Kapitel 34

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„Tristan, bitte nimm die Sonnenbrille ab, oder scheint neuerdings im Klassenzimmer die Sonne?"

Ich stöhnte genervt und warf Frau Haas einen bösen Blick zu, als ich mir die Brille von der Nase zog. Ich hatte damit versucht, meine verheulten Augen zu verdecken. Außerdem malträtierte mich die Nachwirkung der Smiley-Pille auch heute noch mit einem Kater und obwohl hier drinnen keine Sonne schien, ertrug ich auch das viel zu helle Kunstlicht kaum.

Robin und Henry drehten sich zu mir um und schauten mich besorgt an. „Du siehst echt scheiße aus", meinte Henry flüsternd. 

„Danke! So fühle ich mich auch", antwortete ich.

„Wo ist dein Boyfriend?", fragte Robin leise. 

Ich zuckte mit den Schultern, als wir auch schon von unserer Lehrerin unterbrochen wurden: „Möchten die Herren aus den letzten Reihen nun auch bitte wieder dem Unterricht folgen?" Meine Kumpels drehten sich wieder nach vorne, während ich mit leeren Augen an die Tafel starrte. 

Timothy hatte sich seit gestern nicht mehr gemeldet und heute war er nicht in der Schule. Ich wollte ihm eigentlich seine Zeit lassen, aber jetzt schrieb ich ihm doch: Wo bist du? 

Die beiden blauen Haken hinter meiner Nachricht zeigten mir, dass er die Nachricht direkt gelesen hatte. Es dauerte einige qualvolle Minuten, bis seine Antwort in unserem Chat erschien: Mir geht's nicht so gut. Aber ich würde heute Mittag bei dir vorbeikommen. Ich will nochmal mit dir reden.

Ich biss mir auf die zitternde Unterlippe und starrte auf die Nachricht. Angst flammte in mir auf. Was, wenn er mir nicht verzeihen würde? Vielleicht sogar mit mir Schluss machen wollte? Das könnte ich nicht ertragen.

„So, das nehme ich dann mal an mich", meinte Frau Haas, die plötzlich vor mir stand und mir mein Handy aus den Fingern zog, „du kannst es nach der Stunde bei mir abholen." Dumme Kuh!

Ich wollte schon protestieren, doch wagte es dann doch nicht. Während die mollige Lehrerin wieder nach vorne ging, legte ich demonstrativ mein Gesicht auf meine auf dem Tisch verschränkten Arme und schloss die Augen.

Die Doppelstunde Deutsch zog sich ewig, bis es endlich zur Hofpause klingelte. Ich verzichtete heute auf meine Zigarette, weil mein Magen immer noch ganz flau war und setzte mich direkt mit meinen Freund*innen auf unsere Bank. 

Da ich mich immer noch für alles ziemlich schämte, erzählte ich nur grob, was am Wochenende auf dem Festival passiert war. Sie waren ebenfalls ziemlich enttäuscht von mir, als ich von der Drogen-Sache erzählte, aber was Alex betraf, waren sie sich alle einig.

„Was für ein Widerling", meinte Irina und umarmte mich, „schlimm, dass du sowas erleben musstest. Das geht echt gar nicht."

„Ja und trotzdem hab' ich Schiss davor, was Timothy nachher mit mir bereden will. Was, wenn er ..."

„Davor brauchst du doch keine Angst zu haben. Er wird dir nichts Schlimmes sagen. Er will einfach nochmal reden und dann ist die Sache für ihn erledigt. Du kennst Timothy doch. Er ist nicht so gefühlsduselig wie du", meinte Robin und versuchte mich mit einem Lächeln und einem sanften Klopfer auf die Schulter aufzumuntern.

Unsicher starrte ich auf meine Schuhe.

„Ja, save! Als würde das Traumpaar der Klasse sich wegen so etwas trennen", grinste Mia. Ich schenkte ihr ein dankbares Lächeln. Seit letzter Woche war sie öfter bei uns in der Pause und stand jedes Mal verdächtig nahe bei Robin. Zwischen den beiden lief seit der Hausparty eindeutig etwas, auch wenn sie es noch nicht öffentlich gemacht hatten.


Zwei ätzend lange Schulstunden später saßen wir zusammen in der Mensa, jeder mit seinem Essen vor sich.

Tristan und Timothy 2 [BxB] - Wenn Eis und Bernstein eins werdenWhere stories live. Discover now