◘9◙

1.5K 253 49
                                    

Taehyung Pov


Eigentlich habe ich Idiot selber Schuld, für diese Aktion habe ich sogar eine Auszeichnung zum dümmsten Richter verdient. Da stattet man uns schon mit der Fähigkeit aus uns für die Menschen unsichtbar zu machen um uns die Arbeit zu erleichtern und ich lasse eben diese Deckung fallen weil ich mich zu sehr auf ein Bild konzentriert habe, das lediglich einen Vater mit seinem Sohn zeigt. 

Es ist das erste mal, dass mir so etwas in der Art passiert, normalerweise bin ich immer viel zu reserviert und auf eine saubere Arbeit bedacht, aber dieses mal habe ich mich ablenken lassen, von etwas das wahrscheinlich sowieso nichts zu bedeuten hat. Dieser Mann könnte jemand sein, der mir irgendwann einmal auf der Straße begegnet ist oder er kam mir tatsächlich nur so bekannt vor, weil Jungkook ihm so verdammt ähnlich sieht. Was auch immer der Grund dafür ist, ich sollte mich nicht weiter damit beschäftigen sondern das wieder in Ordnung bringen, was ich durch die verlorene Deckung vermasselt habe.

Das ganze ist nun mehr als eine Woche her, eine Woche in der ich nichts anderes getan habe als Jungkook im Stillen und dieses mal tatsächlich unsichtbar zu beobachten. Eine ganze Woche, in der er sich nicht mehr in der Bar oder überhaupt hat blicken lassen. Was der Grund für seine plötzliche Abwesenheit an dem Ort ist, an dem er scheinbar immer so gelassen war, ist nicht schwer zu erraten. Es ist meine Schuld und deswegen ist es auch meine Aufgabe ihn wieder an mich zu binden, seine Aufmerksamkeit zu gewinnen und im besten Fall auch sein Vertrauen, damit dieses mal er seine Deckung fallen lässt und sein wahres Ich präsentiert. 

Ich bilde eine Faust mit meiner Hand und klopfe etwas nervös an die Tür. Lange warten muss ich nicht, fast sofort wird die Tür von innen aufgerissen, kaum habe ich meine Hand sinken lassen. Das freundliche und höfliche Lächeln verschwindet ebenso schnell aus seinem Gesicht, als er sieht wer da angeklopft hat. Es braucht nicht viel denkerei um dahinter zu kommen, auf wen er gehofft hat und die Enttäuschung in seinen Augen verletzt mich sogar ein wenig, aber ich lächle das einfach weg. 

"Hey", sage ich und vergrabe die Hände etwas hilflos in meinen Hosentaschen. "Entschuldige das unangekündigte auftauchen, ich möchte dir wirklich nicht auf die nerven gehen. Ich möchte mich nur erkundigen das bei dir alles in Ordnung ist."

Es klingt wie die Entschuldigung eines Teenager-Mädchens um ihren Schwarm für einige Minuten sehen zu dürfen. Um ehrlich zu sein komme ich mir auch vor wie eines, aber es geht nun mal nicht anders. Die beste Art um über einen Menschen zu richten ist die, ihm nah genug zu kommen um zu sehen um was für eine Art Mensch es sich überhaupt handelt. 

Bis jetzt wurde ich noch nicht wirklich schlau aus diesem Jungen, er verwirrt mich. Nicht nur die immer freundliche Art, sondern auch seine Situation. Alles was ich bisher über ihn in Erfahrung gebracht habe ist die Tatsache, dass er anscheinend ziemlich pleite zu sein scheint und das hilft mir nun wirklich kein Stück weiter. Es sei denn ich nutze diese Tatsache für mich aus. 

"Bei mir ist alles bestens, aber...", fängt er an und senkt etwas beschämt den Blick. "Es tut mir leid, wie ich damals reagiert habe. Das ganze ist mir nur so... so unglaublich peinlich."

Seine Haare fallen ihm ins Gesicht und verdecken seine Augen zum Großteil wofür ich im Moment dankbar bin, wenigstens kann er so nicht sehen wie sehr seine Worte mich überraschen. Ich dachte, dass er wütend auf mich wäre, weil ich einfach in sein Büro, praktisch seine Wohnung getreten bin und mich darin umgesehen habe. Wenn ich in seiner Situation gewesen wäre, dann wäre ich definitiv wütend oder zumindest enttäuscht, aber er entschuldigt sich stattdessen bei mir, als wäre er derjenige, der einen Fehler gemacht hat. 

"Du brauchst dich nicht zu entschuldigen", sage ich, aber er schüttelt sofort den Kopf als würde er nichts in der Art hören wollen. 

"Vielleicht ist es etwas voreilig über so was wie Freundschaft zwischen uns beiden zu reden, aber ich freue mich wirklich jemanden kennengelernt zu haben, der bereit ist seine Pausen zu opfern um mit mir zu essen. Ich wollte dich nicht so doof anmachen."

Ich hätte niemals gedacht, dass Jungkook so unsicher ist und so niedrig von sich selber denkt. Er war nie wirklich der unglaublich selbstbewusste von sich selbst überzeugte Mann, aber das er sich selber so wenig wertschätzt hätte ich auch nicht erwartet. Dabei ist er jemand, für den es sich lohnt mehr als nur eine Pause zu opfern, das ist sicher. 

"Ist das der Grund, weswegen du nicht mehr in die Bar gekommen bist?", frage ich und merke gar nicht wie unsicher ich selber klinge. "Ist es dir peinlich, dass ich herausgefunden habe, dass du in deiner Kanzlei wohnst?"

"Es ist erbärmlich, nicht wahr?" Er lacht verächtlich, als würde er den ernst der Lage dahinter verstecken wollen. "Ein Mann, der es nicht einmal auf die Reihe kriegt genug Geld zu verdienen um über die Runden zu kommen."

"Hör auf", sage ich, umfasse sein Kinn mit dem Daumen und Zeigefinger und hebe seinen Kopf so an, dass ich ihm direkt in die vor Überraschung weit geöffneten Augen sehen kann. "Es ist nicht erbärmlich und es ist nichts was dir Peinlich sein muss. Probleme gehören zum Leben dazu, genau wie die Schmerzen, sie machen dich überhaupt erst Menschlich."

Ich lasse meine Hand langsam sinken und kann nicht anders als zu lächeln, als er mir trotzdem weiter in die Augen sieht. "Was auch immer dir auf dem Herzen liegt, was auch immer dir Probleme bereitet, du hast jetzt mich, Jungkook. Ich werde dir helfen, was auch immer es ist."

Afterlife |Vkook|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt