8. Kapitel

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„Ich habe keine von diesen A.M.I.s!" Tomga versuchte den Ton seiner Stimme freundlich zu halten, doch nach dem gefühlt hundertsten Händler fiel es ihm deutlich schwerer. „Und lassen Sie bitte die Finger von meinem Schwert und meiner Ausrüstung, nichts steht zum Tausch bereit."

„Verkauf. Tauschen will hier niemand." Seroin glitt durch die dichten Händlermassen wie eine Schlange durchs Gras. „Und zieh den Kopf ein, da vorne kommt noch ein Tunnel. Hände an die Taschen und niemanden ins Gesicht sehen."

Die beiden waren vom Herzen des Sagvi-Viertel an dessen Grenze zum Ieswibe-Viertel geschlendert und betraten dort eine der engen, sonst zu vermeidenden Gassen. Die Wände dieser bestimmten Gassen bargen jedoch eine Besonderheit, in ihnen lagen unzählige grob geschlagene Löcher. Aus diesen dunklen Öffnungen begrüßten sie freudige Augen oder gierig forsche Hände, die fleißig die verschiedensten Waren anboten. Man schlug sich durch einen Dschungel von dürrem Fleisch und billigem Ramsch.

Regelmäßig wuchsen die beiden Gemäuer rechts und links von ihnen zu einer Decke über ihnen zusammen, gaben Halt für eine Straße gebaut auf und über die Dächer der schattigen Gassen hinweg. Und genau durch solch einen Tunnel huschten Seroin und Tomga, die eine seltsam erfreut, der andere baldig am Ende seiner Nerven.

„Man hat mir an das Gesäß gefasst. Oft." Tomga drückte sich aus dem Ende des Tunnels hervor und schüttelte sich zornig. „Eure Händler kennen keine Grenzen, das ist beschämend." Der Elf prüfte seine Taschen, dies mit einer schnellen Reihenfolge von Fingertasten, wie Seroin es ihm zuvor gelehrt hatte. „Und nicht mal Magie darf ich dagegen zu nutzen ..."

Die junge Frau band sich die dunkelbraunen Haare zu einem Zopf und sah gen Himmel. Mehr und mehr der kleinen Plattis flogen in ihre angezielte Richtung, der richtige Weg. „Es ist der schnellste Pfad. Alternative wäre durch das Kanalsystem von Badazan. Und die Abscheulichkeiten da unten willst du nicht sehen, magische Missgeburten! Aber recht hast du. Man kann den Händen darin ruhig mal eine Lektion lehren." Geschwind huschte sie wieder an den Tunnel heran und zog einen kleinen Metallstab aus ihrem Gürtel. „A.M.I.s für Taubpulver? Hat jemand was?"

Sofort drückten sich unzählige eifrige Gesichter aus den Löchern in der Tunnelwand, sahen mit großen, weißen Augen gespannt zu ihr herüber. Schmale Finger geformt zu einer bettelnden Geste ragten bereits aus dem Tunnel hervor.

„Taubpulver? Ich habe Knochenstaub und vertrocknete Herzen. Gut als Zutat, sicher als Zutat!"

„Ein Sack Fingernägel, eigens gesammelt, in allen Größen. Gut für Tränke und als Schmuck, Nehmt, oh bitte nehmt."

„Glaskugeln. Gute Glaskugeln. Mit besten Zaubern darin, sicher in der Anwendung und lang getestet!"

Die junge Frau hob den Stab, drehte ihn in ihrer Hand und öffnete ihre Finger. Sofort schoss das grelle Sonnenlicht aus der kleinen Glasröhre in dem Metall hervor, brannte sich direkt durch den Tunnel und erstrahlte selbst jede kleinste Kerbe darin.

Die Händlermassen quietschen auf und jaulten die verschiedensten Beleidigungen während sie wieder wie Kellerasseln in ihren Höhlen verschwanden.

Seroin kicherte auf und wand sich zu Tomga, dieser sah sie etwas empört an. „Ach beruhig dich. Den geht's gut. Ein Streich, nichts weiter."

„Du darfst das. Wieso kann ich nicht zaubern?"

„Weil mein Zauber eine gekaufte Attrappe ist, eine billige Kopie. Und du bist die Quelle. Aus dir kann man genug A.M.I.s ziehen, um sich Dutzende dieser Teile kaufen zu können."

„Als du sagtest, dies seien mehr Menschen als je gesehen hätte, da lagst du gut falsch. Mehr Widerlinge sicherlich, aber das wars auch."

„Der Drecksfingermarkt ist nichts für Zuwachs. Aber er ist der beste und schnellste Weg ins Herz der Fütterstraße. Das Risiko ist es wert, will man unerkannt und rasch sein." Seroin deutete vor sich. „Und dort liegt unsere Treppe. Auf geht's!"

Träume aus Badazan - Stadt ohne GötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt