14. Kapitel

27 13 40
                                    

„Wo?" Tomga taumelte durch die enge Gasse, sein Blick glasig, in seiner blassen Hand ruhte sein Schwert. „Wo finde ich einen Inspektor, zeigt euch! Ihr gehört alle erschlagen, erschlagen sage ich!" Er schwang die Klinge umher, traf eine raue Mauer und ein kleiner Funkenschwarm regnete auf den Boden.

Die umherstehenden Menschen betrachteten ihn mit Schadenfreude und teils auflodernder Gier. Gerade drängten sich mehrere Damen der Nacht aus Nebengassen zu ihm herüber, da pfiff Seroin scharf auf und schnipste die Huren zurück in ihre Löcher. „Tomga, warte. Und leg die Flasche weg."

Der Ritter sah sie nur kurz an, ihr Anblick schien ihm eine unstillbare Wut ins Herz zu schießen. Wieder hob er die staubige Flasche an seine Lippen und goss sich den Blutgin die Kehle herab. „Verschwinde! Du und diese Stadt, dieser Tumor der Welt! Die Ideen sollen euch niederschlagen, selbst Defala wäre besser!"

Seroin packte ihm am Arm. „Nicht hier. Wenn du schreien und wüten willst, dann im Sagvi-Viertel, nicht hier. Ich kenne hier nicht genug Leute und Zitterlippe kann uns hier ..."

Er riss sich los und hob die Flasche. „Ja, auf den Zitterlippe, den Menschenfreund Zitterlippe. Was will er von mir? Mir wirklich helfen? Hmm? Auf die ganze Stadt, ein Hoch auf Badazan, ein Hoch!"

Ein sadistisches Gekicher brach unter den Schaulustigen aus und manch einer hob ein Glas.

„Auf diese ... diese neuen Götter. Mit ihren Lichtern und Blut und Pulver. Guck wie laufen kann, guck wie laufen kann. Lieber nehm ich mein Bein kaputt, lieber schlag ich es mir ab!" Tomga kippet sich noch mehr der Flasche in den Hals.

„Halt deine Stimme unten, das ist Ibis-Bande Gebiet. Die kennen dich und ..."

„Ah jaa, die Ibis. Stolze Veteranen wie ich. Und jetzt Huren dieser Stadt, Huren sage ich. Defala soll sie holen!" Der Ritter schmetterte die Flasche auf den Boden. „Das, nur das verdient ihr ... nur das ..." Mit jedem Tritt wurde er röter und Rotz floss seine Nasenspitze herab. Er weinte. Schließlich brach er auf die Knie zusammen und hielt sich das Gesicht verdeckt.

„Tomga." Seroin stützte ihn unter den Armen. „Komm hoch, nicht hier. Ich bring hier weg. Verstanden? Komm."

Der Elf sah zu ihr hoch, seine narbenversehenen Züge nun die eines gebrochenen Kindes. „Für was ... warum?"

Tatsächlich packte Seroin ihren eigenen Ärmel und wischte seine Wangen sauber. „Wir gehen sie begraben, das Mädchen, ja? Wir schenken ihr die ewige Ruhe und einen guten Gang ins nächste Sein."


Die Stille dröhnte stärker in Seroins Ohren als jeder Lärm Badazans. Sie umklammerte ihren eigenen Leib, ihre Augen stetig auf die weitentfernte Stadt fokussiert.

Sie waren standen auf einem kleinen Hügel gesegnet mit einem einzelnen krummen Baum. Der Wind jagte durch die Nacht und das grelle Licht der Stadt erleuchtete sogar hier die Weiten an Gras. Jede Brise zeichnete sich in den unzähligen Halmen ab, die Fläche wirkte wie ein wildes Meer aus Grün.

„Endlich sehe ich wieder Sterne, die Augen von Diersa. Die Stadt erstickte diese mit ihren Lichtern Tag und Nacht, doch hier. Hier sehe ich meine Göttin wieder." Tomga senkte das Haupt und formte ein stummes Gebet.

Seroin wand gezwungen den Blick von Badazan ab. „Hier passt es, an den Wurzeln, unter den schmalen Ästen. Was willst du für sie unter die Erde legen?"

Ohne zu Zögern holte der Ritter seinen Schild hervor und legte ihn neben sich ins Gras. „Ich konnte sie nicht schützen. Den habe ich nicht verdient." Er packte die rostige Schaufel und begann zu graben.

Wie lange sie schwiegen, Seroin wusste es nicht. Sie hasste die Stille und doch, in diesem Moment, da kratzten die wenigen Töne der Stadt schmerzhaft in ihren Ohren. Als würde sich diese langsam wieder erinnern, was es hieße, Ruhe zu genießen.

Träume aus Badazan - Stadt ohne GötterWhere stories live. Discover now