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Taehyung Pov

Ich warte bis er die Tür endlich von innen heraus auf schließt und stehe erleichtert nach all den Stunden des wartens auf. Seit heute morgen um fünf sitze ich vor der Tür seiner Kanzlei und warte darauf das er sie verlässt. Ich bin zwar ein Richter und verfüge über die Fähigkeit mich für Menschen unsichtbar zu machen und die Zeit für einen kurzen Augenblick anzuhalten, aber leider kann ich nicht vorhersehen wann er wohin geht und wie ein Geist durch Türen hindurch gehen kann ich ebenso wenig. Es blieb mir nichts anderes übrig als mich hin zu setzen und darauf zu warten das er heraus kommt.

Zum ersten mal seit ich ihn zu geteilt bekommen habe, sehe ich ihn nicht in einem Anzug, sondern in Alltagsklamotten. Er trägt eine Schwarze, enge Hose, die seine muskulösen Beine perfekt zur Geltung bringt und umschmeichelt. Obenrum trägt er zwar nur ein weißes T-Shirt, aber selbst das sieht an ihm viel zu gut aus als es ein normales Shirt eigentlich sollte.

Er sieht unglaublich aus, ob es nun im Anzug ist oder in gemütlichen Klamotten wie hier, auch wenn er so irgendwie freier wirkt, als würde der Druck seines Jobs von ihm abfallen.

Mit einem Müllbeutel in der Hand tritt er nach draußen und möchte gerade die Tür zu machen, als ich schnell zwischen seinen Armen hindurch schlüpfe und in das innere des Raumes gelange bevor er die Tür tatsächlich hinter mir schließt. Seine Schlüssel hat er mit genommen, aber das er die Tür nicht abgeschlossen hat könnte bedeuten das er gleich wieder zurück kommt und nur den Müll weg schmeißen will.

Ein Problem ist das für mich nicht, es genügt bereits ein Blick in den Raum um zu erkennen das ich mit meiner Vermutung richtig lag. Mal abgesehen von dem Chaos, das hier drin herrscht, sind vor allem die Decke und das Kissen ein Zeichen dafür, dass er die Nächte hier drin verbringt.

Natürlich könnte es auch sein, dass es nur einige Ausnahmen gibt, zum Beispiel wenn es zu viel Arbeit zu erledigen gibt, aber wie erklärt man sich den offenen Schrank, voll mit Klamotten und die Zahnbürste, die im Fach oben liegt. Es sieht für mich viel eher nach einer Regel als nach einer Ausnahme aus, als hätte er sich hier bereits zum Wohnen eingerichtet. So vieles deutet darauf hin, dass er hier lebt, das kann kein Zufall mehr sein.

Mit Sicherheit erlaubt mir das noch lange nicht ein Urteil zu bilden, welches auch? Ein Mann schläft in seiner Kanzlei, lebt wahrscheinlich dort, aber inwiefern soll mir das verraten um was für eine Art Mensch es sich handelt? Gar nicht, aber es ist ein Schritt näher an ihn heran und das wiederum ist ein Schritt in die richtige Richtung. 

Ich lasse meinen Blick weiter durch den Raum schweifen und sauge jedes kleine Detail in mir auf. Er scheint ein sehr entspannter Mensch zu sein, eine nette Bezeichnung für die Unordnung, die hier herrscht. Überall auf seinem Schreibtisch ist Müll verteilt und das obwohl nur wenige Zentimeter daneben ein Mülleimer steht. Da das hier keine Wohnung ist und er dementsprechend keinen Esstisch besitzt, wird natürlich sein Schreibtisch dafür missbraucht, aber die Mühe die Sauerei seiner Suppe oder die Krümel seines Brotes zu beseitigen macht er sich nicht. 

Neben dem Dreck auf dem Schreibtisch, bemerke ich aber noch etwas anderes, nämlich die Bilder, die dort stehen. Es sind nur zwei, aber die geben bereits mehr Informationen Preis als manch einer vielleicht erwarten könnte. 

Auf einem der Bilder ist er zusammen mit einer älteren Frau und einem Jungen zu sehen. Den Jungen erkenne ich trotz der anderen Haarfarbe und der dunkleren Haut auf dem Bild wieder, es ist sein Bruder, Jin, der Typ mit den Pinken Haare, der ihn ab und zu hier besucht. Die Frau habe ich allerdings noch nie gesehen, dennoch ist es ziemlich offensichtlich das es sich um die Mutter handeln, sieht sie Jin doch ziemlich ähnlich.

Das andere Bild zeigt erneut Jungkook, dieses mal aber mit einem älteren Mann, bei dem es sich ohne jeden Zweifel um seinen Vater handelt. Die Ähnlichkeit ist beinahe schockierend, als wäre es lediglich eine ältere Version von Jungkook. Die beiden posieren lächelnd vor einem Auto, dasselbe Auto, das Jungkook auch heute noch fährt und der kleine hält die Hand seines Vaters als würde er sie nie wieder los lassen wollen. 

Ich weiß nicht viel über seine Familiengeschichte, aber die Tatsache das er jeweils ein Bild von sich, seinem Bruder und seiner Mutter und ein anderes mit seinem Vater hat, könnte darauf hin deuten, dass seine Eltern getrennt von einander leben. Geschiedene Eltern also, heutzutage keine Seltenheit mehr und doch scheint für mich mehr dahinter zu stecken, vor allem was das Bild mit seinem Vater angeht. 

Vielleicht ist es nach wie vor nur die Tatsache, dass er und Jungkook sich so verdammt ähnlich sehen, aber mein Gefühl sagt mir, dass da noch mehr hinter steckt. Bevor ich dem aber weiter auf den Grund gehen kann, höre ich wie hinter mir die Tür zu geschlagen wird und drehe mich ein wenig überrascht um. 

Eigentlich hatte ich ja bereits damit gerechnet, dass er nur den Müll weg bringen und dann wieder kommen würde, aber dennoch fühle ich mich ertappt. 

"Was tust du hier?", fragt er wütend und sieht sich im Raum um. Nur langsam scheint er zu realisieren, dass er gerade nicht nur jemanden erwischt hat, der ohne seine Erlaubnis in seine Kanzlei gelaufen ist, sondern das dieser jemand auch gesehen hat, wofür seine Kanzlei tatsächlich genutzt wird.

"Die Tür war offen, deswegen dachte ich das du hier drin wärst."

"Und als du gemerkt hast das es nicht so ist, dachtest du das du einfach rein kommst und es dir gemütlich machst?" Er läuft an mir vorbei, schnappt sich die Decke und das Kissen, die auf dem Sofa liegen und schmeißt sie in den Schrank, den er zu knallt. 

"Jungkook...", beginne ich und denke darüber nach was ich als nächstes sage, weil es darüber entscheiden könnte ob er mir weiterhin zu hört oder mich, so wütend wie er gerade ist, einfach raus schmeißt. "Ich weiß nicht, was bei dir los ist oder ob du irgendwelche Probleme hast, aber wenn dem so ist, dann steht meine Tür jederzeit offen für dich." 

Er hält mitten in seiner Bewegung inne, den Rücken nach wie vor zu mir gedreht und richtet sich langsam auf. "Ich komme gut alleine klar, das habe ich all die Jahre auch ohne dich, Taehyung." Er geht an mir vorbei, reißt die Tür auf und sieht mich nun doch an, die Abweisung deutlich in seinen Augen zu erkennen. "Es würde mir bereits reichen wenn du meine offene Tür das nächste mal einfach schließt, statt unerlaubt hinein zu treten."

Afterlife |Vkook|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt