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Jan läuft, häuft Falschen in seinen
Taschen an, ‚das Geschäft geht gut',
denkt Flaschensammler Jan.

Jan fragt sich, wieso das Leben sich
von einem Moment auf den anderen
derartig verändern kann, Jan versteht
nicht, wieso das Leben so unberechenbar
sein muss, mit Verdruss kickt Jan eine
Pfandflasche außer Sichtweite, wie schön
es doch wäre, wäre Emelie jetzt an seiner
Seite.

Jan verspürt Frust, gar Lebensüberdruss,
er will dies alles nicht mehr tun, will
lieber auf ewig ruhn', in einem Grab,
dass er wird schaffen, aus abertausend
gelb-goldenen Flaschen, Jan zählt die
Münzen, die er stets bei sich trägt, eingenäht waren sie in seiner Jackeninnentasche, für den Notfall
hielt Jan sie dort parat, gespart hat er
sie, vergessen hat er sie nie, ‚heute ist
der Tag, an dem ich sie ausgeben mag!',
denkt Jan.

Jan setzt einen Fuß vor den anderen,
er bestreitet seinen Weg, geht schnell,
gibt keine Acht auf seine Umwelt, diese
Umwelt, die Jan schon so lange missfällt,
er wiegt das Geld in seinen Händen,
heute will Jan sein Schicksal wenden,
Jan geht zum 24-Stunden Kiosk, direkt
bei der Haltestelle von der S-4, dort
kauft Jan schließlich jede Menge Bier.

Jan fühlt sich wie ein gefangenes Tier,
dass getrieben durch die immer
währende Gier nach mehr, nicht
aufhören kann, sich an seinem
Rauschmittel zu betören, Jan will
Geister alter Zeiten beschwören, will
mit ihnen einen letzten Tanz wagen
und klagen, klagen, klagen.

Flaschensammler Jan trägt den
Kasten um die Ecke, er will sich
an ihm festsaugen, will sich mit
dem Blut des Biers volllaufen lassen,
wie eine fette Zecke.

Jan lehnt sich an eine Mauerwand,
spürt mit der einen Hand die Kälte
des Gesteins und mit der anderen die
Kälte des Getränks, Jan setzt zum
Trinken an, er leert die erste Flasche
in einem Zug und spürt kurz darauf
den ersten Höhenflug, Jan denkt daran, dass eine nie genug ist, dass man den
ersten Rausch viel zu schnell vermisst,
er öffnet die zweite Flasche, Bierdeckel beginnen sich vor seinen Füßen zu sammeln.

Jan trinkt, schon ist die dritte Flasche
leer, doch Jan will mehr, er ist mit
seinen Sinnen ganz bei sich und
versunken im Betrunkensein, Jan will schreien, doch er fühlt nichts mehr,
keinen Schmerz, keine Reue, kein Leid,
Jan will auch nichts mehr fühlen, bis in
alle Ewigkeit.

Schließlich ist Jans Kopf vollkommen
leer, er starrt in die Ferne, verharrt stundenlang in derselben Position, Flaschensammler Jan sitzt auf seinem Flaschenthron, um ihn herum silbernes Deckelgold und über ihm das nächtliche
Schwarz.

Die, die durch die Straßen ziehen Where stories live. Discover now