Kapitel 19

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„Warum muss dein Bruder jetzt eigentlich auch unbedingt mit dem Zug fahren?", fragte ich genervt und zog an meiner Zigarette. Und warum musste ich mich zum Rauchen eigentlich in dieses lästige gelbe Quadrat stellen?

Timothy zuckte mit den Schultern. „Denke mal sein Beschützerinstinkt kickt wieder und Mum und Dad schienen außerdem auch beruhigter darüber, dass wir alle zusammen fahren."

„Oh Mann ..." Ich hatte mich so auf die Zugfahrt mit Timothy und Grace gefreut. Andrew musste mal wieder alles versauen.

„Wird schon nicht so schlimm werden", versuchte mein Freund mich mit einem Lächeln aufzumuntern. Ich verdrehte hingegen nur die Augen. „Wir werden die nächsten neuneinhalb Stunden mit deinem homophoben Bruder in einem Vierersitz verbringen. Das wird die Hölle!"

Timothy grinste nur und schaute dann hoch zu der großen Uhr am Bahnsteig. „Wir haben noch Zeit, ich hol' dir schnell was vom Bäcker." Ich schaute ihn fragend an. „Du bekommst schlechte Laune, wenn du Hunger hast", erklärte er lachend. Gar nicht wahr! Schmollend schaute ich ihm hinterher und zog an meiner Kippe.

Dann öffnete ich den Reißverschluss meines schwarzen Hoodies. Es war warm für Ende März, schon richtig frühlingshaft. Auch Timothy hatte seine dunkelblaue Winterjacke inzwischen gegen seine Jeansjacke eingetauscht, in der er echt gut aussah und seine süßen blonden Locken versteckten sich nicht mehr unter seiner hellblauen Mütze. Ich grinste, als er wieder zurückkam, im Arm eine große braune Papiertüte.

„So, was möchtest du? Croissant, Bagel, Brezel?", fragte er und streckte mir die Tüte mit der Öffnung entgegen.

„Was denkst du eigentlich, wie viel ich essen will?", lachte ich laut los, als ich sah, was er alles gekauft hatte.

„Ich wusste ja nicht, was du willst. Außerdem sind wir 'ne Weile unterwegs."

„Stimmt auch wieder", antwortete ich und schnappte mir ein Schokocroissant aus der Tüte.


„So der hier müsste es sein", meinte Grace und verglich die Sitzplatznummer auf ihrem Handy mit der über dem Vierersitz. Ich rutschte auf den Platz ans Fenster und zog Timothy neben mich, während sich Grace und Andrew gegenüber von uns setzten. Unsere Rucksäcke hatten wir in der Ablage über uns verstaut. 

Zwischen uns war ein kleiner Tisch, auf den Grace nun ein Kartenspiel legte. Wizard. Es sah aus wie ein Spiel, das Henry mögen würde, denn auf den Karten waren verschiedene magische Wesen abgebildet, die direkt aus seinen Pen-and-Papern stammen könnten. 

Skeptisch zog ich eine Augenbraue nach oben. Eigentlich hätte ich lieber mit Timothy gekuschelt und Musik gehört, aber Grace war schon dabei, mir ganz enthusiastisch die Spielregeln zu erklären. Andrew hatte sich den kleinen Block geschnappt und schrieb unsere Namen der Reihe nach in die oberste Zeile.

Das Kartenspiel machte tatsächlich ziemlich viel Spaß und sogar Andrew kam mir währenddessen nicht mehr wie das größte Arschloch vor. Erst als er am Ende die Punkte mit einem spöttischen Grinsen laut vorlas und ich dabei auf dem letzten und er auf dem ersten Platz landete, fiel mir wieder ein, dass ich ihn nicht leiden konnte.

„Armes Kätzchen", sagte Timothy und drückte mir einen Kuss auf den Mund. Ich erwiderte die Nähe nur zu gern. Schnell legte ich meine Hand an seinen Hinterkopf, um ihn noch etwas länger an mich zu drücken.

„Muss das sein?", grummelte Andrew genervt. 

Ich löste mich von Timothy und funkelte ihn böse an, doch bevor ich etwas antworten konnte, platzte es aus Grace heraus: „Jetzt lass die beiden doch endlich mal zufrieden!"

