║sechsundzwanzig║

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 "And I was overwhelmed and frankly scared as hell
Because I really fell for you"

Ein paar Tage später fing die Schule wieder an.

Es war eine seltsame Situation. Für beide von ihnen. 

In den Ferien waren sie beide Freunde gewesen, die nicht viel anderes im Sinn hatten, als die Pause zu genießen. Dann waren sie ein Paar geworden, das nichts anderes im Sinn hatte, als die Zeit zu genießen, die noch von der Pause übrig war.

Doch nun war die Pause vorbei. Und plötzlich waren sie nicht mehr nur noch ein Paar. Sondern begegneten sich auf den Gängen, nickten sich zu, wie Lehrer und Schüler das nun mal machten. Er stand hinter Pulten, sie saß auf den Schulbänken.

Es war eine so schwierige Situation, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte, wie sie sie meistern sollte. 

Noch am selben Morgen hatten sie ein kurzes Gespräch geführt, um das Ganze wenigstens ein bisschen zu klären.

"Okay. Das wird nicht einfach werden, Zayn. Wir müssen jetzt wirklich aufpassen. Jedes noch so kleine Wort, jeder noch so kleine Blick, jede noch so kleine Berührung könnte Verdacht hegen. Und das wollen wir nun wirklich nicht."

Ein kurzes Nicken.  "Ich weiß, Lyra. Ich weiß, dass wir aufpassen müssen. Immerhin steht mein Job auf dem Spiel."

Er zögerte. "Bist du dir sicher, dass du das machen möchtest? Wenn du nicht möchtest, dann, dann müssen wir das nicht machen."

"Zweifelst du etwa?", fragte sie skeptisch, ein wenig verletzt.

"Nein ganz und gar nicht. Ich war anfangs etwas überwältigt und bin es immer noch. Und ganz ehrlich, Angst hatte ich auch, weil ich so etwas noch nie gespürt habe. Etwas so... Starkes. Ich habe mich Hals über Kopf in dich verliebt, Lyra. Dessen kannst du dir sicher sein."

Sie lächelte.

Es war ihr letztes Schuljahr, dann hätte sie ihren Abschluss und würde aus der WG ziehen, studieren und versuchen ihren Träumen einen Schritt näher kommen.

Wie genau diese Träume aussahen wusste sie noch nicht genau, doch sie würde ihren Weg finden. 

Nun, da sie jemanden an ihrer Seite hätte, der zu ihr stand, würde sie jede Hürde meistern können. So jedenfalls stellte sie es sich vor. 

Doch noch bevor sie die Möglichkeit hatte mit ihm Barrieren zu durchbrechen, würde sie den Schritt wagen müssen und ihm erzählen, was passiert war. Die ganze Geschichte würde sie erzählen müssen. Von Anfang bis Ende. 

Diese Hürde erschien ihr noch viel furchteinflößender, als alles andere, was ihr in der Zukunft bevorstehen könnte. Bevorstehen würde.

Jedes Mal, wenn sie darüber nachdachte sich ihm zu öffnen, fragte er sie nach ihrer Vergangenheit. Es war eine nicht enden wollende Kette. 

Er fragte sie, sie ließ ihn abprallen, sie begann sich darauf vorzubereiten es ihm endlich zu sagen, er wartete, sie war fast bereit, wartete nur darauf, dass er sie den Schritt machen lassen würde. Doch er fragte erneut. Und alle Arbeit, die sie psychisch geleistet hatte, begann wieder von vorne.

Manchmal hatte es den Anschein, als sollte es einfach nicht passieren. Doch wie sollte eine Beziehung funktionieren, wenn ein Geheimnis - ein großes noch dazu - bei jedem Gespräch und jeder Berührung zwischen ihnen stand. 

Fast die gesamten ersten zwei Stunden Mathe, war sie in ihren Gedanken versunken und versuchte sich etwas zu überlegen, wie sie Zayn dazu bringen könnte sich mit seinen Fragen zurückzuhalten. 

Er schien einfach nicht zu verstehen, dass er damit nichts erreichte. Und noch dazu dafür sorgte, dass es ihr schlecht ging. 

Denn jedes Mal, wenn sie darauf ansprach, riss er alte Wunden auf und Lyras Gefühle lagen brach. Er merkte davon nichts.  Sie hatte gelernt Emotionen zu verstecken und zu verdrängen, doch früher oder später trafen sie sie mit voller Wucht und mit den Schmerzen kam auch die Wut.

Als die zweite Stunde vorbei war, begab sie sich in Richtung Schulfhof, um dort Will und Vana von den Ferien zu erzählen. Die beiden waren auch in der letzten Woche zusammen unterwegs gewesen, da sie den gesamten Urlaub geplant hatte, als sie noch nichts von Lyras baldiger Rückkehr gewusst hatten, und erst gestern zurückgekommen, am Morgen hatten sie sich knapp verpasst.

Auf dem Gang kam Zayn ihr entgegen.

Ein leichtes Grinsen auf beiden Gesichtern. "Guten Morgen."

"Ihnen auch."

Dann waren sie aneinander vorbei gelaufen. Sie widerstanden dem Drang sich nach dem anderen umzudrehen und behielten ihre Augen auf dem Boden.

Will und Evanna empfingen sie mit stürmischen Umarmungen, sie berichteten kurz, dass ihr Urlaub spaßig war, aber nicht so schön, wie er mit ihr hätte sein können, sie bedankte sich, gab das gleiche zurück wippte mit den Füßen vor und zurück.

"Ich muss euch etwas erzählen...", begann sie lächelnd und die beiden sahen sie gespannt an. "Ich weiß gar nicht so recht wo ich anfangen soll. Ich hab einen Freund."

Sie rissen die Augen auf. "Wirklich?", fragte Vana aufregt. Sie hatte schon eine Ahnung.

"Und wer, das interessiert mich mehr.", fügte Will hinzu. 

Beide schienen sich für sie zu freuen - ehrlich zu freuen. Lyra fürchtete sich davor, dass sich das ändern könnte, sobald sie erzählte wer ihr Freund war.

Sie beugte sich ein Stück vor, damit es niemand zufällig mitbekommen könnte. Sie flüsterte es, hoffte fast, dass sie es nicht hören konnten. Doch sie hörten es. Klar und deutlich.

"Oh. Mein. Gott. Nicht dein Ernst?" Evannas Reaktion war eine Mischung aus Hyperventilation - im guten Sinne - und Schock. Sie hatte gehofft, dass es vielleicht doch jemand anderes war. Irgendjemand. Will schien überrollt von der Information und sein Mund war leicht geöffnet. 

"Wie zur Hölle ist das denn passiert?", fragte er mehr empört als erfreut. "Sorry, ich meine... Es freut mich für dich, aber wie zur Hölle ist das passiert?"

Sie erzählte ihnen von dem Filmabend, dem Essen, den Ausflug nach London, dem Klippenspringen. Sie erzählte ihnen von Gesprächen und Gedanken und Gefühlen. 

Kurz bevor die Pause zu Ende war, war sie fertig mit der Kurzfassung der ganzen Ferien und blickte die beiden an, eine Reaktion erwartend.

"Wow. Und du bist dir mit der Sache wirklich sicher?" Will schien immer noch nicht ganz überzeugt von der Lage. Lyra merkte, dass er sich Sorgen machte, doch es gab nichts worum er sich sorgen musste.

"Leute, ich bin darüber im Klaren, dass das alles ein bisschen komisch ist. Aber er schafft es mich mit so simplen Dingen glücklich zu machen. Es hätte keinen Sinn mich vor meinen Gefühlen zu verstecken, versteht ihr? Ihr braucht euch absolut keine Sorgen zu machen, ich passe auf mich auf, versprochen."

Von ihren Worten beruhigt, schienen die beiden die Situation weitestgehend zu akzeptieren.

Doch als Lyra zu ihrer nächsten Stunde auf dem anderen Hof ging, warfen sich die beiden kritische Blicke zu. 

"Wir müssen auf sie aufpassen, Will."

Er nickte, sein Kiefer spannte sich an. Er hatte Lyra schon mal verloren, psychisch und physisch. Noch mal würde er das nicht zulassen.


Klippenspringen ║Zayn MalikWhere stories live. Discover now