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Gebrochen. Seine Flügel waren gebrochen. Es war das erste was Baekhyun auffiel, als er erwachte. Engel schliefen (nur sofern sie es denn wollten), aber sie wurden ganz bestimmt nicht ohnmächtig, oder blind vor Schmerzen. Baekhyun war beides passiert. Er konnte seine Flügel nicht bewegen und er musste mehrfach blinzeln bevor er etwas sehen konnte.

Er war gefallen, erinnerte er sich. Vom Himmel.

Oh nein, das war ganz falsch, ganz, ganz falsch. Engel wurden nicht in ihrer himmlischen Gestalt auf die Erde geschickt. Sie wurden als Seelen in einen Mutterleib platziert und lebten ein Leben in Unwissen wer sie gewesen waren. Sie lebten einfach. Als Menschen.

Die einzigen Engel, die mit Flügeln und Erinnerung an den Himmel auf der Erde wandelten waren Erzengel und Baekhyun war ganz sicher keiner von ihnen.

„Oh mein Gott." Baekhyun richtete sich auf zittrigen Armen auf. Harter, kalter Steinboden schnitt ihm in die Handflächen und Blut strömte aus seinen Wunden heraus.

Blut. Baekhyun hätte beinahe aufgelacht. Engel bluten nicht.

„Heilige Scheiße, geht es Ihnen gut?"

Baekhyun zuckte zusammen. Er bekam seine Augen nur einen Spalt breit auf, sah aber dass gegen den Schein einer Straßenlaterne ein Mensch da stand. Baekhyun erkannte seine Umrisse, aber er verstand nicht.

„Hilfe", flüsterte er, seine Stimme trug noch immer den Klang von Glocken in sich. „Bitte", flüsterte er. Baekhyun wusste nicht worum er bat. Eine Erklärung vielleicht. Einen Grund, weshalb er sich an den Himmel erinnern konnte, weshalb er nicht als Mensch auf die Erde zurückgekehrt war.

Dunkelheit umfasste ihn und er sank zurück in ohnmächtige Dunkelheit.

Als Baekhyun das nächste Mal erwachte, lag er auf dem Bauch und seine geschundene Haut lag auf weichen Bettdecken, nicht Stein. Er atmete den Geruch von parfümierten Waschmitteln ein. Als er die Augen öffnete, blinzelte er gegen Licht an - er konnte wieder sehen.

Sekunden darauf bemerkte er die braunen Augen eines Menschen, der über ihn gebeugt war und ihn mit geöffnetem Mund anstarrte. „Heilige Scheiße", flüsterte er.

Baekhyun war für einen Moment sprachlos, dann sprach er das erste aus, was ihm durch den Sinn kam. „Wer bist du?"

Der Mensch drehte durch. Er sprang von Baekhyun fort, so dass sein Stuhl zu Boden fiel und verließ panisch den Raum. Die Tür krachte hinter ihm ins Schloss. Baekhyun war für einen Moment alleine. Jedoch nicht lange genug, um seine Gedanken zu sortieren.

„Du...du, bist noch da?" Der Kopf des Menschen erschien im Türrahmen. Baekhyun versuchte sich vorsichtig aufzusetzen. Die Matratze sank unter seinem Gewicht leicht hinunter.

„Anscheinend."

„Oh Gott."

Baekhyun beobachtete wie der Mensch langsam wieder in den Raum trat. „Du, mh, brauchst keine Angst zu haben? Ich bin nicht gefährlich denke ich."

Der Mann schnappte scharf nach Luft. „Du...was bist du?"

Baekhyun verzog das Gesicht. „Mh...ein...Cosplayer?", sagte er sehr langsam und beobachtete die Reaktion des Fremden. Segne Jongdae, der ihn schon immer über menschliche Trends auf dem Laufenden gehalten hatte.

Der Mensch sah ihn mit viel zu großen Augen an. An sich war er viel zu groß und unheimlich schlank. „Du nimmst mich auf den Arm, nicht wahr?"

„Nein?"

„Ich habe gesehen, wie du vom Himmel gefallen bist."

„Autsch", sagte Baekhyun bei der Erinnerung. „Bitte geh vorsichtig mit dem Thema um ich-" Baekhyun zuckte zusammen. „Oh nein, nein, nein, nein. Ich spüre meine Flügel nicht mehr!" Er griff mit seinen Händen hinter sich, konnte die weichen Federn jedoch nicht ertasten. „Meine Flügel sind abgefallen!"

FallenWhere stories live. Discover now