung, ihre Augen geweitet in künstlicher Freude und ihr Atem rasant schnell oder betäubt lahm. Alle wiesen lange Schnittwunden an Armen und Brustkörben auf, kleine Fäden Blut schmückten schwitziges Fleisch aller Farben. Doch diese Wunden schienen ihn kaum Schmerz zu bereiten, im Gegenteil, ein jeder wirkte fröhlich, leer oder benebelt.

Seroin griff wieder Tomgas Hals und zog sein Ohr an ihre Lippen. „Und schneide dich nicht, keine offenen Wunden." Sie deutete in dem Kellergewölbe umher. An den Wänden und Ecken standen Menschen, die mit weiten Schwüngen Händevoll Pulver in den Raum warfen. Der feine Staub glitzerte in der Luft und begann sich langsam zu senken, dabei streckten die meisten ihre Wunden aus und hielten diese in den frischgeworfenen Pulverflug.

„Taubpulver. Alle möglichen Effekte. Im Blut entfaltet es sofort seine Wirkung. In diesem Raum denke ich ist Wachsamkeit. Ausruhort für die anderen Kellergewölbe. Oder fühlst du dich noch wirklich müde?"

Der Elf schüttelte wild den Kopf und seine Züge strahlten vollkommen begeistert.

„Nicht zu tief und zu viel einatmen, so wird man schnell platt danach. Oder kann nicht mehr ohne."

Nun griff er ihre Schulter. Seine rauen Hände waren doch zu einer sanften Berührung möglich und er trug einen seltsam angenehmen Geruch für einen Mann auf Reisen. „Was für ein Wahnsinn, was eine Erfindung. Ich habe selten eine Feierei so wild und exotisch gesehen."

„Das ist nur Wachsamkeit." Seroin deutete auf einen Gang gekleidet in verschiedensten Tönen von Rot. Aus diesen dröhnten hörbar das Stöhnen von unzähligen Stimmen als auch die Geräusche von nassen Bewegungen von lustvollem Fleisch hervor. „Rate mal, welches Pulver dort geworfen wird. Und warum manch einer eine Pause braucht."

Tomga brauchte eine Weile, dann lief er rot an. Kurz stammelte er nach Worten. „Und du? Nimmst du diesen Staub. Es erscheint mehr als praktisch."

Seroin schüttelte den Kopf. „Nicht diese Art hier. Ich habe meine bestimmte Sorte. Irgendwann gewöhnt sich der Leib daran, lässt sich nicht mehr von der Magie an der Nase herumführen. Und dann braucht es mehr. Wenige schaffen sich zu entwöhnen, manch einer greift zu A.M.I.s. Enden tut es nie ..."

Da erspähte Seroin den Ork Bescha, wie dieser aus einer Tür des Kellergewölbes hervortrat. Sie tippte auf Tomgas Arm. „Liku scheint hier zu sein. Also. Erinnere dich ganz genau an deine Schwester, ganz exakt."

Tomga war von der Frage sichtlich überrascht, doch Seroin hatte sich bereits von ihm abgewandt und breitete die Arme für eine Begrüßung vor.

„Seroin. So selten sehen wir dich hier, nicht wie früher, nein, so selten." Der Elf neben Bescha war kränklich schmal, seine bleiche Haut glänzte nass und die kleinen, fast pechschwarzen Augen zitterten beinah dauerhaft. An seinem Körper hing ein feuchtes Hemd, so tief, es fiel ihm bis zu den Knien. Ob er eine Hose darunter trug, man musste es raten. Doch entgegen seines gebrechlichen Aussehens drückte er Seroin fest an sich, eine ungeahnte Kraft in seinem Leib.

Träume aus Badazan - Stadt ohne GötterWhere stories live. Discover now