Kapitel 6

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Lautes Hämmern riss mich aus meinen wunderschönen Träumen. Innerlich verfluchte ich den Störenfried, der mich um meinen Schlaf brachte.
>>Verdammt, Selene! Mach die Tür auf!<<, brüllte Kayla von der anderen Seite. Nach einer langen Nacht, schloss ich meine Zimmertür am Wochenende immer ab, damit ich länger schlafen konnte, ohne das sich Kayla wie ein Bär auf mich stürzte. Es war irgendwie üblich bei uns. Wenn sie es nicht bei mir tat, tat ich es meistens bei ihr. Und da ich in der Woche selbst früher wach wurde, musste meine geliebte Freundin nun mal leiden. Eine ungewöhnliche Art jemanden zu wecken, ich weiß. Aber wir beide waren auch nicht normal.
Brummend drückte ich mein Gesicht ins flauschige Kissen. Ich wollte einfach nur schlafen, war das denn zu viel verlangt?
>>Selene! Dein Telefon klingelt die ganze Zeit!<<, maulte sie weiter. Ah ja.. Ich hatte es im Wohnzimmer liegen gelassen.
>>Dann geh doch dran<<, murrte ich so laut, damit sie es hören konnte.
>>Oh hey, Kaden<<, hörte ich sie kurz darauf plötzlich sagen und schlagartig war ich hellwach. Wie unter Strom sprang ich aus dem Bett - wobei ich mir beinahe den Hals gebrochen hätte - drehte den Schlüssel um und riss die Tür auf, nur um Kayla kurz darauf mein Handy aus der Hand zu reißen.
>>Kaden!<<, trällerte ich gutgelaunt. Erstaunlich, wie eine Person meine Laune so unglaublich schnell ändern konnte.
Neben mir verdrehte Kayla lachend die Augen und verschwand in der Küche.
>>Hey, Schwesterchen. Auch mal wach<<, lachte er und ich kam aus meinem Grinsen nicht mehr heraus. Kaden war mein fünf Jahre älterer Bruder. Er lebte mit seiner Frau in New Orleans. Dementsprechend sah ich ihn nicht besonders oft. Aber wir telefonieren mindestens zwei mal die Woche, wenn er Zeit hatte. Kaden war aufstrebender Detective bei der Polizei, also hatte er bei der Arbeit auch so einiges zu tun, weshalb die Familie etwas zu kurz kam. 
Mich störte es nicht besonders. auch wenn ich mir wünschte ihn öfters zu sehen, war ich dennoch eine verdammt stolze Schwester und ich liebte ihn über alles.
>>War 'ne lange Nacht<<, seufzte ich und hörte wieder sein tiefes Lachen.
>>Wieder zu viel gefeiert?<<
>>Könnte man so sagen.<<
Gestern - also Samstag - waren Kayla, Mia, Mika, Nick und ich in unserer Stammbar und haben etwas mehr getrunken, als geplant. Wie jedes mal eigentlich. Nein, ich hatte keinen Kater, aber ich war wirklich müde. Nicht nur vor Erschöpfung, sondern auch durch meine überstrapazierten Nerven. Meine wunderbaren Freunde hatten mich den gesamten Abend über mein Treffen mit Damien ausgefragt. Natürlich konnten sie sich ihre wilden Spekulationen und ihre bescheuerten Späße nicht verkneifen. Dafür hätte ich sie wirklich umbringen können. Kayla hatte dieses mächtige Grinsen aufgesetzt, als ich ihr erzählt hatte, wie Damien bezüglich meiner Leidenschaft reagiert hatte. Ihr Ego war dadurch ziemlich gestiegen, weil sie mal wieder mit ihren Theorien recht hatte.
>>Also, Schwesterchen. Hör zu. Kannst du mich morgen um sieben vom Flughafen abholen?<<
Ich blieb mitten im Wohnzimmer stehen, da ich bis dahin herumgetigert war. Beim telefonieren konnte ich nun mal nie still stehen bleiben. 
Vom Flughafen abholen?
>>Du kommst hier her? Nach Atlanta?<<, fragte ich noch immer verwirrt nach, nur um sicher zu gehen, dass ich mich vielleicht doch noch verhört hatte.
>>Ehm ja. Und ich wollte dich um einen Gefallen bitten.<<
Na das klang nicht gerade gut, was er da von sich gab. >>Was ist los?<< Ich wurde misstrauisch. Und wie! So hatte er sich immer verhalten, wenn er etwas ausgefressen hatte und ich ihn decken musste. Ja, auch mein großer Bruder hatte mal früher scheiße gebaut und seine kleine Schwester musste ihm immer dabei helfen es dann wieder auszubaden.
>>Ich würde die Tage über bei Kayla und dir bleiben, wenn es in Ordnung ist.<<
Ich sah zur Küche rüber in der sich meine beste Freundin befand. >>Was ist mit Mom und Dad?<<
>>Sie sollen nicht wissen, dass ich her komme.<<
>>Aber..<<
>>Bitte, Sel<<, flehte er. Okay.. Das hörte sich überhaupt nicht gut an. Da war eindeutig etwas faul. Als ich dann schließlich zustimmte, atmete er erleichtert aus. Na der musste ja wirklich etwas schlimmes angestellt haben.
Kurz darauf verabschiedete er sich von mir und legte auf. Ich aber starrte mein Handy noch immer nachdenklich an.
>>Ist etwas passiert? Du siehst aus, als hatte man dir den letzten Keks aus der Hand gerissen<<, ertönte Kayla's Stimme und ich sah sie an.
>>Kaden kommt morgen her<<, teilte ich ihr noch immer verwirrt mit. Sofort konnte ich sehen, wie ihr Gesicht zu strahlen begann. Sie liebte Kaden genauso wie ich. Brüderlich, versteht sich.
>>Aber das ist doch Klasse!<<, rief sie begeistert aus, was man von mir nicht gerade behaupten konnte.
>>Ja. Aber da stimmt etwas nicht.<<
Nun verschwand auch das Strahlen aus ihren Gesicht, als sie meine nachdenkliche Miene sah. Das ganze gefiel mir nicht. Kaden tauchte hier nicht aus heiterem Himmel auf. Es musste einen wirklich ernsten Grund dafür geben, dass nicht einmal unsere Eltern davon erfahren durften.

Adrenaline - Save me ✔️/#GoldenStoryAward2018Where stories live. Discover now