Kapitel 37

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Den restlichen Tag hatten wir auf der Rennbahn verbracht. Bis Jay gezwungen war die Scheinwerfer und die Laternen einzuschalten.
Zu dritt fuhren wie ein kleines rennen nach den anderen und es war so unglaublich befreien, wie noch nie zuvor.
Ich hatte bereits vergessen, wie schön und unglaublich es sich anfühlte diesen Rausch zu spüren. Den Rausch, der einen einfach nur Herzklopfen bescherte. Nicht den mörderischen, den ich nach Nicks Tod wollte, sondern diesen hier und jetzt. Diese Leichtigkeit, diese Freude, dieses Glück. Den Rausch meines Blutes in den Ohren zu hören, sowie auch dieses wunderbare Kribbeln in meinem Bauch. Das alles war etwas was ich unglaublich vermisst hatte. Dabei war es mir vorher nicht einmal richtig bewusst gewesen. Jetzt aber merkte ich, dass ich das hier niemals aufgeben könnte.
Erneut verspürte ich das schlechte gewissen Damien gegenüber. Er hatte völlig recht gehabt. Ich würde es niemals schaffen nie wieder ein Rennen zu fahren, oder mit meinen Freunden irgendwo zu Klettern, oder Ski zu fahren. Ich könnte es gar nicht, denn es war ein Teil von mir. Ich war süchtig nach dem Rausch. Es war eine Sucht von der ich niemals loskommen konnte.
Gerade wegen diese Tatsache fühlte ich mich wirklich schlecht. Wie sollte ich Damien das alles jetzt nur erklären? Was sollte ich jetzt nur tun? Ich wusste es nicht, aber mir würde da schon etwas einfallen, dessen war ich mir sicher.

Ich sah hinter der Absperrung zu, wie Mia dabei war seinen Bruder zum vierten mal zu schlagen. Auch Jay stand neben mir und betrachtete das Spektakel.
>>Heute um Mitternacht startet ein kleines Rennen. Nichts großes. Nur ein paar Leute und ziemlich viele Einsetze.<< Ich sah Jay mit einer hochgezogenen Augenbraue an. Klein waren seine Rennen noch nie gewesen. Und die paar Leute von denen er sprachen, waren mindestens einhundert. Das einzige was bei dieser Aussage stimmte war das mit den Einsetzen.
>>Komm schon. es wird wieder Zeit, dass ich durch dich etwas mehr Geld verdiene.<< Zwar lachte ich, doch im Inneren war ich mir wirklich unsicher. Sollte ich diese Grenze wirklich überschreiten und mir dadurch vielleicht meine Zukunft versauen? Vielleicht aber, würde Damien es verstehen. Das musste er einfach.
>>Also ich bin dabei<<, ertönte mit einem mal eine Stimme hinter uns. Sofort fuhr ich herum und sah Kayla, die auf uns zukam und sich neben Jay an die Absperrung lehnte.
Der Mechaniker grinste breit und legte seinen Arm um meine Freundin.
>>Das ist mein Mädchen<<, säuselte er und sah kurz darauf mich an. Ich hingegen war von Kaylas Auftauchen noch immer überrascht. Sie war die letzte Person, wie ich hier erwartet hätte.
>>Was sagst du?<<, fragte sie mich mit einem mal, wodurch ich einfach nur sprachlos wurde. Der Verachtung, mit der sie mich bis vor kurzen noch angesehen hatte, war weg. Es hatte sich etwas in ihr verändert, das merkte ich sofort.

Noch bevor ich etwas antworten konnte, sprach sie weiter. >>Ein kleines Rennen zwischen dir und mir. Der Verlierer wird sich bei dem Gewinner entschuldigen.<<
Meine Überraschung hätte nicht größer sein können. Noch nie hatte Kayla auch nur ein mal gegen mich gewonnen. Das wusste sie. Und irgendwas sagte mir, dass ihr auch dieses mal bewusst war, dass sie gegen mich verlieren würde.
Sprachlos, wie eh uns je, nickte ich langsam, wodurch sie leicht zu lächeln begann. Damit war es dann doch irgendwie beschlossene Sache. In diesen Moment wusste ich wirklich, dass langsam Normalität in unser Leben zurückkehrte und das zwischen Kayla und mir wieder alles gut werden würde.

**

Von der Rennstrecke fuhr ich direkt zu mit nach Hause. Eigentlich war es abgemacht, dass ich danach wieder zu Damien fuhr, doch ich tat es nicht.
Ja, es war feige von mir, doch ich konnte ihm nicht unter die Augen treten, wenn ich mich dazu entschlossen hatte gleich ein Rennen durch die Stadt zu fahren. Ich hatte Angst davor, wie er mich ansehen würde, wenn er davon wüsste.
Wie gesagt, es war feige von mir und ich gab es auch zu.
Als er mich dann aber anrief, weil ich dazu auch noch nichts von mir hören ließ, rutschte mir gleich das Herz in die Hose. Lange starrte ich mein Handy an und überlegte sogar ihn wegzudrücken. Doch das konnte ich nicht mit mir selbst vereinbaren und ging dran.
>>Wo steckst du?<<, fragte er gleich, was mich augenblicklich noch schlechter fühlen ließ.
>>Zu Hause.<<
>>Wolltest du heute Abend nicht wieder hier sein?<<, fragte er verwundert. Ja, das hatte ich gesagt und wäre das mit Kayla nicht passiert, dann wäre ich wahrscheinlich jetzt wieder bei ihm. Doch wie sehr ich es wollte, konnte ich die Freundschaft zwischen ihr und mir nicht aufgeben. Schon gar nicht, wenn sich so eine Gelegenheit bot, das alles wieder geradezubiegen.
>>Ja, aber ich habe es mir anders überlegt. Bitte sei mir nicht böse. Ich.. Ich bin heute mit Mika zu Jay gefahren.<< Es würde sowieso nichts bringen ihn anzulügen, wo ich war. Ich merkte aber gleich, wie sich seine Stimmung veränderte.
>>Auf der Strecke?<<, fragte er. Ich konnte deutlich die leichte Enttäuschung heraushören. Immerhin hatte ich mein versprechen nicht halten können.
>>Ja.. Damien hör zu. Ich habe dort die anderen getroffen. Es war irgendwie, als hätte uns diese Halle zusammen gebracht. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich diese Freundschaften erhalten will. Ich brauche sie.. jeder von uns braucht sie. Und es ist so, dass wir vier endlich die Chance dazu bekommen haben, dass alles wieder so wie früher werden könnte.<<
>>Du willst fahren<<, stellte er kühl fest. So kühl, dass ich mich sogar leicht erschreckt hatte. Würde ich ihm nun gegenüber stehen, wäre ich wahrscheinlich zusammengesackt, wie ein Sack Kartoffeln.
>>Ja<<, gab ich kleinlaut von mir.
>>Vor einiger Zeit hattest du mir etwas versprochen. Du hast mir geschworen, dass du das nicht mehr tun würdest.<<
>>Ich weiß. Aber heute habe ich gemerkt, dass es nicht funktionieren wird. Damien, ich brauche das alles. Ohne die Rennen, ohne den Sport, fühle ich mich einfach nicht vollständig.<<
Am anderen Ende kehrte Stille ein und ich spürte, wie mein Herz leicht zu bröckeln begann. Er hasste diesen Gedanken, das wusste ich. Aber um ehrlich zu sein, ließ sich daran nichts ändern. So war ich nun mal. Ich war anders und süchtig nach Adrenalin.

Adrenaline - Save me ✔️/#GoldenStoryAward2018Where stories live. Discover now