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"I was bleeding
Stopped believing
Could have died"

Als Lyra am Freitag Nachmittag zurück in die WG kam, wurde sie bereits erwartet.

"Wo warst du?", fragte Dustin und nahm ihr ihre Jacke ab, die er an die Gaderobe hing. "Im Kino, mit Will und Evanna, wieso?"

Er beantwortete ihre Frage nicht, sondern stellte eine Neue. "Und wer ist Anthony Kelly?" Sie zog die Augebrauen zusammen und schmiss ihre Schuhe in ihr Zimmer. Dort standen Pakete. Bestimmt zehn Stück.

"Was zur Hölle?", flüsterte sie und öffnete die Tür komplett. "Sind die etwa alle für mich? Von wem sind sie?"

Ihr Zimmer war ohnehin schon sehr knapp bemessen, doch nun konnte sie unmöglich mehr als fünf Schritte machen.

"Anthony Kelly. Er hat sie geschickt. Kennst du ihn?"

Sie verstand das nicht? Wer würde ihr so viele Pakete schicken? Und der Name Kelly sagte ihr rein gar nichts. Weder einer ihrer Freunde, noch Verwandte trugen diesen Nachnamen.

"Keine Ahnung. Mein kleiner Bruder heißt Anthony. Aber..."

Beim genaueren Hinsehen, fielen ihr die Zahlen auf, die die Kartons nummerierten. Sie nahm sich die 1. Es war ein kleines Paket, ein Brief lag oben drauf.

Sie erkannte sofort die Handschrift ihrer Mutter, leich geschwungen und peinlichst ordentlich.

Lyra,

Die Nachricht, dass du wieder da bist, hat uns verwundert, doch vor allem dein Bruder hat sich sehr darüber gefreut. Vermutlich weißt du bereits, dass ich mit ihm nach Australien gezogen bin, um Abstand zu der ganzen Situation zu bekommen und wir würden dich liebend gerne in die Arme schließen, doch der Weg ist so schrecklich weit.

Bestimmt wunderst du dich über den Nachnamen, doch die Erklärung ist recht einfach. Ich habe einen Mann kennengelernt. Sein Name ist Zeke Kelly und ich fühle mich sehr wohl bei ihm. Ich dachte mir, dass du lieber den Namen deines Vaters behalten würdest, doch sollte das nicht der Fall sein, würde ich dies sofort ändern.

In diesem ersten Päckchen findest du nur den Brief von mir, um es dir zu erkären, in den anderen werden Notizen von Ani sein. Hier drinne sind ein paar technische Sachen, in den anderen Kartons Kleider und Dinge, die wir mit nach Australien genommen haben, aber dir gehören. Außerdem ein paar Dinge, die er dir unbedingt schenken wollte.

Ani ist zur Zeit im Krankenhaus, da er schon seit längerer Zeit unter Fieber zu leiden hatten, vermutlich leidet er unter einer akuten - sehr starken - Nasennebenhüllenentzündung. Wir versuchen dich so bald, wie möglich zu informieren.

Ich hoffe dir geht es gut, wir würden uns freuen, wenn du dich so bald, wie möglich, melden würdest.

Alles Liebe,
Ani und Mom

Australien. Neu geheiratet. Ani im Krankenhaus.

Es waren zu viele Informationen in so wenig Text, in so kurzer Zeit. Sie sank zu Boden und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Bettkante. "Lyra?", fragte Dustin besorgt, sie schüttelte den Kopf. "Es ist schon in Ordnung. Lässt du mich für einen Moment alleine, bitte?"

Wie ihre Mutter bereits gesagt hatte war im ersten Karton eine Ansammlung von Technik. Ein Smartphone, ein Laptop, Kopfhörer, Aufladegeräte, eine Kamera, Speicherkarten, ein DVD-Laufwerk, ein USB-Stick.

Sie wendete die Geräte in ihren Händen und beschloss sie nacheinander aufzuladen, doch nicht ohne sich vorher die kleinen Zettel durchzulesen, die mit einem streifen Tesafilm daran befestigt waren.

Die Schrift war undeutlich und krakelig, eindeutig die von Ani. Mommys neuer Dad arbeitet bei einer Handyfirma. Ich hatte schon drei dabei brauch ich die doch gar nicht. Das ist mein altes.

Die Bezeichnung alt war vermutlich nicht ganz zutreffend, da es sich trotzdem um ein sehr aktuelles Modell handelte. Der Laptop war mit einer ähnlichen Notiz versehen. Und es gefiel ihr nicht. Wie konnte man einen neunjährigen Jungen denn so verwöhnen? Sie würden ihn verziehen.

Im nächsten Paket befand sich Kleidung und ein Umschlag mit Geld - falls ihr die Sachen nicht mehr passen sollten. Sie würde mit Evanna shoppen gehen, um wieder mehr Auswahl in ihren Schrank zu bekommen.

In den anderen waren Bücher, DVDs, CDs, einige Bilderrahmen, alte Notizbücher. Bettwäsche, Kissen, Tagesdecken. Schachteln mit Dekoration, die früher in ihrem Bücherregal gestanden hatte, Fotoalben.

Und im letzten, mit Abstand größtem, war ein riesiger Teddybär, der sie mit glasigen Augen ansah. Du brauchst Pooh jetzt mehr als ich.

Als sie sich die Tränen aus dem Augenwinkel gewischt und die Kartons alle zusammengelegt hatte, ging sie ins Wohnzimmer, wo Dustin und der Typ, dessen Namen sie nach wie vor nicht kannte, auf dem Sofa saßen.

"Und? Von wem waren sie?"

"Von meinem Bruder, meine Mutter hat neu geheiratet.", brachte sie hervor und setzte sich neben sie. "Ich verstehe das nicht. Es ist doch erst zwei Jahre her, knapp zwei Jahre und sie ist schon wieder verheiratet."

Sie zog die Knie nah an ihren Körper und schlang die Arme um ihre Beine. Sie hatte das Gefühl, als würde schon wieder alles auseinanderbrechen. Anthony war im Prinzip die einzige Person aus ihrer nähesten Familie, die ihr noch geblieben war.

Und nun war er in Australien. Und er war vermutlich glücklich. Er hatte ein neues Leben anfangen können. Er würde aufwachsen ohne zu wissen, was passiert war - wenn er es nicht schon mitbekommen hatte.

"Was war in den Paketen?" Dustin sah sie gespannt an, seufzend stütze sie ihren Kopf auf den Knien ab. "Kleidung, Bücher, eim bisschen Technik und ein gigantischer Teddybär von dem ich noch nicht weiß, ob ich ihn süß oder furchteinflößend finden soll."

Augenblicklich sprang er auf und rannte in ihr Zimmer. Kurz darauf kam er mit einem geschockten Ausdruck zurück. "Holy Moly. Ich weiß, was du meinst. Und ich bin für furchteinflößend."

Auch der andere sprang auf, die anderen kamen an und beschlossen sich anzusehen, was es Neues gab. Am Ende stand es 2 zu 2.

"Komm schon.", sagte Dustin. "Das Ding ist gruselig."

"Mein Bruder hat ihn mir geschenkt mit den Worten Du brauchst Pooh jetzt mehr als ich. Ich glaube... dass ich zu süß gehen muss."

Seufzend ließen er und der Namenlose sich fallen, das Mädchen und Calvin klatschten sich ab. "Yeah, wir haben gewonnen." Dann setzten auch sie sich hin, Lyra nahm genau zwischen ihnen Platz. Sie lachten.

"Ich bin sehr glücklich mit euch hier zusammen zu sein.", meinte Calvin. Er redete schon viel häufiger, als noch vor zehn Tagen. "Noch eine Pflegefamilie hätte ich vermutlich nicht überlebt."

Und auch Lyra war glücklich mit ihnen zusammen zu sein, nachdem sie blutend am Boden gelegen, den Glauben in alles um sie herum verloren hatte und hätte sterben können. Ganz sicher... noch so ein Jahr hätte sie nicht überlebt.

Klippenspringen ║Zayn MalikWo Geschichten leben. Entdecke jetzt