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Orion blickt Lyra an, rotes,
lockiges Haar, feine Gesichtszüge,
ein verschmitztes Lächeln, die
Augen grünlich, soweit er dies
im Schein der Dunkelheit erkennen
kann, Rucksackriemen über
schwarzem (Kunst?-)Leder, löchrige
Hose, eine Sprühdose guckt aus
der linken, seitlichen Hosentasche
hervor, Orion sitzt auf der Bank,
Lyra ist groß, etwa einen Kopf größer
als Orion, Orion Blick zu Lyra empor.

Orions und Lyras Blicke treffen sich,
Orion hat mit dem Schreien aufgehört,
doch Caelum hat sich an Lyras Frage
noch nicht gestört, er schreit heiter
weiter, während Lyra und Orion sich
anstarren, die drei verharren eine
viertel Ewigkeit in dieser Position,
dann senkt Orion den Ton seines
Geschreis, er wird leiser, wirkt etwas
heiser und hört schließlich auf.

Caelum schaut Lyra an, als ob er Lyra
zum ersten Mal bemerkt, seine rechte
Hand umfasst einen der mittleren
Knöpfe seiner blauen Jeansjacke,
Caelum ist etwas nervös, schließlich
räuspert er sich und sagt: „Wir schreien,
um uns von unseren Sorgen, von unseren unterdrückten Emotionen zu befreien, wir wollen uns mit echtem Gefühl belohnen,
wollen nicht, dass unsere Herzen kühl
werden, wollen die Schmerzen nicht
länger in uns tragen und es stattdessen wagen, sie nach außen zu kehren, anstatt uns nur zu beschweren, wollen wir etwas tun und in dieser dunklen Nacht nicht nur
dasitzen und ruhn', gegen die Tristesse des Alltags wehren wir uns, wir sind auf Abwegen unterwegs, sind stets auf der Suche nach Leben, nach dem Gefühl lebendig und wahrhaftig am Leben zu
sein, deshalb sind wir am Schrein'".

Orion nickt zustimmend, betrachtet die Spitzen seiner Schuhe und ergänzt etwas schüchtern: „Unser Geschrei wird zum Gesang, wir geben dem Drang der
Freiheit nach, diese Nacht ist unsere
Bühne und wir, wir sind tollkühne
Tänzer, wir bringen unsere Stimmen
zum Tanzen, während wir uns hinter unserer selbst erdachten Realität verschanzen, wir bilden eine Einheit
mit der Natur, im ewigen Schwur wollen wir diese Nacht der Freiheit schützen
und sie mit unseren Händen stützen, wir singen mit den Sternen, wir blicken zum Himmel empor in unbestimmte Fernen,
wir fühlen unsere Umwelt, spüren wie
sie vor Energie vibriert und sind ganz ungeniert frei, in unserem nächtlichen Geschrei."

Lyra ist fasziniert von diesen Antworten,
von diesen Gestalten, die auf dieser
alten Parkbank die Nacht mit ihren
Händen halten, die stetige Suche nach
Freiheit verfolgt Lyra auch, sie fühlt mit
diesen Nachgestalten und möchte diese
Nacht mit den beiden zusammen verwalten.

Lyra nickt den beiden zu, im Nu hat sie
sich auch auf die Parkbank gesellt, Lyra schaut hinauf zum Himmelszelt, von hier unten sieht Lyra die ganze Welt, Lyra öffnet ihren Mund, schon gibt sie einen lauten Schrei kund, ein Schrei wird zu Geschrei, Orion und Caelum steigen in
das Geschrei mit ein, schon sind alle
drei zusammen am Schrein'.

Die, die durch die Straßen ziehen Where stories live. Discover now