Kapitel 44

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Felix Schmidt.

"Gehen wir nach Hause?" Fragend sah mich Anna an. In ihren Augen stand Verzweiflung. Ich nickte lächelnd. "Ja, lass uns nach Hause gehen", beschloss ich. Sofort legte sich der Blick und ein Lächeln zierte ihre Lippen. Sie war so wunderschön. "Sollen wir dich mitnehmen?", fragte ich noch an Lauren gewandt. "Ne lass mal meine Wohnung ist direkt um die Ecke." Ich nickte nur, wir verabschiedeten uns und fuhren dann nach Hause. Es klang komisch. Schön komisch. Sie würde bei mir einziehen. Offiziell einziehen. "Alles okay?" Ich spürte ihre warme Hand an meinem Unterarm. "Ja. Alles bestens. Sollen wir noch deine Sachen holen?", wechselte ich schnell das Thema. Ich wollte sie nicht verunsichern. Ob wir schon bereit waren zusammen zu ziehen spielte keine Rolle. Ich würde sie nicht bei ihrem kranken Vater lassen. "A-aber... Was ist, wenn dein Papa da ist?" Sie sagte es so einfach. Papa. Der Mann war ihr nie ein Vater gewesen. Mag sein, dass sie dies abschritt, jedoch belog sie sich selbst. "Ist unwichtig. Wir holen nur die Sachen und gehen dann wieder", beschloss ich. Für mich war es auch nicht leicht. Wie konnte ich mit ihr dort hingehen? Zu der Person, die sie schlug, obwohl sie nichts tat. "Mir gefällt dein Blick nicht", kam es von rechts. Ich begann zu grinsen und bog in die Straße ein. "Vertrau mir einfach okay?" "Naja ich bin ziemlich skeptisch", erwiderte sie, doch auch ich hörte, dass sie schmunzelte. "Findest du es schön?" "Was?" "Das Leben. Findest du es schön?" "Nein. Du?" "Nein." Sie machte mein Leben besser, aber es war nicht perfekt. Ich hatte zu viele Menschen verloren. So viele Menschen, die mir wichtig waren. So viele Menschen. Ob jung, ob alt. "Wer ist gestorben?", fragte sie mich. "Mein Bruder. Meine Schwester. Meine Großeltern. Meine Mutter." Alle auf einmal. "Wie?", fragte sie mich. "Mein Vater. Er war wie deiner. Hat getrunken, hat um sich geschlagen, wenn ihm etwas nicht gepasst hat. Er war nie mein Vater. Nie der Mann, den ich eigentlich anhimmeln müsste. Nie der Mann, der mich und meine Familie beschützen müsste. Er war ein Nichts. Ein kaltes, herzloses, untreues, enttäuschendes Nichts." Sie ergriff meine Hand. "Wie." Ihre Stimme klang kalt, aber ich verstand es. Ich wollte kein Mitleid. Nicht von ihr. "Ich war 11. Mein Bruder 8 und meine Schwester 14. Wir wohnten mich meinen Großeltern zusammen in einem Haus. Das Geld war knapp, da mein Vater ja nicht arbeiten ging. Ich hatte einen Job. Es war vielleicht verboten, aber irgendwie musste ich meiner Mutter helfen. Ich wusch ab in einer Küche. 2 Euro pro Stunde. 2 Stunden am Tag. Nicht besonders viel um eine 7 köpfige Familie zu ernähren. Mein Großvater schickte mich Brötchen holen, für das Abendbrot. Ich war nur 10 Minuten weg und als ich wieder kam lag das ganze Haus in Flammen. Nur 10 Minuten. Er hat sie getötet. Einfach so. Seine eigene Familie." Anna griff meine Hand. "Wo ist er jetzt?", fragte sie. "Er hat sich in der Klapse erhängt", antwortete ich ehrlich. Ich erzählte ihr alles. "Und deshalb will ich dich nie wieder zu deinem Vater lassen. Nur noch dieses eine Mal." Und ich hatte Recht. Es würde das letzte Mal sein, dass wir ihren Vater sehen. 

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