Er rechtfertigte sich sofort: „Ich will, den beiden aber nicht dabei zusehen müssen!"

„Was ist denn daran so schlimm? Ich muss dir und Lisa dabei auch jeden Morgen zusehen, wenn die Olle ins Auto steigt!"

„Das ist was anderes!"

„Was daran ist anders?"

„Weil die beiden Jungs sind!"

„Und dann?"

„Das ist nicht normal!"

„Sag mal, geht's noch? Wer hat dir eigentlich solche Werte vermittelt? Unsere Eltern sicher nicht! Vermutlich diese ganzen Affen aus dem Gym. Schon mal etwas von toxischer Männlichkeit gehört?"

Die beiden redeten sich richtig in Rage, während Timothy immer tiefer in seinem Sitz versank. Mein armer Lockenkopf!

„Steh auf", flüsterte ich ihm zu. Er schaute mich fragend an. „Los!"

Er stand etwas verdattert auf, ich rutschte ebenfalls durch. Sobald ich stand, nahm ich seine Hand und zog ihn mit mir den engen Flur entlang. „Wo wollt ihr hin?", hörte ich Andrew noch hinter uns herrufen.

Zwei Zugabteile weiter fand ich endlich einen leeren Zweisitzer und setzte mich mit Timothy dorthin. Er wirkte wirklich zerknirscht und ich nahm ihn schnell in meinen Arm. 

„Dein Bruder ist echt ein Idiot", meinte ich nur. 

Er antwortete nicht, sondern drückte stattdessen nur sein Gesicht in meine Halsbeuge. Andrews Aussagen mussten ihn sehr verletzt haben. Ich fand das Gerede auch nervig, aber aus eigener Erfahrung wusste ich, dass es noch schlimmer war, wenn man solche Dinge von einem Familienmitglied an den Kopf geworfen bekam. 

Sanft kraulte ich ihm durch die blonden Locken und wartete, bis er bereit war, etwas zu sagen. Nach ein paar Minuten schaute er zu mir auf. Ich küsste ihn auf die Stirn und jetzt erschien auf seinen Lippen wieder sein süßes Lächeln, das ich so sehr liebte. Er legte seine Hand an mein Gesicht und küsste mich auf die Lippen. Sofort begann alles in mir wieder zu kribbeln. Es gab einfach nichts Schöneres.

„Wieder besser?", fragte ich ihn.

„Ja, aber ich halte das echt nicht mehr aus mit Andrew."

Ich hauchte ihm ein liebevolles Küsschen auf die Wange. „Verstehe ich. Aber hier haben wir erst mal unsere Ruhe."

„Ja, zum Glück!"

Wieder zog er mein Gesicht an seines und verwickelte mich in einen immer inniger werdenden Kuss. Es dauerte nicht lange, da spielten schon wieder unsere Zungen miteinander und mir wurde ganz schön warm.

„Wenn du mich so weiter küsst, müssen wir in die Zugtoilette verschwinden", flüsterte ich ihm mit rauer Stimme ins Ohr.

Ein rosa Schleier färbte seine Wangen und er schmunzelte mich nur an.

„In letzter Zeit hältst du es immer besser aus, oder?"

Er nickte grinsend. „Das Training lohnt sich wohl", meinte er leise, „nur dein Blut so ganz direkt, ist echt immer noch zu heftig." 

Ich schaute auf meine Hand. Die Schnitte waren inzwischen gut verheilt und die Fäden hatte mein Hausarzt vor zwei Tagen gezogen. Die Narben würden bleiben.

„Mach dir keine Gedanken", meinte er schnell, „das bekomme ich auch noch in den Griff."

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Ey, die zwei. Ich liebe sie einfach so sehr *-*

Aber Andrew würde ich langsam echt am liebsten zum Mond schießen xD

Ab nächstem Kapitel sind sie dann in Hamburg unterwegs :D Freue mich sehr darauf und danke auch an _Jay_M_, die mir ein paar Tipps für Hamburg gegeben hat <3

Love ya, Elena <3

Und weils mal wieder passend war, hier ein witziges Meme:

Und weils mal wieder passend war, hier ein witziges Meme:

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Tristan und Timothy 2 [BxB] - Wenn Eis und Bernstein eins werdenWhere stories live. Discover now