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Wenn Chanyeol von einem ereignisreichen Wochenende sprach, dann untertrieb er noch immer. Freitagabend hatte er einen Engel vor seiner Haustüre gefunden, Samstagabend war besagter Engel aufgewacht und den ganzen Sonntag hatte er über seine Flügel gemeckert und Kartoffelchips in sich hinein geschaufelt.

„Du kommst auch wirklich zurecht?"

„Ich bin ein Engel, kein Straßenhund, wie oft denn noch."

„Ein Hund wäre mir lieber als ein Fabelwesen", murmelte Chanyeol, während er seine dickere Herbstjacke überstreifte. Dann lauter: „Bitte verlass die Wohnung nicht, ich will nicht dass du anderen Menschen, den gleichen Schrecken wie mir einjagst."

„Geht in Ordnung."

„Du weißt wie du die Mikrowelle bedienen musst?"

„Du hast es mir zwei Mal gezeigt."

„Vielleicht sollte ich noch ein drittes Mal-"

„Du kommst zu spät zur Arbeit. Deine richtigen Patienten warten auf dich."

Chanyeol seufzte, ein anderer Gedanke kam ihm. „Hey, du...du bist doch noch da wenn ich wiederkomme oder?"

Baekhyun wirkte ein wenig überrascht über die Frage. „Ich denke schon. Ich wüsste nicht, wo ich sonst hingehen sollte?"

„Okay. Vergiss die Mikrowelle nicht!"

Baekhyun scheuchte ihn aus seiner Wohnung heraus und Chanyeol seufzte als er an der frischen Luft angekommen war.

Der Asphaltboden, wo Baekhyun ‚eingeschlagen' war, war beschädigt und zerbrochen. Chanyeol hatte bereits vorgestern beobachtet, wie zwei Polizistinnen den Ort vorsichtig abgesichert hatten und ratlos auf das Loch gestarrt hatten.

In der Praxis kam ihm als erstes Tiffany über den Weg. Sie hielt einen Venti-Starbucksbecher zwischen den Händen und wirkte so früh am Morgen bereits in Eile. „Morgen, wie war dein Wochenende?"

„Gut", brachte Chanyeol zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Und deins?"

Tiffany grinste breit. „Nickhun und ich waren auf einem Picknick-Date! Er hat sich endlich die Zeit genommen."

„Glückwunsch", Chanyeol meinte es. Tiffany und Nickhun hatten, nach den Erzählungen der anderen Tierärztin zu folge, momentan kleinere Krisen zu überwältigen. „Habt ihr auch über Nickhuns Mutter gesprochen?"

„Die Hexe kam kein einziges Mal vor", sagte Tiffany mit verengten Augen. „Ehrlich wenn ich die Frau noch einmal-"

„Sie ist seine Mutter", beschwichtigte Chanyeol, bevor Tiffany noch zu fluchen begann. „Er kann nicht anders."

Tiffany vergrub ihr Grummeln in ihrem zu großen Kaffeebecher. „Bei dir ist alles so viel einfacher Chanyeol. Jongins Eltern lieben dich, egal was du tust."

„Ganz so einfach war es am Anfang auch nicht, aber ich hatte tatsächlich großes Glück." Ehrlich gesagt, hatte sich Chanyeol alles viel schwerer vorgestellt als er sich in der Oberstufe seinen Gefühlen für Jongin gestellt hatte. Es war - gegen seine Vorstellungen - alles absolut glatt gelaufen.

Chanyeol und Tiffany verabredeten sich für die Mittagspause, bevor Chanyeol in sein Büro ging. Myungsoo, sein Sekretär, gab ihm eine kurze Zusammenfassung seiner heutigen Patienten, während Chanyeol seine Jacke durch seinen weißen Kittel ersetzte. Er zog zuletzt seine überdimensionale Brille auf, bevor auch schon das erste Kaninchen in den Raum getragen wurde.

FallenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt