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Die Morgensonne spiegelte sich in seinem Haar, die sanfte, salzige Meeresbriese spielte mit seinem weißen Gewand. Der goldene Prinz – ein Anblick so strahlend schön, dass selbst die schöne Sagengestalt Helena, um die ein zehn Jahrelang währender Krieg geführt wurde, verblasst wäre. Jongin wandte ihm das Gesicht zu und legte den Kopf zur Seite, ein müdes Lächeln auf den vollen Lippen.

„Wieso siehst du mich so an Chanyeol?"

„Wie sehe ich dich an?"

Jongin überbrückte den Abstand zu ihm mit lautlosen Schritten, bis sie sich beinahe berührten. „Als hätte die Göttin Aphrodite dir ein Licht in die Augen gelegt."

Chanyeol schluckte schwer. War er so offensichtlich? „Ich wurde nie von einer Göttin besucht", sagte Chanyeol schwach. Er wusste nicht, was er sonst hätte erwidern sollen.

„Das ist gut." Jongins Hand fand die Brosche, die seine Tunika festhielt und strich das Prinzensymbol – Jongins Symbol – mit den Fingerspitzen entlang. „Die Götter – jeder von ihnen – würde dich mir wegnehmen."

„Wieso denkst du das?"

Jongins grüne Augen begegneten seinen. Er sah Bewunderung und Zuneigung in ihnen schimmern, was seinen Magen in dicke Knoten schnürte. „Weil sie merken würden, dass du zu ihnen und nicht zu mir gehörst."

Chanyeol blieb die Luft im Hals stecken, als Jongin noch einen weiteren Schritt auf ihn zutrat, bis ihre Körper sich der Länge nach berührten, bis er seinen warmen Atem auf seinem Hals spürte.

„Ich würde einen Gott bekämpfen um dich bei mir behalten zu können."

„Du kannst nicht gegen einen Gott gewinnen."

Jongin lachte leise. „Und wenn schon, ich würde es dennoch tun."

Chanyeol ergriff sein Gesicht mit beiden Händen und presste seinen Mund auf Jongins wartende Lippen. Funken sprühten in seiner Brust und in seinen Händen, die warme Haut festhielten. Seine Lippen bewegten sich langsam, auskostend. Das hier war unerforschtes Gebiet – für sie beide – weshalb sie sich vorsichtig und behutsam vorantasteten. Als hätte Meister Semachites ihnen eine neue, schnellere Schrittabfolge für einen tödlichen Schwertschlag gezeigt, an die sie sich erst langsam gewöhnen müssten.

Ihre Küsse waren langsam, fast träge, aber langanhaltend. Sie lösten sich erst voneinander, als sie spürten wie Leidenschaft sie mit sich reißen wollte und noch konnten sie sich dieser nicht hingeben. Noch waren beide zu zaghaft um um mehr zu bitten. Um Alles zu erbitten.

„Lass und schwimmen gehen", sagte Jongin mit einem holprigen Lächeln. Seine Lippen waren gerötet und geschwollen wie reife Strauchtomaten und in seinem Haar glitzerten Sandkörner, wo Chanyeol ihn zu Boden gebettet hatte. Er musste seinen Blick gewaltsam von ihm reißen, um ihn nicht wieder an sich zu ziehen.

„In Ordnung."

Sie sahen einander nicht an als sie sich entkleideten und spürten doch allzu deutlich die unmittelbare Präsenz des anderen. Sie hatten einander oft nackt gesehen – wenn sie miteinander rangen dann taten sie das ohne Kleidung, wie die Tradition es verlangte – und doch schien der Gedanke an nackte Haut plötzlich einen neuartigen Reiz auf sie auszuüben.

Chanyeol drückte seine Gedanken von sich und rannte als erstes in die Fluten hinein, sobald er die Brosche von seinem Gewand gelöst und seine Sandalen abgestreift hatte. Er hörte nur wie das Wasser sich aufwallte, als Jongin ihm hinterhergeschossen kam. Alle Anspannung von eben verließ sie, als Jongin ihn an den Schultern packte und hinunterdrückte, bis sein Kopf unter die Wasseroberfläche tauchte. Chanyeol reagierte darauf indem er Jongins Beine Unterwasser packte, bis Jongin die Balance verlor und ebenfalls untertauchte.

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